Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Missbrauchsgutachten Bistum Münster: Laut Studie bis zu 6000 Opfer von sexuellem Missbrauch

Studie zu Missbrauchsfällen

Bistum Münster: Bis zu 6000 Opfer von sexuellem Missbrauch

    • |
    Fast 200 Geistliche sollen sich seit 1945 im Bistum Münster an Kindern und Jugendlichen vergriffen haben – die Dunkelziffer wird deutlich höher geschätzt.
    Fast 200 Geistliche sollen sich seit 1945 im Bistum Münster an Kindern und Jugendlichen vergriffen haben – die Dunkelziffer wird deutlich höher geschätzt. Foto: Sebastian Gollnow, dpa/Symbolbild

    4,17 Prozent der Priester sind Täter: Die Studie der Universität Münster ist erschreckend. Über zwei Jahre hat ein fünfköpfiges Team Fälle zwischen 1945 und 2020 aufgearbeitet. Das Fazit: Mindestens 610 minderjährige wurden hier in der katholischen Kirche Opfer von sexuellem Missbrauch. Es gab fast 200 Täter. Die Dunkelziffer auf beiden Seiten wird erheblich höher geschätzt. Vor allem bei den Opfern: Hier gehen die Forscher von 5000 bis 6000 Opfern aus.

    Missbrauchsgutachten: Vertuschung im Bistum Münster

    "Einzelfälle seien das", sagte einst der 2008 verstorbene Bischof Reinhard Lettmann. Dieser der Schilderung wiedersprach nun der beteiligte Historiker Thomas Großbölting bei der Vorstellung der Studie am Montag. Missbrauchsfälle habe es flächendeckend in allen Dekanaten des Bistums gegeben. Und: Viele hätten davon gewusst, sagte Großbölting. Sie seien schlichtweg vertuscht worden. Dem verstorbenen Lettmann machten sie dabei besondere Vorwürfe: Er habe immer wieder als pädophil bekannte Priester in der Seelsorge eingesetzt und damit weitere Taten vereinfacht.

    Studie zu Bistum Münster: Zwei Missbrauchstaten pro Woche und Suizidversuche

    610 Opfer sind namentlich bekannt. An ihnen seien mindestens 5.700 Einzeltaten sexuellen Missbrauchs verübt worden. Der Großteil der Taten fand in den Sechziger- und Siebzigerjahren statt. Der Studie zufolge gab es in den Gemeinden des Bistums durchschnittlich zwei Missbrauchstaten pro Woche gegeben. Drei Viertel der Opfer seien Jungen, ein Viertel Mädchen. Die meisten Opfer waren zum Tatzeitpunkt zwischen zehn und 14 Jahre alt.  Oftmals war es kirchliche Jugendarbeit oder Ferienlager, die Missbräuche ermöglicht haben.

    Die Taten reichen von anzüglichen Kommentaren bis hin zu schwerstem sexuellen Missbrauch, so die Forscher der Studie: Bei 27 der namentlich bekannten Opfer fanden sie sogar Hinweise auf Suizidversuche. 80 Prozent der Fälle seien Hands-on-Delikte gewesen, sprich: Es kam zu Berührungen.

    Jahrzehntelanges Versagen der Bistumsleitung und Strafvereitelung in verschiedenen Fällen konnten die Forscher mit ihrer Arbeit nachweisen. Dem aktuellen Bischof Felix Genn werfen sie vor, in den vergangenen Jahren den Tätern gegenüber nicht streng genug gewesen zu sein. 2010 hätte das Bistum bereits von rund 100 Fällen gewusst. Viele der Geistlichen seien außerdem Serientäter, so die Autoren der Studie. Der Münsterer Bischof will sich am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz zu der neuen Studie äußern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden