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Rundfunk: Nach heftiger Kritik: Die BBC steht unter Druck

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Nach heftiger Kritik: Die BBC steht unter Druck

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    Der neue BBC-Chef Tim Davie verspricht Reformen.
    Der neue BBC-Chef Tim Davie verspricht Reformen. Foto: Andrew Milligan, dpa

    Tim Davie hatte sein Amt noch nicht einmal übernommen, da geriet der neue Generaldirektor derBBC bereits in einen Sturm der Empörung. Es ging um nichts weniger als die britische Identität. Im Zentrum stand die Frage, ob patriotische Lieder, die traditionell am letzten Abend der Klassik-Konzertreihe „Last Night of the Proms“ gesungen werden, angesichts der Debatte über die britische Kolonialvergangenheit noch zeitgemäß sind.

    Eines der Lieder ist „Rule, Britannia!“ (Herrsche, Britannia!), so etwas wie die inoffizielle Nationalhymne. Da die Konzerte wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr ohne Publikum stattfinden, schien das einigen Verantwortlichen eine willkommene Gelegenheit, auch diesen Gassenhauer aus dem Programm zu nehmen. Doch zahlreiche Briten reagierten entrüstet, inklusive Premierminister Boris Johnson.

    Am Mittwoch vollzog die BBC dann eine Kehrtwende und entschied, dass „Rule, Britannia!“ genauso wie das ebenfalls umstrittene „Land of Hope and Glory“ nicht nur als Orchesterversion gespielt, sondern auch wieder gesungen werden.

    Seine erste Bewährungsprobe: Die Debatte über das Lied „Rule, Britannia!“

    Die Debatte veranschaulicht gut, was dem 53-jährigen Davie in den nächsten Jahren bevorsteht. Er übernimmt den Posten von Lord Tony Hall zu einer Zeit, die für die BBCvon einer beispiellosen politischen wie finanziellen Ungewissheit geprägt ist. Die „Auntie“, die Tante, wie sie im Volksmund genannt wird, steckt in der Krise.

    Denn auch die Kritik an ihrer Berichterstattung über den Brexit reißt nicht ab. Seit dem EU-Referendum im Jahr 2016 wird die auf politische Unabhängigkeit bedachte Rundfunkanstalt von allen Seiten für ihre angebliche Voreingenommenheit attackiert. So werfen sowohl Zuschauer, Kommentatoren als auch zahlreiche Politiker, vor allem aus den konservativen Tory-Reihen, dem ihrer Ansicht nach linkslastigen Sender eine zu Brexit-kritische Berichterstattung vor.

    Brexit und jetzt: Was sich nach dem 1. Februar ändert

    Was ändert sich am 1. Februar im Alltag?

    Nichts, sagt die EU-Kommission. Denn unmittelbar nach dem Austritt beginnt eine Übergangsphase bis 31. Dezember.

    „Bis zu diesem Zeitpunkt ergeben sich für die Bürgerinnen und Bürger, Verbraucher, Unternehmen, Investoren, Studenten und Forscher in der EU und im Vereinigten Königreich keine Änderungen“, versichert die Brüsseler Behörde.

    Man kann reisen wie bisher, ohne Roaming-Gebühren beim Handy. Man kann ohne Sorge Waren von britischen Webseiten bestellen. Oder wie bisher mit EU-Stipendien in Großbritannien studieren.

    Was ändert sich für Großbritannien?

    Übergangsphase heißt: Großbritannien ist zwar raus und offiziell Drittstaat, hält sich aber bis Jahresende an alle EU-Regeln und zahlt in den EU-Haushalt ein.

    Alle EU-Programme laufen in Großbritannien weiter. Nur darf das Land in Brüssel nicht mehr mitreden.

    Es hat keine Vertretung mehr in der EU-Kommission, bei Ministerräten, bei EU-Gipfeln oder im EU-Parlament. Dort verlieren am 1. Februar 73 britische Abgeordnete ihr Mandat.

    27 freiwerdende Sitze gehen an Nachrücker aus 14 EU-Staaten, die bisher gemessen an der Bevölkerung zu schwach vertreten waren. 46 Sitze werden in einer Reserve geparkt.

    Was ist schon vertraglich geregelt?

    Im Austrittsvertrag ist die wichtigste Vereinbarung die für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland.

    So ist festgelegt, dass in Nordirland in jedem Fall für die nächsten Jahre einige Regeln des EU-Binnenmarkts und besondere Zollregeln gelten.

    Im Übrigen klärt der Vertrag, wie viel Großbritannien noch für offene Rechnungen an die EU zahlen muss.

    Es gibt diverse Übergangsregeln. Und abgemacht ist auch: Parmaschinken, bayerisches Bier und andere regionale Esswaren bleiben in Großbritannien geschützt – ebenso wie „walisisches Lamm“ und vieles mehr in der EU.

    Dass sich auch Pro-Europäer und am linken politischen Spektrum stehende Briten unentwegt über die BBC als angebliches „Sprachrohr der Tories“ beschweren? Geschenkt.

    Tim Davie, der bislang die Programmgesellschaft „BBC Studios“ leitete, den kommerziellen Unternehmensarm der Anstalt, trat jetzt seinen Job in Jeans und Jackett sowie mit dem erklärten Ziel an, die BBC zu reformieren. Man sei „eine BBC für alle“, die jedem Teil dieses Landes diene und jeden repräsentiere, sagte er. Er will sich vor allem „für Inhalte von höchster Qualität und Unparteilichkeit“ einsetzen. „Unser Auftrag war noch nie so relevant, wichtig beziehungsweise notwendig wie heute.“

    Auch die Briten streiten über die Finanzierung des Rundfunks und die Höhe der Gebühren

    Doch Davie muss nicht nur den Vorwurf der angeblichen Voreingenommenheit entkräften. Etliche Politiker, vorneweg Boris Johnson, stellen regelmäßig auch das Finanzierungsmodell der BBC in Frage – und damit ihre Existenzgrundlage.

    Es ist eine ähnliche Debatte wie die in Deutschland über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Ob der – wie geplant – im nächsten Jahr um 86 Cent auf monatlich 18,36 Euro pro Haushalt steigen kann, ist noch immer völlig ungewiss. Und hängt vor allem von der Zustimmung der Landtagsabgeordneten von Sachsen-Anhalt ab.

    In Großbritannien wird, was eine künftige Finanzierung der öffentlich-rechtlichen BBC angeht, gerne auf den Streaminganbieter Netflix verwiesen, auf ein Abomodell also. Die Rundfunkgebühr beläuft sich auf der Insel auf jährlich 154,50 Pfund (174 Euro) und macht 75 Prozent der Gesamteinnahmen der BBC aus, das sind 3,6 Milliarden Pfund. Der Rest ihrer Finanzen speist sich aus dem Verkauf von TV-Produktionen. 2027 muss Tim Davie den Rundfunkstaatsvertrag neu verhandeln. Es werden noch eine Reihe schwieriger Debatten auf ihn zukommen. (mit wida)

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