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Silvester: Trotz Böllern auf Polizisten: Berlin erlebt eine "normale" Silvesternacht

Silvester

Trotz Böllern auf Polizisten: Berlin erlebt eine "normale" Silvesternacht

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    Wieder wurden Polizisten und Feuerwehrleute in Berlin mit Böllern und Raketen attackiert, dennoch verlief der Jahreswechsel insgesamt friedlicher.
    Wieder wurden Polizisten und Feuerwehrleute in Berlin mit Böllern und Raketen attackiert, dennoch verlief der Jahreswechsel insgesamt friedlicher. Foto: Paul Zinken, dpa

    Laut Nius, dem rechtspopulistischen Onlinemedium um den früheren Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, versank die Hauptstadt Deutschlands an Silvester in Gewalt und Chaos – das ist der Eindruck, der sich beim Lesen von Reichelts Tweets einstellte. "Diese Nacht wird zeigen, ob der Rechtsstaat noch die Kontrolle über unser Land hat", schrieb er, um auf einen Liveticker hinzuweisen: "Die brisanteste Nacht des Jahres". Es folgte Tweet um Tweet: Berlin sehe in weiten Teilen nicht mehr aus wie die deutsche Hauptstadt. Was sich Silvester in Berlin abgespielt habe, sei "importierter Bürgerkrieg". Um 2.23 Uhr kommentierte er: "Die Migrationspolitik zündet unser Land an!"

    Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi, Berlin-Brandenburg, kommentierte ebenfalls auf X, einst Twitter: "Rassistische Berichterstattung & Hetze Silvester Julian Reichelt (#Nius) veröffentlicht seit Stunden einen rassistischen Tweet nach dem anderen. Das hat mit Journalismus nichts zu tun". 

    In Berlin fürchtete man erneut massive Krawalle – wie beim Jahreswechsel 2022/23

    Und mit der Wirklichkeit? Vor der Silvesternacht in Berlin waren die Sorgen so groß wie berechtigt: Würde es erneut zu massiven Ausschreitungen kommen wie beim Jahreswechsel 2022/23? Ersten Bilanzen zufolge ergibt sich ein differenziertes Bild. Wieder wurden Polizisten und Feuerwehrleute mit Böllern und Raketen attackiert, dennoch verlief der Jahreswechsel insgesamt friedlicher. In der deutschen Hauptstadt war die Polizei mit ihrem großen Aufgebot oft schnell an kritischen Stellen, um Ansammlungen mit aggressiven Menschen aufzulösen. Mutmaßliche Täter wurden festgenommen, meist wegen gefährlichen Missbrauchs von Feuerwerk.

    Bei der Berliner Feuerwehr verwendete man das Wort "glimpflich" und belegte den Befund einer friedlicheren Silvesternacht mit Zahlen. 30 Übergriffe auf Einsatzkräfte und Fahrzeuge der Feuerwehr seien nach ersten Erkenntnissen registriert worden, teilte sie am Neujahrsmorgen mit. Nach derzeitigem Stand sei dabei niemand verletzt worden. Beim Jahreswechsel 2022/2023 hatte es laut Feuerwehr 69 Übergriffe mit 15 verletzten Helfern gegeben. 2021/2022 waren es zu Coronazeiten zehn Übergriffe. Auch die Zahl der Einsätze sei geringer gewesen als im Vorjahr. Demnach rückten Kräfte zu 1598 Einsätzen in der Zeit von 19 Uhr an Silvester bis sechs Uhr an Neujahr aus. Das seien 119 Fälle weniger als 2022/2023. Zum Einsatzgeschehen gehörten 663 Brände (Vorjahr: 749) und 861 Rettungseinsätze (825). Im Alltag gebe es durchschnittlich 1450 Einsätze pro Tag, hieß es. Ein Sprecher der Feuerwehr sprach von einem "normalen Silvester".

    So fällt die erste Bilanz von Berliner Feuerwehr und Polizei aus

    "Wir sind zufrieden mit unserem Einsatz, wir haben die Feuerwehr erfolgreich geschützt", sagte ein Berliner Polizeisprecher gegen drei Uhr am Neujahrsmorgen. Der Silvesterabend sei für die Polizei bis nach Mitternacht besser gelaufen als im Vorjahr. In ersten Zahlen: 15 verletzte Polizeibeamte, 300 vorläufige Festnahmen. Im Dienst waren in der Hauptstadt fast 5000 Polizistinnen und Polizisten, das größte Polizeiaufgebot in einer Berliner Silvesternacht. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte am frühen Abend ein hartes Vorgehen der Polizei bei Randale angekündigt. Man habe viel für die Prävention getan, sagte er. "Und heute ist die Nacht, wenn's denn notwendig ist, die Nacht der Repression."

    Mehr als die markigen Worte scheint das Polizeigroßaufgebot Wirkung gezeigt zu haben. Dennoch zählt zur Polizeibilanz, dass es im ganzen Stadtgebiet immer wieder zu Beschuss mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrleute kam. Besondere örtliche Schwerpunkte habe es aber nicht gegeben. Von zum Teil "dramatischen Amputationsverletzungen" berichtete das Unfallkrankenhaus Berlin, das 27 Menschen behandelte – wegen Sprengverletzungen an den Händen und im Gesicht, schweren Augenverletzungen und Brandwunden.

    Friedlich gefeiert wurde vor dem Brandenburger Tor. Etwa 65.000 Menschen waren trotz zeitweisen Regens zur dortigen ZDF-Silvesterparty gekommen. Live dabei war ebenfalls die Augsburger Band Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.

    Überwiegend glimpflich – so lautete auch das Fazit aus anderen Großstädten. Am Kölner Dom etwa wurde der Jahreswechsel nach einem Terroralarm unter hohen Sicherheitsmaßnahmen begangen. "Ein paar Böllerwerfer, einige Ingewahrsamnahmen, nichts Ungewöhnliches", sagte ein Polizeisprecher gegen 1.30 Uhr. (mit dpa)

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