Seit 19 Monaten wartet der in Ungnade gefallene Juan Carlos I. im fernen Abu Dhabi auf bessere Zeiten. Nun kann Spaniens König im Ruhestand, der in seiner Heimat in Ungnade fiel, endlich aufatmen: Die spanische Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen ihn wegen Steuerbetrugs und Korruption ein. Der 84-Jährige, der seit Monaten kundtut, dass er sein selbst gewähltes Luxusexil möglichst bald verlassen will, kann also ohne Angst vor einer Anklage nach Spanien zurückkehren.
Die Schließung der Ermittlungen mit dem Aktenzeichen 40/2020 und 44/2020 wurde wohl nicht zufällig in einer Zeit mitgeteilt, in der die Titelseiten der spanischen Tageszeitungen mit Russlands Krieg gegen die Ukraine belegt sind. So rückte die Nachricht, dass sich Spaniens wenig beispielhafter Altkönig ungestraft aus der Affäre zieht, auf die hinteren Seiten. Wohl auch deswegen hielt sich die öffentliche Empörung in Spanien über das Ende der Untersuchungen in Grenzen.
Jede Menge brisantes Material gegen den einstigen spanischen König
Dabei enthalten die Akten jede Menge brisantes Material. So fanden die Ermittler ihren Verdacht bestätigt, dass Juan Carlos in seiner Amtszeit als königliches Staatsoberhaupt (1975-2014) ein millionenschweres Vermögen im Ausland vor dem Finanzamt versteckte. Ein Vermögen, das vor allem auf Schweizer Konten schlummerte, deren Besitzverhältnisse über Briefkastenfirmen zum Beispiel in Panama verschleiert wurden.
Im Mittelpunkt der Ermittlungen stand ein Konto, auf dem im Jahr 2008 vom saudi-arabischen Königshaus 100 Millionen Dollar eingezahlt worden waren. Nach Aussagen von Juan Carlos war dies ein „Geschenk“ und kein Schmiergeld für jenes Milliardengeschäft, das Spaniens König damals zwischen der spanischen Bahnindustrie und der saudischen Regierung eingefädelt hatte. Ein iberisches Konsortium hatte für 6,7 Milliarden Euro den Zuschlag für den Bau einer Zugstrecke zur Pilgerstadt Mekka erhalten und die Konkurrenz mit einem günstigen Angebot ausgestochen.
Arabische Geldgeschenke konnten nicht bewiesen werden
Dass Juan Carlos das millionenschwere arabische Geldgeschenk als Gegenleistung für seine Vermittlerdienste erhalten hatte, konnten die Staatsanwälte nun nicht nachweisen. Wohl aber hegen sie keinen Zweifel, dass Juan Carlos mit seinen in der Schweiz gehorteten Millionen während mehrerer Jahre ein Steuerdelikt begangen hat. Die hinterzogene Summe sei so hoch, dass eine strafrechtliche Anklage gerechtfertigt sei. Das Problem sei nur: Die Tat ist mittlerweile verjährt. Doch nicht nur die Verjährung schütze den Ex-Monarchen vor Strafverfolgung, so die Staatsanwaltschaft. Auch die spanische Verfassung verhindere eine Anklage. „Die Person des Königs ist unverletzlich und kann nicht zur Verantwortung gezogen werden“, heißt es in Artikel 56. Deswegen sei es grundsätzlich nicht möglich, Juan Carlos für Gesetzesverstöße, die er bis zu seiner Abdankung in 2014 begangen habe, auf die Anklagebank zu setzen.
Nur die finanziellen Machenschaften nach der königlichen Abdankung können somit verfolgt werden. Doch dank einer Hintertür im Strafgesetzbuch kam Juan Carlos auch mit seinen Betrügereien in jüngerer Zeit mit einem blauen Auge davon. Denn Steuersünder können ein Strafverfahren vermeiden, wenn sie ihre Schuld bezahlen, bevor es zu einer formellen Anklage kommt. Deswegen hatte es der Altkönig im vergangenen Jahr plötzlich ziemlich eilig, rund fünf Millionen Euro an Steuern nachzuzahlen.
Fluchtpunkt für Spaniens Altkönig Juan Carlos ist auf der arabischen Halbinsel
Juan Carlos, der es auf dem Höhepunkt der Ermittlungen im Sommer 2020 vorzog, sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten in Sicherheit zu bringen, sitzt dort bereits seit Monaten auf gepackten Koffern. „Er will zurück nach Spanien“, berichtete der Journalist und Juan-Carlos-Freund Carlos Herrera, der den alten König in Abu Dhabi besucht hatte. Die Heimreise könnte schon bald stattfinden. Der königliche Anwalt Javier Sánchez-Junco verkündete, dass es von Juan Carlos womöglich schon in den nächsten Tagen Neuigkeiten zu berichten gebe. Weitere Einzelheiten teilte er aber nicht mit.
Klar scheint nur, dass für Juan Carlos im Falle seiner Rückkehr nach Spanien kein roter Teppich ausgerollt werden wird. Ein erneuter Einzug in den Königspalast, in dem seit 2014 Juan Carlos’ 54 Jahre alter Sohn Felipe amtiert, gilt als nahezu unmöglich. Felipe hatte 2020 seinem Vater den Stuhl vor die Palasttür gesetzt und ihn auch kein einziges Mal in Abu Dhabi besucht. Ein harter Bruch, um weiteren Imageschaden von der Monarchie abzuwenden.
Es dürfte also eher eine diskrete Rückkehr werden. Vielleicht verbunden mit einer Abbitte, die viele Menschen in Spanien erwarten. „Ich glaube“, sagte Regierungschef Pedro Sánchez, „dass uns Juan Carlos eine Erklärung schuldet.“