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Schule: Corona-Pandemie und Personalmangel: Lehrer an Belastungsgrenze

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Corona-Pandemie und Personalmangel: Lehrer an Belastungsgrenze

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    Eine Lehrerin schreibt in einer Schule an die Tafel. Der anhaltende Personalmangel und die Corona-Pandemie verstärken die körperliche und mentale Erschöpfung der Lehrkräfte.
    Eine Lehrerin schreibt in einer Schule an die Tafel. Der anhaltende Personalmangel und die Corona-Pandemie verstärken die körperliche und mentale Erschöpfung der Lehrkräfte. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Mehr als zwei Jahre Corona-Pandemie, geschlossene Schulen und immense Herausforderungen in der Bewältigung des Unterrichts: Aktuelle Daten einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Forsa-Befragung im Auftrag der Robert Bosch Stiftung verheißen nichts Gutes. Der Umfrage nach stehen fast alle Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg am Rand der Erschöpfung. Fast neun von zehn Lehrkräften fühlen sich stark oder sehr stark belastet, die meisten dehnen ihre Arbeit auf die Wochenenden aus und sehen dennoch vor allem klaffende Lücken im Lern- und Lehrplan. Zusätzlich kommt der Lehrermangel hinzu, der an den deutschen Schulen tiefe Spuren hinterlassen hat.

    Laut Deutschem Schulbarometer erleben rund 92 Prozent ihr Kollegium stark oder sehr stark belastet, 84 Prozent sagen dies auch für sich selbst aus. Der Schulbarometer misst in regelmäßigen Abständen die aktuelle Situation an Schulen im Rahmen eines Stimmungsbilds in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit 79 Prozent arbeiten mehr als drei von vier Lehrerinnen und Lehrern in der Regel auch an Wochenenden, für rund 60 Prozent ist Erholung in der Freizeit kaum noch möglich. Mit 62 Prozent fühlt sich jede zweite Lehrkraft laut Umfrage körperlich oder mit 46 Prozent mental erschöpft.

    Die Bildungsgewerkschaft GEW zeigt sich alarmiert über die Ergebnisse der Umfrage. Die baden-württembergische Landesvorsitzende Monika Stein kritisierte, dass die Regierung den Lehrermangel und dessen Tragweite unterschätze. Die Regierung müsse die Ergebnisse ernst nehmen, denn die Lehrkräfte seien "am Anschlag". Schließlich erfüllen Lehrkräfte eine wichtige Aufgabe: "Lehrer sehen vor Ort, was die Lebenswirklichkeit der Pandemie und der steigenden Preise mit den Kindern und Jugendlichen macht, wie schwer viele zu erreichen sind und wie sie leiden", sagte Stein. "Sie können das nicht abfedern und das macht etwas mit den Menschen", warnte sie.

    Anhaltender Fachkräftemängel und Krisenmanagement erhöhen Druck auf Lehrkräfte

    Die Ergebnisse scheinen angesichts des Arbeitspensums und der Anforderungen im Lehrberuf nicht allzu sehr überraschen: "Lehrkräfte stehen enorm unter Druck", sagte Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Sie müssten nicht nur die Digitalisierung im Rekordtempo nachholen, Corona-Richtlinien überwachen und Lernrückstände aufarbeiten. Aufgabe sei es auch, den Fachkräftemangel abzufedern und eine steigende Zahl von geflüchteten ukrainischen Kindern und Jugendlichen in die Schulen zu integrieren.

    Die Umfrage verweist auf eine weitere Herausforderung: Für 44 Prozent der bundesweit Befragten besteht ein Großteil des Unterrichts derzeit aus Krisenmanagement, das gilt vor allem für Haupt-, Real-, Gesamt- und Grundschulen. Hinzu kommen auch wachsende Probleme bei den Schülerinnen und Schülern. Mit 95 Prozent beobachten fast alle Lehrkräfte seit Beginn der Pandemie zunehmende Verhaltensauffälligkeiten. Vielen fällt es zunehmend schwer, sich zu konzentrieren oder zu motivieren. Deutlich zugenommen hat laut Befragung auch die Aggressivität bei den Schülern. Allerdings werden der Umfrage zufolge nur an einem Drittel der deutschen Haupt-, Real- und Gesamtschulen und an jeder vierten Grundschule Sprechstunden von Schulpsychologen angeboten.

    Viele Lehrkräfte planen zukünftig kürzer zu treten

    Trotz der schwierigen Umstände an deutschen Schulen sind laut Umfrage 74 Prozent der Lehrkräfte noch immer zufrieden mit ihrem Job. "Lehrerin oder Lehrer wird man aus Überzeugung", sagte Wolf. Dennoch betont sie die Notwendigkeit für bessere Arbeitsbedingungen - denn chronische Überlastung mache auf Dauer krank und unzufrieden. "Schulen benötigen deshalb dringend zusätzliches Personal", warnte sie.

    In naher Zukunft ist jedoch keine Besserung in Aussicht. Stattdessen könnte es schlimmer werden: Denn viele Lehrkräfte wollen kürzer treten. Mit 13 Prozent ist es bundesweit mehr als jede zehnte Lehrkraft, die in der Umfrage angab, kürzer treten und ihre Unterrichtsstunden im kommenden Schuljahr verringern zu wollen. Insbesondere Teilzeitkräfte planen weniger Stunden zu leisten: Laut Umfrage erwägt fast ein Drittel derjenigen, die aktuell 15 bis 20 Stunden unterrichten, die Arbeit zu reduzieren. (dpa/lsw)

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