Rache, Eifersucht und Missgunst: Das Motiv des Streits zwischen zwei Brüdern ist so alt wie die Menschheit. Der Zwist zwischen den Prinzen Harry und William nimmt in Großbritannien nun ebenfalls fast biblische Ausmaße an. Denn nachdem Harrys mit Spannung erwartete Autobiografie „Spare” (deutsch: „Reserve“), in deren Titel die Rivalität zwischen den Brüdern schon anklingt, offenbar versehentlich bereits fünf Tage vor dem geplanten Erscheinungsdatum in Spanien in den Handel geriet, kursieren zahlreiche explosive Details daraus in den Medien.
So soll Prinz William Harry in einem Streit 2019 körperlich angegriffen und ihn daraufhin aufgefordert haben, zurückzuschlagen. Es sind heftige Vorwürfe, die mit der eisernen Regel des Palastes, Stillschweigen zu bewahren, brechen und Menschen und Medien in Großbritannien schockieren. Die Kluft zwischen den beiden Brüdern, so räumten Experten ein, ist eindeutig tiefer als gedacht. Eine Versöhnung zwischen ihnen scheint unmöglich. „Jetzt ist alles vorbei“, titelte der Daily Mirror am Freitag. Daneben sind die Prinzen als Kinder zu sehen. „Die britische Monarchie steht vor der schlimmsten Krise seit 30 Jahren“, prophezeite die britische Tageszeitung i und ließ Harry hinter König Charles III. und Prinz William pixelig dargestellt verschwinden.
Prinz Harry äußert in "Spare" scharfe Kritik an William und seinem Vater Charles
Tatsächlich äußert sich der 38-Jährige in seiner Autobiografie überraschend detailliert, wie auch die Royal-Expertin Pauline MacLaran gegenüber dieser Redaktion bestätigte. Seinem Vater Charles wirft er Gefühlskälte vor. Er habe ihn nicht in den Arm genommen, als er ihm die schreckliche Botschaft vom Unfall seiner Mutter Diana überbrachte, schreibt Harry laut der Boulevardzeitung Sun. Der Prinz offenbart außerdem, dass er und sein Bruder Charles von der Heirat mit Camilla abgeraten hätten und gesteht, im Alter von 17 Jahren Kokain genommen zu haben, um sich „anders zu fühlen“.
Skandale um Prinz Harry
Auch Königliche Hoheiten treten mitunter ins Fettnäpfchen. Der britische Prinz Harry zeigt darin ein besonderes Talent.
Kriegsrhetorik: Nach knapp fünf Monaten Einsatz in Afghanistan sorgt Harry Anfang 2013 mit flapsigen Sprüchen für Empörung. Er habe das Zielen schon bei Computerspielen geübt, sagt er dem Sender BBC. «Ich glaube, meine Daumen können ganz nützlich sein.» Als Schütze in einem Kampfhubschrauber hatte er auch tödliche Schüsse abgegeben. Der britische «Guardian» taufte ihn ironisch «Killer Captain».
Nacktfotos: Ein US-Promiportal zeigt den Prinzen völlig entblößt im Internet. Er hatte im August 2012 an einer freizügigen Party in Las Vegas teilgenommen, ein Gast lichtete ihn dabei ab. Dass auch ein britisches Boulevardblatt die Bilder einer Warnung des Königshauses zum Trotz veröffentlicht, löst eine Diskussion über Pressefreiheit aus. Immerhin: Über Harrys nackten Po war ein Krönchen gedruckt.
Heißes Eisen: Im Januar 2009 bringen Presseberichte über rassistische Äußerungen Harrys das britische Königshaus in arge Bedrängnis. Beim Militär soll er einen Kameraden «Paki» genannt haben - ein Wort, das in Großbritannien abwertend für Pakistaner gebraucht wird. Der Prinz entschuldigt sich öffentlich. «Paki» sei als Spitzname gemeint gewesen.
