Als Udo Wachtveitl zum ersten Mal als Kommissar Franz Leitmayr ins Wohnzimmer von Millionen Deutschen flackerte, da krümelte er den Beifahrersitz des Autos voll und knutschte seine Freundin. Sein Fernseh-Kollege Ivo Batic (Miroslav Nemec) las derweil Kontaktanzeigen vor. 32 Jahre ist das nun schon her, dass der erste Münchner "Tatort" mit Wachtveitl und Nemec in den Hauptrollen ausgestrahlt wurde.
Inzwischen sind die beiden TV-Kommissare, die damals noch so betont jugendhaft inszeniert wurden, graue Eminenzen des Fernsehkrimis geworden - die dienstältesten nach Ulrike Folkerts, die als Lena Odenthal noch zwei Jahre früher beim "Tatort" antrat.
Nemec (69) hat das Pensionsalter schon vor vier Jahren erreicht, jetzt folgt der jüngere Kollege Wachtveitl, der am 21. Oktober 65 Jahre alt wird. Eine Woche danach wird die neueste "Tatort"-Episode aus München ausgestrahlt: "Königinnen", ein Krimi um Zwiebel- und Weißwurstmajestäten und die Metoo-Debatte - und der 93. Fall für Batic und Leitmayr. Mehr Fälle hat noch kein Ermittler-Team gelöst und man muss kein Hellseher sein, um zu sagen, dass es weitere 93 wahrscheinlich nicht geben wird.
Über ein Ende für das "Tatort"-Duo, das regelmäßig weit vorne (wenn auch hinter dem Münster-Team) in den Beliebtheitsrankings der Fernsehermittler landet, wird spätestens spekuliert, seit es im vergangenen Jahr im Weihnachts-"Tatort" ganz offen angesprochen wurde. Der Bayerische Rundfunk hält sich zu möglichen Plänen aber noch bedeckt. Entschieden sei nichts, heißt es da. Gespräche liefen.
"Na ja, die führen bestimmt nicht dazu, dass wir noch mal neu anfangen", sagt Wachtveitl kurz vor seinem Geburtstag im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Vom Amtsantritt bis zu ihrem 25. Dienstjubiläum vor sieben Jahren starben mehr als 150 Menschen im Münchner "Tatort". Das macht im Schnitt mehr als zwei Tote pro Folge. Sieben Assistenten, unter ihnen Michael Fitz als Carlo Menzinger, haben die Kommissare verschlissen. Aktuell im Dienst ist die Nummer acht: Ferdinand Hofer als Kalli.
Der wird in der neuen Folge befördert. "Aber wir bleiben die Älteren und er bleibt der Jüngere. Dieser Abstand wird sich auch durch heftiges Rudern nicht ändern", betont Wachtveitl im dpa-Interview. "Es wird sich nur insofern ändern, als dass wir bestimmt dem Rückzugsalter näher sind als er. Aber darüber ist noch nichts zu verlautbaren."
Doch wie auch immer es weitergeht mit seinem Kommissar Leitmayr, der gebürtige Münchner Wachtveitl kann mutmaßlich irgendwann auch gut leben ohne den sonntäglichen Kult-Krimi. Er arbeitet auch als Synchronsprecher (sprach zum Beispiel eine Meeresschildkröte in "Findet Nemo"), hält Lesungen - und auf der Website seiner Agentur sind Fußball, Ski Alpin und Tennis als seine Sportarten angegeben, Gitarre als sein Instrument.
Er könne noch gut trennen zwischen sich und der "Tatort"-Rolle, sagte Wachtveitl in einer Dokumentation zum 30. Dienstjubiläum. "Ich gehe nicht abends im Viertel rum und schau, ob da noch Leichen irgendwo rumliegen." Er habe sich vorbereitet auf die Zeit danach, sagt er im dpa-Interview: "Ich habe daran gearbeitet, mein Leben so zu führen, dass mich Mußestunden nicht erschrecken. Ich habe jetzt eine gewisse Übung darin. Das ist ganz wichtig. Das ist meine Vorbereitung."
(Von Britta Schultejans, dpa)