Hallo Frau Altenberger, mögen Sie eigentlich Bach?
Verena Altenberger (kurze Denkpause): Oh – natürlich irgendwie schon. Aber ich habe, ehrlich gesagt, keine große Beziehung zu Bach.
Sie spielen in dem aktuellen ARD-Film „Bach – Ein Weihnachtswunder“ die Frau des Komponisten, die begabte Sängerin Anna Magdalena Bach. Sind Sie privat auch so ein Stimmwunder wie in der Rolle?
Altenberger: Also, wenn man Schauspiel studiert, hat man auch vier Jahre Gesangsunterricht. Alle gelernten Schauspielerinnen können so ein bisschen singen. Eine Opernsängerin bin ich allerdings nicht.
Manche Menschen singen gerne unter der Dusche, andere beim Autofahren oder beim Karaoke. Wo singen Sie gerne?
Altenberger: Ich singe tatsächlich gerne auf der Bühne oder im Film, also im Zuge meiner Arbeit. Einen Standardort wie unter der Dusche habe ich allerdings nicht zum Singen.
In dem Film geht es um die Geschichte, wie das weltberühmte Weihnachtsoratorium entstanden ist. Wie nah bleibt der Film an der historischen Wirklichkeit?
Altenberger: Das wissen wir nicht, weil es von Johann Sebastian und Anna Magdalena sehr wenig historische Dokumente gibt. Wir haben zum Beispiel keinen umfangreichen Briefwechsel oder Zeitzeuginnenberichte. Alles, was von ihr erhalten ist, ist ein Porträt. Allerdings gibt es schon Belege für die Grundgeschichte. So zum Beispiel die Rüge des Leipziger Stadtrats, der Bach mit der Absetzung als Thomaskantor in Leipzig droht. Es ist auch eine Tatsache, dass Anna Magdalena an Höfen gesungen hat, an denen er sich bewarb und nicht genommen wurde. Es gibt also schon kleine Versatzstücke, aber wie sie genau zusammenhängen und in welchem Zeitablauf sie stattfanden, ist unklar. Auch wie die Familie charakterlich war, konnte nur erfunden werden. Es ist ja auch ein Spielfilm, keine Dokumentation.
Was ist Ihr Lieblingsstück von Bach?
Altenberger: Ich habe kein Lieblingsstück von Bach, allerdings seit den Dreharbeiten im Januar 2024 einen Ohrwurm. Den Titel ,Jauchzet, frohlocket‘.
Klar, die Weihnachtskantate von Johann Sebastian Bach aus dem Jahr 1734, die als erster Teil seines Weihnachtsoratoriums dient…
Altenberger: …und dann mag ich noch die Arie, die auch im Film vorkommt und von Anna Magdalena Bach gesungen wird: ,Schlafe, mein Liebster‘. Die finde ich wahnsinnig schön. Ich habe sie sehr intensiv vorbereitet. Ja, das sind Musikstücke, die bei einem hängen bleiben.
Wie haben Sie sich auf diesen Film musikalisch vorbereitet? Muss man sich da stundenlang durchs Bach’sche Großwerk hören oder reichte das Weihnachtsoratorium?
Altenberger: Na ja, jeder bereitet sich individuell auf so eine Rolle vor. Ich glaube, um das spielen zu können, hätte man noch nicht einmal das Weihnachtsoratorium hören müssen, denn das entsteht ja im Film erst. Aber richtig ist, dass ich alle Lieder, die im Film vorkommen, selbst Gesummtes, vorbereiten musste. Ansonsten habe ich nicht monatelang Bach gehört. Stattdessen habe ich mich mit einer tollen Musikhistorikerin vorbereitet, die mir so eine richtig dicke Dramaturgiemappe über das Leben in dieser Zeit zusammengestellt hat. Zum Beispiel vergleichbare Schicksale, von denen wir mehr wissen als von den Bachs. Unter anderem, wie viel damals eine Starsopranistin wie Anna Magdalena Bach verdient hat. Es gibt auch Reisetagebücher von anderen Sängerinnen, anhand derer man sich vorstellen kann, wie der Alltag ausgesehen hat, und auch Informationen zur Hygiene in dieser Zeit, zu Schwangerschaften und Geburten.
