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Schlagerfestival: Auf dem Schlagerfestival von Sanremo verkommt die Musik zur Nebensache

Schlagerfestival

Auf dem Schlagerfestival von Sanremo verkommt die Musik zur Nebensache

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    Marco Mengoni gewann das 73. „Festival della Canzone Italiana“ und vertritt Italien nun beim ESC.
    Marco Mengoni gewann das 73. „Festival della Canzone Italiana“ und vertritt Italien nun beim ESC. Foto: Matteo Rasero, LaPresse via Zuma Press/dpa

    Es ging gut los am vergangenen Dienstag. Erstmals in der Geschichte des Schlagerfestivals von Sanremo war der Staatspräsident anwesend. Sergio Mattarella hatte dem Eröffnungsabend beigewohnt und dem bunten Liederfest vorübergehend den Charakter eines Staatsaktes verpasst. Doch binnen von fünf Tagen gelang es dann, das jährliche Top-Event zur Faschingsfeier zu degradieren.

    Seit 1951 wird im ligurischen Küstenstädtchen Jahr für Jahr die Pop-Königin oder der Pop-König Italiens gekürt, aber ebenso viel über die Darbietungen auf der berühmtesten Bühne

    Die Co-Moderatorin am dritten Festival-Abend bezeichnete Italien als immer noch "rassistisches Land"

    Wild wurde es dann, als der Mailänder Rapper Fedez am zweiten Abend auf offener Bühne ein Bild des Meloni-Staatssekretärs Galeazzo Bignami zerriss. Der hatte bei seinem Junggesellenabschied 2005 in Nazi-Uniform posiert und sich dafür bereits mehrfach entschuldigt. Fedez provozierte die Regierung am folgenden Abend ein weiteres Mal: Zusammen mit dem Rapper J-Ax rief der 33-Jährige am Ende eines Songs zur Legalisierung von Cannabis auf. "Niemals", schallte ihm von den Fratelli d'Italia entgegen. Und so überlagerte die Politik das Schlagerfestival immer mehr. 

    Und es ging weiter. Paola Egonu, eine bekannte Volleyballerin und Co-Moderatorin am dritten Festival-Abend, bezeichnete Italien als immer noch "rassistisches Land". Dass der Sänger Blanco die Rosen-Dekoration auf der Bühne zerstörte und Rosa Chemical ein Lied über freie Liebe mit einem fingierten Sexualakt samt Zungenkuss beendete, ging daraufhin zwar nicht unter, war in den Parteizentralen der Konservativen aber nur noch am Rande der Rede wert. Sie schimpften über linke "Propaganda" in Sanremo und forderten den Austausch der Spitzenleute im Staatsfernsehen Rai. "Dass das Festival kommunistisch ist, ist keine Neuheit", befand Daniela Santanchè, Ministerin für Tourismus und Meloni-Parteigängerin. 

    Den Höhepunkt zum Ende der Veranstaltung bildete eine Video-Botschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj

    Gesungen wurde zwischendrin auch; es wirkte wie eine Nebensache. Den Höhepunkt zum Ende der Veranstaltung bildete schließlich eine Video-Botschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der den Festival-Sieger nach Kiew einlud. Fehlte einzig Silvio Berlusconi, ein alter Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der ließ es sich am Sonntag nicht nehmen, Selenskyj und nicht Putin für den Krieg und die "Verwüstung seines Landes" verantwortlich zu machen. Berlusconi trägt die Rechtsregierung mit, deren Premierministerin sich am Sonntagabend gezwungen sah, ihre Unterstützung der Ukraine hervorzuheben. 

    Ach ja, einen Sieger gab es auch: Zum zweiten Mal nach 2013 gewann Marco Mengoni. Er wird Italien beim Eurovision Song Contest (ESC) im Mai vertreten. Auch Mengoni hatte eine politische Botschaft: Keine einzige Frau sei ins Sanremo-Finale gewählt worden, sagte er. "Wir müssen die Dinge in diesem Land weiter verändern."

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