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Sicherheit: Mobile Betonsperren: Kein ausreichender Schutz vor Lkw-Anschlägen

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Mobile Betonsperren: Kein ausreichender Schutz vor Lkw-Anschlägen

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    Betonblockaden auf einer Zufahrtsstraße zum Schlossplatz in Stuttgart. Doch mobilen Sperren können Lastwagen nicht aufhalten.
    Betonblockaden auf einer Zufahrtsstraße zum Schlossplatz in Stuttgart. Doch mobilen Sperren können Lastwagen nicht aufhalten. Foto: Marijan Murat (dpa)

    Mobile Anti-Terror-Sperren aus Beton bieten bei einem Angriff mit einem Lastwagen keinen umfassenden Schutz. Das haben zwei Tests der Prüfgesellschaft Dekra im Auftrag des MDR ergeben, wie der Mitteldeutsche Rundfunk mitteilte. Die überprüften Betonquader wurden den Angaben zufolge bundesweit zum Schutz von Großveranstaltungen eingesetzt, unter anderem beim Tag der Deutschen Einheit in Dresden 2016.

    Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) erklärte, Betonsperren seien nur ein Teil eines Sicherheitskonzeptes. "Niemand behauptet, sie garantierten absolute Sicherheit.

    Scheinbar mühelos schob der Lastwagen die Sperren zur Seite

    Bei den Tests fuhr ein Lastwagen mit Tempo 50 auf die Betonsperren auf. Einmal standen die Quader quer zur Fahrtrichtung, einmal schräg. Scheinbar mühelos habe der Lastwagen die 2,4 Tonnen schweren Betonblöcke beiseite geschoben und die Absperrungen durchbrochen, hieß es in einem MDR-Hörfunkbeitrag. Beim Aufprall sei das Fahrzeug zwar beschädigt worden - aber die Aufhaltewirkung sei "relativ gering" gewesen, sagte Dekra-Testleiter Marcus Gärtner.

    Beim Test nutzen die Forscher einen beladenen Lastwagen mit einem Gesamtgewicht von zehn Tonnen genutzt. Der Fahrzeugtyp entspreche dem, der bei dem Anschlag von Nizza im Sommer 2016 genutzt wurde. Damals waren 84 Menschen getötet worden, als ein Attentäter in eine Menschenmenge raste. Der bei dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verwendete Lastwagen sei noch erheblich größer gewesen.

    Es gibt auch andere Schutzvorrichtungen

    Nach dem Anschlag von Nizza wurden die Betonblöcke in Deutschland zum Schutz von Großveranstaltungen genutzt. Es gibt allerdings noch verschiedene andere Schutzvorrichtungen außer den Quadern.

    Am 3. Oktober 2016 wurden in der sächsischen Landeshauptstadt 1400 derartige Sperren aufgebaut. Die Polizei in Dresden teilte am Dienstag mit, es sei nicht das Ziel gewesen, ein Durchbrechen 100-prozentig zu verhindern: "Es ging um Risikominimierung." Der Dresdner

    Die im MDR-Test verwendeten Betonsperren kamen vom Hersteller Becker Boden Baustoffe. Dessen Geschäftsführer Tobias

    Botschaften werden durch Stahlpoller geschützt

    Es sei völlig klar, dass ein Lkw, der mit Tempo 50 in eine solche nicht verankerte Sperre hineinfahre, die Steine einfach beiseite schiebe, sagte Becker. Die Testergebnisse spielten seinem Unternehmen eher in die Hände, denn es gebe durchaus technische Möglichkeiten, "dynamische Lasten" aufzunehmen. Es müssten alle Fachleute an einen Tisch, um Mindeststandards festzulegen.

    Einrichtungen wie zum Beispiel Botschaften und jüdische Gebetshäuser werden in Deutschland von fest installierten Stahlpollern geschützt. Die Poller vor der Neuen Synagoge in Berlin etwa sind aus einer Speziallegierung gefertigt und besonders tief im Boden verankert. Dadurch sollen sie mit Sprengstoff beladene Lkw aufhalten können.

    In Jerusalem stehen Betonquader vor Haltestellen

    Nach einer Welle von Anschlägen mit Fahrzeugen in Israel und im Westjordanland griff man in Jerusalem auf einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen zurück: Im November 2014 wurden vor Bus- und Straßenbahn-Haltestellen Betonquader aufgestellt, jeder etwa ein Kubikmeter groß.

    Auch mit improvisierten Mitteln versuchen Behörden, die Bevölkerung zu schützen. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Wahl 2016 wurden vor dem Trump Tower in Manhattan mehrere mit Sand gefüllte Kipper in einer langen Reihe aufgestellt. Der Times Square wurde in der Silvesternacht 2016 sogar mit einigen Dutzend solcher Lastwagen umringt.

    Singapur hingegen verlässt sich nicht auf Sand, sondern auf Silizium - also auf Mikrochips, die in Gefahrgut-Transportern eingebaut sind. Kommt einer der Lastwagen von einer vorgegebenen Strecke ab, kann das Fahrzeug per Fernsteuerung gebremst und schließlich gestoppt werden. dpa

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