Bei dieser Geschichte ist man geneigt, in Tagträume zu versinken. Zumindest malt man sich aus, wie es wäre, würde man seine Steuererklärung einreichen und wenige Tage später Post vom Finanzamt bekommen, kleines Brieflein mit den Worten: Sehr schöne Steuererklärung, vielen Dank, anbei fünf Euro Gutschrift oder so. Und auf dem Fußballplatz würde der Schiedsrichter nach dem Spiel zum Verteidiger gehen und verkünden: Klasse, kein Foul in 90 Minuten, in der nächsten Partie hast du drei Fouls gut."
Adventsgruß vom Ordnungsamt
Die Vorlage für solche frommen Wünsche liefert die Stadt Giengen an der Brenz, eine halbe Autostunde nordöstlich von Ulm. Dort marschieren in der Vorweihnachtszeit Sandra Wendt und Dennis Incalcaterra durch die Stadt und hinterlassen an den Windschutzscheiben geparkter Fahrzeuge einen Adventsgruß samt kleinem Schokoladenstück.
Das ist insofern bemerkenswert, als die beiden einerseits beim städtischen Ordnungsdienst arbeiten und zum Zweiten auch in friedlicher Absicht unterwegs sind: Sie wollen schlicht und einfach Autofahrerinnen und Autofahrer belohnen, die ihre Fahrzeuge richtig abstellen – das heißt, niemanden behindern, brav die Parkscheibe einlegen und die Höchstparkdauer nicht überschreiten. Passiert übrigens nicht zum ersten Mal, gab es in Giengen auch schon vor Corona, aber eben jetzt wieder.
Wer in Giengen nicht ordnungsgemäß parkt, kriegt trotzdem ein Knöllchen
Wendt und Incalcaterra schaffen rund 1000 Lobes-Knöllchen im Aktionszeitraum, heißt es. Feine Sache, war zumindest schon von so manchem Bürger zu hören. "Die können gern Ostern wiederkommen und Hasen verteilen", sagte einer. Und: Dass er mal eine ganz andere Seite vom Ordnungsamt gesehen habe.
Kleiner Haken: Wer nicht ordnungsgemäß parkt, kriegt trotzdem ein Knöllchen, und zwar ein richtiges. Stimmt also doch nicht ganz, was Oberbürgermeister Dieter Henle über die Aktion sagt: "Wir wollen den Menschen in der Adventszeit zeigen, dass auch unser Ordnungsdienst mal Fünfe gerade sein lässt und Sechse krumm."