Ein wegen gepanschter Krebsmedikamente zu zwölf Jahren Haft und lebenslangem Berufsverbot verurteilter Apotheker aus Nordrhein-Westfalen ist mit einer Verfassungsbeschwerde gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm diese nach Angaben vom Dienstag nicht zur Entscheidung an. Die dritte Kammer des Zweiten Senats in Karlsruhe sah keine Grundrechtsverletzung.
Der Mann hatte gegen ein Urteil des Landgerichts Essen und die Verwerfung seiner Revision durch den Bundesgerichtshof vorgehen wollen. Das Landgericht hatte ihn vor fünf Jahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in mehr als 14.500 Fällen verurteilt. Von 2012 bis 2016 hatte er demnach unterdosierte Arzneimittel hergestellt oder Mitarbeiter entsprechend angewiesen. Unter anderem bei Krankenkassen rechnete er das so ab, als habe er die Medikamente ordnungsgemäß dosiert. Mit dem Bottroper Apothekerskandal hat sich auch schon der nordrhein-westfälische Landtag beschäftigt.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Kläger insbesondere eine Verletzung des Schuldgrundsatzes. Aus den Entscheidungsgründen gehe nicht hervor, in welchen konkreten Fällen er unterdosierte Zubereitungen hergestellt habe und für welche Patienten diese bestimmt gewesen seien. Zudem habe das Landgericht den Mann allein aufgrund einer unspezifischen Veranlassung, Kenntnis und Billigung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter als Täter verurteilt.
Das Verfassungsgericht erklärte allerdings, die Strafkammer habe zwar nach Ausschöpfung der Aufklärungsmöglichkeiten nicht sicher feststellen können, welche von insgesamt 28.285 hergestellten Arzneimittelzubereitungen unterdosiert waren. Sie habe aber feststellen können, dass und wie viele Unterdosierungen es bei den Zubereitungen mit dem jeweiligen Wirkstoff mindestens gegeben hatte.
Auch bei der Verurteilung des Mannes als Täter in Fällen, in denen Mitarbeiter die Medikamente nach seinen Vorgaben hergestellt hatten, gebe es keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Landgericht habe ausreichende Feststellungen zur organisatorischen Hoheit und dem Motiv des Beschwerdeführers getroffen. "Beides lässt in hinreichendem Maße auf eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft schließen."
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, teilte mit: "Rechtlich ist der Pharmaskandal damit abgeschlossen. Doch viele Tausend Patientinnen und Patienten waren von den 28.285 individuell zubereiteten Arzneimitteln betroffen." Betroffene und Angehörigen schmerze es bis heute, dass unklar bleibt, welche der krebskranken Menschen von der Tat besonders hart getroffen waren.
Die Länder müssten mehr unternehmen, um bei den wenigen Hundert Spezialapotheken besonders hinzuschauen, forderte Brysch. "Die Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker sind damit überfordert", erklärte er weiter. "Auch geht es um den am stärksten wachsenden Milliardenmarkt. Transparenz ist hier überfällig."
(dpa)