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Raumfahrt: Platznot im Weltall: Elon Musk und seine Satelliten verärgern China

Raumfahrt

Platznot im Weltall: Elon Musk und seine Satelliten verärgern China

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    Astronauten der Raumstation Tiangong, auf Deutsch „Himmelspalast“, mussten dieses Jahr bereits zweimal ihren Kurs ändern.
    Astronauten der Raumstation Tiangong, auf Deutsch „Himmelspalast“, mussten dieses Jahr bereits zweimal ihren Kurs ändern. Foto: Jin Liwang, XinHua/dpa

    Elon Musk und China, das ist eine ganz besonders komplizierte Beziehung: Sie oszilliert zwischen gegenseitiger Bewunderung, Abhängigkeit – und zuweilen auch Verachtung.

    Nun jedoch hat eine Fehde des in Südafrika geborenen Unternehmers mit der Volksrepublik China buchstäblich irdische Sphären verlassen: Die Regierung in Peking wirft Musks Weltraumkonzern SpaceX vor, der chinesischen Raumstation „Himmelspalast“ gefährlich nahegekommen zu sein. Zweimal musste man demnach regelrechte Ausweichmanöver ausführen, um die „Sicherheit und das Leben“ der Astronauten zu gewährleisten. Eine entsprechende Beschwerde hatte China bereits Anfang Dezember bei der UNO-Weltraumbehörde eingereicht.

    Elon Musk hat große Visionen im Weltall.
    Elon Musk hat große Visionen im Weltall. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Der Vorwurf klingt so schwerwiegend wie unerklärlich: Als Laie möchte man doch meinen, dass es im All genügend Platz gäbe, um sogenannte „close encounters“, also Nah-Begegnungen, zu vermeiden. Tatsächlich jedoch wird es auch im Weltraum zunehmend eng.

    Dies belegt nicht zuletzt die Beschwerde der Chinesen. Der Vorfall, wie er auch von unabhängigen Expertinnen und Experten bestätigt wird, ereignete sich so: Der US-amerikanische Satellit Starlink-1095 ist im Frühjahr auf eine Umlaufbahn von etwas über 380 Kilometern Höhe abgesunken – und damit in die Nähe der chinesischen Raumstation, die sich auf einem recht ähnlichen Orbit 390 Kilometer über der Erde befindet. Am 1. Juli und 21. Oktober soll der Satellit dann teilweise die Abstandsregeln verletzt haben, auf weniger als fünf Kilometer soll sich der Flugkörper genähert haben.

    Starlink-Satelliten waren auch über Bayern zu sehen

    Satelliten des Typs Starlink konnte im Lauf des Jahres auch über Bayern mehrfach jede und jeder mit bloßem Auge erkennen: als leuchtende Lichtreihen, die wie Sternschnuppen über den Himmel zogen.

    In der Praxis ist so eine Annäherung, wie sie jetzt China beklagt, alles andere als ungewöhnlich. Jede Woche kommt es zu mehreren tausend solcher Vorfälle – und für nahezu die Hälfte von ihnen zeichnet Elon Musks Firma SpaceX verantwortlich. Das hat vor allem mit der schieren Masse zu tun: Nahezu im Wochentakt entsendet SpaceX dutzende Satelliten ins All, fast 2000 sind in den letzten zwei Jahren gestartet. Laut Schätzungen der britischen University of Southampton wird SpaceX schon bald für 90 Prozent aller sogenannten „close encounters“ verantwortlich zeichnen.

    Insgesamt plant die Firma nämlich, für ihr Großprojekt eines satellitengestützten Internetdienstes 42.000 solcher Flugkörper in der Erdumlaufbahn zu haben. Die Genehmigung für mehr als ein Viertel davon haben die US-amerikanischen Behörden bereits erteilt.

    Der Streit zwischen China und Musk mit seinen Weltraumambitionen hat also auch mit dem politisch aufgeladenen Konflikt Pekings und Washingtons zu tun. Dennoch halten Expertinnen und Experten eine Grundsatzdebatte über die Spielregeln im All für längst überfällig.

    Xi Jinping, Präsident von China, liegt im Konflikt mit den USA.
    Xi Jinping, Präsident von China, liegt im Konflikt mit den USA. Foto: Liu Bin, Xinhua, dpa

    „Auch die ISS musste im Laufe der Jahre mehrmals chinesischem Weltraumschrott ausweichen – es ist also keine Seite frei von Schuld in dieser Angelegenheit“, kommentiert der Astrophysiker Jonathan McDowell von der Harvard-Universität: „Es ist jedoch ermutigend, dass China dieses Thema bei den Vereinten Nationen endlich stärker in den Fokus rückt.“

    Auf der chinesischen Online-Plattform Weibo zeigen sich die Nutzerinnen und Nutzer weniger diplomatisch. Dort wird Musks Weltraumprogramm mit Häme und teilweise Hass überzogen. Ein Nutzer unterstellt dem Tesla-Gründer, der US-Regierung mit seiner Firma SpaceX „amerikanische Waffen für den Weltraumkrieg“ zu liefern. Ein anderer findet es ironisch, dass ausgerechnet die chinesischen Autofahrerinnen und Autofahrer, die für rund ein Fünftel des Tesla-Profits sorgen, Elon Musks Weltraumprogramm finanziell überhaupt erst ermöglichen.

    Dem exzentrischen Unternehmer eine absichtliche Konfrontation mit dem Reich der Mitte zu unterstellen, ist jedenfalls reichlich abwegig. Nur wenige Stunden vor dem ersten „Beinahe-Crash“ im Weltraum schickte Musk bei Twitter noch eine freundschaftliche Botschaft an die Chinesen: Er lobte die Kommunistische Partei anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums dafür, das Land zu „unglaublichem“ Wohlstand geführt zu haben.

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