Bach verkündet uns, dass das Irdische nicht alles ist, dass es noch eine höhere Welt gibt. Muss man Ihrer Ansicht nach denn ein gläubiger Christ sein, um seine Musik zu verstehen?
Altenberger: Das kann ich nicht beantworten, weil ich nicht gläubig bin. Vielleicht würde ich Bach ansonsten anders verstehen. Ach, das ist so individuell - dem einen geht etwas ins Herz, dem anderen in den Kopf.
Sie sind eine sehr bekannte Schauspielerin und haben in Ihrem Fach große Erfolge gefeiert. Wären Sie auch gerne so ein musikalisches Genie wie Johann Sebastian Bach?
Altenberger: Nachdem ich schon seit einigen Jahren Schauspielerin bin und noch viel länger davon geträumt habe, es zu werden, ist natürlich Schauspiel mein Weg. Ich liebe meinen Beruf über alles. Hätte ich davon geträumt, Musikerin zu werden, wäre mein Weg ein anderer gewesen.
Wenn Sie Musik hören, welche ist das dann?
Altenberger: Das ist komplett unterschiedlich. Entweder habe ich nämlich keinen oder einen schlechten - oder, wenn man es positiv formuliert (sie lacht) – einen sehr vielfältigen Musikgeschmack.
Können Sie das an irgendwelchen Interpreten, Komponisten oder Bands festmachen?
Altenberger: Nein, ehrlich nicht. Wenn ich jetzt drei Musiker nenne, dann wäre das viel zu kurz gegriffen. Und dann steht im nächsten Interview: ,Falco ist ihre größte Liebe‘. Ich mag einige Klassiktitel, die mit frühkindlicher Prägung zu tun haben. Ich mag auch einige Schlagertitel. Gerade habe ich auch eine Lesung gemacht mit ganz fantastischer Volksmusik auf hohem Niveau. Hackbrett, Harfe oder einen wunderschönen Frauendreigesang, das kann toll sein. Mir gefallen aber auch Poptitel, unter anderem Austropop. Ich kann mich nicht auf eine Band alleine festlegen.
Zum Schluss müssen wir noch kurz auf das neue Jahr zu sprechen kommen. Was nehmen Sie sich für 2025 vor - oder lassen Sie die Dinge laufen wie sie sind, weil sie gut sind?
Altenberger: Die Dinge sind gut und laufen, nichtsdestotrotz habe ich Träume, Hoffnungen und Wünsche. Zum Beispiel habe ich vorletztes Jahr eine Shakespeare-Verfilmung gedreht. Das ist so ein Film, nach dem dürste ich so richtig. Ich will diesen Film auf der Welt haben und stolz darauf sein und drüber reden können. Ansonsten bin ich gespannt, was an neuen beruflichen Herausforderungen kommt. Ich möchte, dass mich jemand herausfordert.
Zur Person: Verena Altenberger, 37, ist eine vielfach ausgezeichnete österreichische Schauspielerin. Ihre Rolle in „Bach - Ein Weihnachtswunder“ ist ihre vermutlich musikalischste bislang. Bekannt ist Altenberger vor allem dafür, dass sie ganz tief in ihre Film-Charaktere schlüpft, die sie auch nur schwer wieder loslassen kann. Der Spielfilm ist in der ARD Mediathek und am 18.12. um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
Ich bin diese Augsburger Musikhistorikerin, die Frau Altenberger beraten hat :) Herr Dosch hat ebenfalls in der Augsburger Allgemeinen ein Interview zu meiner Vorbereitungsarbeit im Hintergrund dazu gebracht, online wie in der Printausgabe (18. Dez). Da Links hier im Kommentar nicht durchgehen: Vielleicht könnte das hier im Interview sinnvollerweise noch gegenverlinkt werden. Danke!
Vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben das Interview nun verlinkt. Freundliche Grüße aus der Redaktion
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