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Separatorenfleisch Produkte ohne Kennzeichnung: Verdacht um Wurstprodukte der Unternehmen Tönnies, Wiesenhof & Wiltmann

Geflügelwurst im Test

Auch bei Biowurst: offenbar Separatorenfleisch in Geflügelwurst

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    In der Wurst, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, sind wohl nicht immer nur hochwertige Zutaten enthalten.
    In der Wurst, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, sind wohl nicht immer nur hochwertige Zutaten enthalten. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Geflügelwurstprodukte mit Separatorenfleisch – dieser Verdacht wurde zuletzt vor allem bei den Produkten des Unternehmens Tönnies laut. Der Vorwurf: Deutschlands größter Schlachtkonzern soll das

    Separatorenfleisch ohne Kennzeichnung: fast jede zweite Wurstprobe mit positivem Befund

    Der Spiegel und der NDR haben bei dem Bremerhavener Hochschulprofessor Stefan Wittke einige Proben eingereicht. Dieser hat ein neues Verfahren entwickelt, um die entsprechende Zutat in Wurstprodukten nachzuweisen. Es ist Peer-Review-geprüft und schafft nun Möglichkeiten, welche vorher nicht vorhanden waren. Insgesamt wurden 30 Proben von Geflügelwurst und Geflügelfleisch von verschiedenen Herstellern bei Wittke eingereicht. Darunter befanden sich auch Bio-Wurstwaren.

    Die Untersuchungen des Hochschulprofessors ergaben, dass fast jede zweite der 20 Wurstproben einen positiven Befund aufwies. Bei den Stückfleischproben wie Braten oder Filet fanden sich hingegen keine Indizien für Separatorenfleisch. Auffällig: Fünf der neun getesteten Produkte wurden von der "Zur Mühlen Gruppe" hergestellt, die in Böklund ansässig ist. Diese gehört zur Tönnies-Unternehmensgruppe. Zwei Produkte stammen von dem Hersteller Franz Wiltmann aus Ostwestfalen. Jeweils eine positive Probe gehen auf die Hersteller Wiesenhof und Mecklenburger Landpute GmbH zurück. Die Waren wurden im Supermarkt unter den Markennamen Rewe Bio, Edeka Bio, Gutfried und

    Was ist Separatorenfleisch?

    Der Begriff Separatorenfleisch bezeichnet eine breiartige Masse, die durch das Zerkleinern von Tierkörpern und grob zerkleinerten Knochen entsteht, die mit Fleischresten durch Lochscheiben von Maschinen gepresst werden. Dabei bleiben Knorpelteile und Knochensplitter hängen, alle weichen Teile wie Fett, Muskulatur, Rückenmark und Bindegewebe werden hingegen abgepresst.

    Der Marktpreis von Separatorenfleisch bewegt sich zwischen 35 und 50 Cent pro Kilo. Damit ist es deutlich günstiger als herkömmlich verarbeitetes Fleisch. Für Unternehmen dürfte der Anreiz daher groß sein, die Zutat in Wurstprodukten unterzubringen. Bei den Verbrauchern ist Separatorenfleisch aber generell unbeliebt.

    Sind nun rechtliche Konsequenzen möglich?

    Verboten ist der Einsatz von Separatorenfleisch bei Geflügel-Produkten nicht. Es gibt allerdings die Pflicht, einen klaren Hinweis auf die Verpackung zu schreiben, der gemäß der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung gehalten ist. Wenn die Zutat verschwiegen wird, dann drohen den Unternehmen und den Verantwortlichen rechtliche Konsequenzen. Ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro ist möglich.

    "Hier wird offenbar gegen die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung verstoßen", zitiert die ARD den Berliner Juristen Remo Klinger, einen Experten für Umwelt- und Lebensmittelrecht: "Wenn die Firmen ihr Verhalten nicht ändern, handeln sie vorsätzlich. Dies kann eine Strafverfolgung wegen Betrugs mit deutlich höheren Geldstrafen für die Geschäftsführer zur Folge haben. Matthias Wolfschmidt von Foodwatch sieht laut der ARD einen klaren Fall einer Verbrauchertäuschung: "Die Ware wäre mit der falschen Deklaration nicht verkehrsfähig und dürfte so nicht zum Verkauf angeboten werden."

    Firmen weisen die Vorwürfe zurück – Kontrollbehörde begrüßt Prüfverfahren

    Trotz der Befunde weisen die betroffenen Unternehmen die Vorwürfe zurück. Die Unternehmenssprecher von drei Firmen, die zur Tönnies Holding gehören, stellten klar, dass kein Separatorenfleisch eingesetzt wird. Sie zweifelten außerdem die Aussagekraft der Untersuchungsmethode an: "Die von Ihrem Labor nachgewiesenen Marker sind kein direkter Nachweis von Separatorenfleisch", sagten sie auf Anfrage von NDR und Spiegel. Das Testverfahren sei nicht mehr als ein wissenschaftlicher Ansatz. Die Unternehmenssprecherin von Wiltmann reagierte ähnlich: "Wir setzen in unserer Produktion an keiner Stelle 'Separatorenfleisch' ein. Wir lehnen dessen Einsatz aus qualitativen Gründen entschieden ab." Wiesenhof legte sogar eine eidesstattliche Versicherung vor, dass in der Wiesenhof Geflügel Mortadella kein Separatorenfleisch enthalten ist.

    Die Kontrollbehörde sieht es etwas anders als die Unternehmenssprecherinnen und Unternehmenssprecher. Sie begrüßt das Prüfverfahren. "Es scheint für mich sehr zukunftsweisend zu sein", sagte Matthias Denker der ARD. Der Dezernatsleiter des Landesamts für Lebensmittelsicherheit in Mecklenburg-Vorpommern glaubt, dass das Verfahren schnell zu Erfolgen führen könnte: "Nicht alle Hersteller sind schwarze Schafe, aber wenn wir einen Nachweis führen können, dann verschwindet so etwas vielleicht auch ganz schnell."

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