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Rom: Obdachlose zeichnen und texten: die Straßenzeitung des Papstes

Rom

Obdachlose zeichnen und texten: die Straßenzeitung des Papstes

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    Die erste Ausgabe der Obdachlosenzeitung "L’Osservatore di Strada". Sie wird auf dem Petersplatz verteilt.
    Die erste Ausgabe der Obdachlosenzeitung "L’Osservatore di Strada". Sie wird auf dem Petersplatz verteilt. Foto: Cristian Gennari, kna

    Rechts oben auf der Titelseite prangt das päpstliche Wappen. Daneben der Titel in Schwarz und Blau, L’Osservatore di Strada, der Straßenbeobachter: Der Vatikan hat jetzt eine eigene Obdachlosen-Zeitung. Herausgegeben wird sie vom Dikasterium für Kommunikation, einem Amt der Römischen Kurie also. Produziert wird sie unter der Ägide der seit 1861 erscheinenden Vatikanzeitung L’Osservatore Romano.

    Am vergangenen Sonntag erschien die erste Ausgabe der Monatszeitung, die das Leben der „senzatetto“, der Obdachlosen in Rom, begleiten will. Zwölf Seiten ist das Blatt stark. Es erscheint jeden ersten Sonntag im Monat und kann im Internet auch als E-Paper abgerufen werden. Druck- und Onlineausgabe, bislang nur auf Italienisch, sind kostenlos. Obdachlose sind an der Herstellung beteiligt.

    Obdachlose bei einem gemeinsamen Frühstück mit Franziskus Ende 2016. Der Papst hatte bereits am Abend seiner Wahl im März 2013 gesagt, er träume von einer "armen Kirche für die Armen".
    Obdachlose bei einem gemeinsamen Frühstück mit Franziskus Ende 2016. Der Papst hatte bereits am Abend seiner Wahl im März 2013 gesagt, er träume von einer "armen Kirche für die Armen". Foto: Osservatore Romano, dpa

    Ehemalige Obdachlose verteilen die neue Zeitung auf dem Petersplatz

    Er träume von einer „armen Kirche für die Armen“ hatte Papst Franziskus am Abend seiner Wahl im März 2013 gesagt. Vor diesem Hintergrund ist nun auch die vatikanische Obdachlosenzeitung entstanden. Sie wird von ehemaligen „senzatetto“ auf dem Petersplatz verteilt. 50 von ihnen wohnen gleich in der Nähe des Vatikans, im Palazzo Migliori, der ursprünglich zu einem Luxushotel hätte umgebaut werden sollen. Stattdessen verfügte Franziskus 2019, dass das Gebäude Obdachlosen zur Verfügung gestellt wird.

    Thema der ersten Ausgabe des L’Osservatore di Strada ist naheliegenderweise „Die Straße“. Auf der Titelseite ist fast ganzseitig das Foto eines Schlafplatzes unter einer Brücke in Rom zu sehen, Decken, Schmutz, Reste eines Brandes, Graffiti. Ein Obdachloser namens Luigi schreibt über die Herausforderungen der Nacht, wenn den Ärmsten Schuhe und Rucksäcke geklaut werden und Gewalt oder Kälte und Regen herrschen. Auf zwei Zeichnungen von Obdachlosen ist Jesus zu sehen.

    „Die Ausgeschlossenen haben etwas zu sagen“, erklärt der Koordinator der Zeitung, Piero Di Domenicantonio. Der L’Osservatore di Strada wolle ein Blatt sein, das „mit den Bedürftigen gemacht wird und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Talente im Schreiben oder Zeichnen auszudrücken“. Finanziell unterstützt wird es von der Caritas, der katholischen Laiengemeinschaft Sant’Egidio, dem Jesuiten-Zentrum Astalli sowie der vatikanischen Wohltätigkeitsorganisation Circolo di San Pietro.

    In Italien gibt es mehr als 50.000 Obdachlose, von denen 70 Prozent Männer sind

    Auf Seite zwei und drei, Rubrik „Begegnungen“, beschreibt der römische Schriftsteller Daniele Mencarelli das Leben Mimmos, eines 50 Jahre alten Elektrikers, der freiwillig auf der Straße lebt, weil er sich „selbst entdecken“ will. In einem Bericht wird ein Caritas-Mitarbeiter nachts begleitet – und man erfährt einiges über die mehr als 50.000 Obdachlosen in Italien, von denen 70 Prozent Männer sind. Die meisten gibt es in Mailand, Rom und Palermo.

    Der Schriftsteller Soumala Diawara aus Mali berichtet im L’Osservatore di Strada über die Schwierigkeiten der Integration; auf drei Seiten wird die Sensibilität von Papst Franziskus für die Armen beschrieben. Gezeigt wird das berühmte Foto von ihm als Erzbischof Jorge Bergoglio, auf dem zu sehen ist, wie er in der U-Bahn von Buenos Aires auf Mission für die Bedürftigen unterwegs ist. Schließlich steuert der Straßenkünstler Mauro Pallotta („Maupal“) die Karikatur eines Kardinals bei, der einer alten Frau über den Zebrastreifen hilft.

    Nicht fehlen darf da ein Bericht über das Päpstliche Almosenamt und seinen Leiter Konrad Krajewski, den Franziskus 2018 zum Kardinal kreierte. Die Bedürftigen seien „das gelebte Evangelium“, sagt der Kardinal. „Um sie zu verstehen, muss man sich auf ihre Spuren machen.“ Krajewski war es, der im Namen des Papstes eine Krankenstation, Duschen und einen Friseursalon für Obdachlose am Petersplatz einrichten ließ.

    Er unterstützt mit seinem Team die Bedürftigen auch auf den Straßen Roms. Sechs Millionen Euro verteilte der Päpstliche Wohltätigkeitsdienst auf diese Weise im vergangenen Jahr. Angesichts des Anspruchs, eine Straßenzeitung zu sein, konzentriert sich der L’Osservatore di Strada derart aber dann doch recht stark auf den Vatikan.

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