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Spanien: Spanische Bauern sind wütend: Petition fordert Boykott ihrer Erdbeeren

Spanien

Spanische Bauern sind wütend: Petition fordert Boykott ihrer Erdbeeren

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    Der Anbau von Erdbeeren verbraucht viel Wasser. Dieses wird in Spanien teils illegal abgepumpt.
    Der Anbau von Erdbeeren verbraucht viel Wasser. Dieses wird in Spanien teils illegal abgepumpt. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Die Erdbeerbauern in Südspanien sind sauer. Sie ärgern sich über einen Boykottaufruf aus dem europäischen Norden. Bereits mehr als 164.000 Menschen unterschrieben auf der deutschen Petitionsplattform Campact.de einen Appell, keine roten Früchte aus Europas größtem Erdbeergarten in Südspanien zu kaufen. Warum? Weil dort Hunderte von Agrarbetrieben illegal Wasser aus dem berühmten und nun von Dürre bedrohten Doñana-Nationalpark pumpen.

    In dem Online-Aufruf werden die großen Supermarktketten im deutschsprachigen Raum wie etwa Edeka, Rewe, Lidl oder Aldi aufgefordert, den Verkauf von "Dürre-Erdbeeren" aus Andalusien in Südspanien zu stoppen. Und zwar so lange, bis die andalusische Regionalregierung einen nachhaltigen Umgang mit dem Wasser sicherstelle. Der "Wasserraub" für die Erdbeerplantagen müsse beendet werden, um die Zukunft des Doñana-Parks, der wegen seines einzigartigen Naturreichtums zum Weltkulturerbe gehört, nicht weiter zu gefährden.

    Online-Petition fordert umweltgerechten Erdbeeranbau in Andalusien

    "Edeka, Lidl und Co tragen durch den Verkauf von Dürre-Erdbeeren indirekt zum Austrocknen des Doñana-Nationalparks bei. Das ist bitter", sagt Campact-Sprecherin Friederike Gravenhorst. "Die Supermarktketten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und diese Erdbeeren aus dem Sortiment nehmen. Nur so kann es gelingen, Druck auf die andalusische Regierung zu machen und den Nationalpark zu retten." Und: "Wer selbst auf nachhaltige Herkunft achten will, kauft am besten regionale Erdbeeren." 

    In der Petition wird darauf hingewiesen, dass bereits vor einem Jahr 23 europäische Handelsketten die andalusische Regierung aufgefordert hatten, den umweltgerechten Erdbeeranbau sicherzustellen und eine geplante Legalisierung illegaler Anbauflächen zu verhindern. Doch geschehen sei bisher wenig. "Darum müssen die Supermärkte nun Konsequenzen ziehen und auf ökonomischen Druck setzen", heißt es in dem Bürgeraufruf.

    Aldi, Edeka und Co. unterstützten 2022 WWF-Schreiben an Andalusien

    Im März 2022 hatten Europas große Discounter einen Brief an den andalusischen Ministerpräsidenten Juan Manuel Moreno geschickt, in dem sie erklären: "Es müssen alle geeigneten Mittel ergriffen werden, um die Nachhaltigkeit der Bodennutzung und des Wassers im Doñana-Gebiet zu garantieren." Und: "Sollte dies nicht erreicht werden, könnte das langfristige Ansehen und die Entwicklung der Region als landwirtschaftliches Anbaugebiet gefährdet werden."

    Das vom Umweltverband WWF initiierte Schreiben war unter anderem von den deutschen Supermarktketten Aldi, Lidl, Rewe, Edeka und Kaufland unterzeichnet worden. Auch Schweizer Handelsgruppen unterschrieben wie etwa Coop, Migros oder Spar. Genauso wie die britischen Lebensmittelriesen Tesco, Morrisons und Sainsbury’s und einige schwedische Ketten.

    Ein Kilo Erdbeeren verbraucht 300 Liter Wasser

    Die Sorgen um Spaniens Erdbeergarten waren vor einigen Wochen gewachsen. Grund ist die Ankündigung der konservativen Regionalregierung Andalusiens, etwa 600 illegale Anbaubetriebe im Einzugsgebiet des Doñana-Parks zu legalisieren. Dabei handelt es sich Betriebe, die aus über tausend heimlich gebohrten Brunnen ohne Erlaubnis große Mengen an Grundwasser auf ihre Beerenfelder pumpen.

    "Für die Herstellung eines Kilos von Erdbeeren benötigt man im Durchschnitt etwa 300 Liter Wasser – also zwei volle Badewannen", erklärt der WWF. Die illegalen Plantagen in der Umgebung des Doñana-Parks machen zwar schätzungsweise nur zehn Prozent der gesamten dortigen Anbaufläche aus, die sich über mehr als 100 Quadratkilometer erstrecken. Die Gesetzesbrecher erhöhen aber mit ihrem Wasserbedarf den Druck auf das Naturparadies, das wegen Regenmangels und sinkender Grundwasserreserven auszutrocken droht.

    Rund 100.000 Menschen arbeiten im Erdbeeranbau

    Der Dachverband der spanischen Erdbeerbauern in Südspanien reagierte mit Zorn auf den jüngsten Boykottaufruf aus dem europäischen Norden. "Diese Kampagne ist heimtückisch und schädlich für die Branche", heißt es in einer Erklärung der Produzentenvereinigung Interfresa. "Die roten Früchte erfüllen die anspruchsvollsten internationalen Protokolle und Zertifizierungen, welche die europäischen Supermärkte für den verantwortungsvollen Umgang auf den Feldern verlangen." Eigenkritik an illegalen Praktiken in der Branche hört man bei Interfresa nicht.

    Nach Angaben des Branchenverbandes wachsen in der südspanischen Provinz Huelva in Nachbarschaft des Nationalparks 30 Prozent aller in Europa vertriebenen Erdbeeren. Allein nach Deutschland gehen ein Drittel der spanischen Beerenexporte. Für Spaniens Erdbeergarten steht viel auf dem Spiel. Der Beerenanbau repräsentiert mehr als elf Prozent der Wirtschaftsleistung in der Provinz Huelva und beschäftigt rund 100.000 Menschen.

    Aldi Süd will möglichst nur noch deutsche Erdbeeren verkaufen

    Die UN-Kulturorganisation Unesco erklärte derweil, dass die Legalisierung der unrechtmäßigen Erdbeerfarmen im Doñana-Einzugsgebiet zur Folge haben könnte, dass dem Nationalpark der Status als Weltkulturerbe aberkannt werde. Der andalusischen Regionalregierung wird vorgeworfen, die Bitten der Unesco zu ignorieren, den Raubbau in der Umgebung Doñanas und die damit verbundene Übernutzung der Grundwasserreserven zu beenden. Auch die EU-Kommission droht mit Sanktionen.

    Der internationale Druck auf die andalusische Regierung und die Erdbeerindustrie in Huelva steigt also. Gerade erst kündigte der deutsche Discounter Aldi Süd mit rund 2000 Geschäften in der südlichen Hälfte Deutschlands an, möglichst nur noch deutsche Erdbeeren zu vertreiben. Einkaufschef Erik Döbele: "Wann immer im Einkauf regionale Erdbeeren verfügbar sind, kaufen wir während der Saison nur noch diese ein." Die heimischen Landwirte applaudierten. Und in der Handelsbranche könnte dies Signalwirkung haben.

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