Der Raketeneinschlag in Polen wirft viele Fragen auf. Eine der wichtigsten könnte nun eine Antwort gefunden haben. US-Präsident Joe Biden soll laut der dpa beim G20-Gipfel auf Bali mitgeteilt haben, dass eine Rakete des Systems S-300 in dem polnischen Dorf Przewodow nahe der Grenze zur Ukraine eingeschlagen ist. Das würde Berichte aus Polen bestätigen, dass es sich um eine Rakete russischer Bauart handelte.
System S-300: Rakete stammt aus Sowjetzeiten
Bei der S-300 handelt es sich um ein russisches Raketensystem, welches noch zu Sowjetzeiten entwickelt wurde. Das erste System wurde im Jahr 1978 von der sowjetischen Luftverteidigung in Dienst gestellt. Das System wird vor allem zur Luftabwehr eingesetzt.
In der Folge wurde das System kontinuierlich weiterentwickelt. Bis heute sind mehr als 20 Raketentypen entstanden, die für das S-300-System passend sind. Diese variieren bei der Sprengkraft, aber weisen auch unterschiedliche Präzisionsgrade auf. Mit dem System können Raketen mit einem Gewicht bis zu 144 Kilogramm eingesetzt werden.
Wer nutzt S-300-Raketen im Krieg in der Ukraine
Wenn sich der Verdacht erhärten sollte, dass eine Rakete des S-300-Systems in Polen einschlug, dann lässt das keine klare Schlussfolgerung bezüglich der Verantwortlichen zu. Fakt ist, dass sowohl die ukrainischen als auch die russischen Streitkräfte das Raketensystem nutzen.
Die Ukrainer verwenden das Luftabwehrsystem vor allem, um russische Raketen und Marschflugkörper zu bekämpfen. Sie sollen durch die S-300-Raketen vom Himmel geholt werden. Russland soll das System hingegen nicht nur zur Flugabwehr, sondern auch zu Angriffszwecken nutzen. Es gab immer wieder Berichte, dass das russische Militär mit S-300-Raketen Bodenziele in der Ukraine beschießt.
Reichweite der S-300-Rakete ist von großer Bedeutung
Die Reichweite des S-300-Systems ist ein wichtiger Faktor bei der Aufklärung des Raketeneinschlags in Polen. Laut übereinstimmenden Berichten von Militäranalysten besitzen die Raketen mit dem S-300-System eine Reichweite von maximal 150 Kilometern. Aus Russland kann die Rakete daher nicht abgefeuert worden sein. Die russische Grenze liegt mehr als 500 Kilometer von dem Ort im Südosten Polens entfernt. Russische Truppen sind allerdings auch in Belarus stationiert. Die belarussische Grenze befindet sich etwa 150 Kilometer von Przewodow entfernt, liegt also in einer Entfernung, die sich womöglich noch in der Reichweite einer S-300-Rakete befindet.
Die westukrainische Stadt Lemberg ist rund 70 Kilometer von dem polnischen Ort entfernt, an dem am Dienstagnachmittag eine Rakete einschlug. Am Dienstag wurde die Stadt von russischen Truppen bombardiert. Es ist also im Bereich des Möglichen, dass sich eine Flugabwehrrakete der Ukrainer in das polnische Dorf verirrt hat.