Wiederholungstäter: Kurz danach geht es wieder um Rassismus: «Sie klingen gar nicht wie ein Schwarzer» soll Harry zu dem dunkelhäutigen Komiker Stephen Amos gesagt haben. Die Aussage fiel nach Medienberichten am Rande einer Show zum 60. Geburtstag von Prinz Charles. Anti-Rassismus-Verbände kritisieren die angebliche Äußerung. Ein Sprecher des Prinzen bestätigt sie nicht.
Schlüpfriges Pflaster: Im April 2006 feiert Harry den Abschluss seiner Offiziersausbildung ausgerechnet in einem Nackttanz-Lokal. Wie Boulevardmedien berichten, legt er vor den Augen anderer Absolventen der Militärakademie seinen Kopf zwischen die Brüste einer Stripperin.
Schlechter Geschmack: Ein Auftritt im Nazi-Kostüm löst internationale Empörung aus. Harry war Anfang 2005 mit einer roten Hakenkreuzbinde zu einer Kostümparty gekommen. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum nennt sein Verhalten «beschämend». «Dieses Kostüm war schlecht gewählt, und ich entschuldige mich», teilt der Prinz schriftlich mit.
Besonders hart geht Prinz Harry laut den Berichten jedoch mit seinem Bruder ins Gericht, indem er ihn unter anderem als seinen „größten Gegenspieler“ bezeichnet. Zudem sollen William und dessen Frau Catherine ihn 2005 dazu ermutigt haben, ein Nazi-Kostüm zu tragen. Harry beschrieb dies im Rahmen der im Dezember veröffentlichten Netflix-Dokumentation als einen der größten Fehler seines Lebens. Keine Reue empfindet er hingegen dafür, während seines Militärdienstes als Hubschrauberpilot in Afghanistan 25 Talibankämpfer getötet zu haben. In der Hitze des Gefechts habe er diese nicht als „Menschen“ betrachtet, sondern als „Schachfiguren“, bekennt er laut der Tageszeitung Telegraph. Der Royal wurde für diese Aussage aus Kreisen des Militärs kritisiert.
Was treibt Harry an? Ist er rachsüchtig – oder einfach auf Reichweite aus?
Auch die britischen Medien reagierten insgesamt kritisch auf die Enthüllungen. „Harry wirkt auf viele rachsüchtig, insbesondere seinem Bruder gegenüber“, betonte MacLaran. Er inszeniere sich als Opfer und Außenseiter, wirke dabei aber äußerst naiv. „Es gibt Momente, in denen es einem das Herz bricht, wenn er davon spricht, dass er unbedingt umarmt werden möchte“, beschrieb der Sender Sky News das Leseerlebnis.
Dann aber gebe er gehässige Kommentare ab, die es schwer machten, auf seiner Seite zu bleiben. Die Daily Mail fand noch härtere Worte: Das Buch werfe ein „entsetzliches Licht“ auf ihn. „Es lässt uns nicht mit ihm, sondern mit der königlichen Familie sympathisieren." MacLaran bestätigte dies: „Die Öffentlichkeit wendet sich zunehmend der Verteidigung der Royals zu. Wenn sie es schaffen, nicht in seine Schlacht verwickelt zu werden, werden sich Harry und Meghan wohl quasi selbst zerstören.”
Tatsächlich lehnte der Palast eine Stellungnahme auch am Freitag ab. Völlig spurlos werden die Enthüllungen laut dem Historiker Robert Lacey am Palast jedoch nicht vorbeiziehen. Schließlich seien die Anschuldigungen gegen William als Thronfolger Wasser auf den Mühlen von Antimonarchisten im Land. „Es wird künftig zumindest nicht mehr so einfach sein, Charles und seine Verwandtschaft als Modellfamilie zu inszenieren”, sagte er in einem Interview. „Harry malt ein Bild von einem hitzköpfigen zukünftigen König, der sich nicht im Griff hat“, kommentierte die Tageszeitung The Guardian die Lage. Dies stehe im Widerspruch zu seinem öffentlichen Image.