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Prozess um Boris Becker: Prozess in London: Geht Boris Becker jetzt ins Gefängnis?

Prozess um Boris Becker

Prozess in London: Geht Boris Becker jetzt ins Gefängnis?

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    Boris Becker vor dem Southwark Crown Court in London. Dort wurde ihm der Prozess gemacht.
    Boris Becker vor dem Southwark Crown Court in London. Dort wurde ihm der Prozess gemacht. Foto: Alberto Pezzali, AP/dpa (Archivbild)

    Wenn Boris Becker an diesem Freitag wie vorausgesehen den Gerichtssaal im Southwark Crown Court unweit der Tower Bridge in London betritt, liegt sein Schicksal in der Hand von Richterin Deborah Taylor. Sie ist es, die in einem schmucklosen Raum mit ausgetretenem Teppich verkünden wird, ob der 54-jährige ehemalige Tennisprofi eine Bewährungsstrafe erhält – oder aber für einige Monate oder gar Jahre ins Gefängnis muss.

    Eine Jury hatte Becker Anfang April in vier von 24 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Sie ist überzeugt davon, dass er unerlaubterweise hohe Summen an seine Ex-Frauen Lilly und Barbara Becker überwies und eine Immobilie in seiner Heimatstadt Leimen sowie Anteile an einer Firma für Künstliche Intelligenz im Zuge seines Insolvenzverfahrens nicht offenlegte.

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    Doch wie hoch wird die Strafe für ihn ausfallen? Viele Expertinnen und Experten vermuten inzwischen, Becker könne durchaus zu mehreren Jahren Haft verurteilt werden. Dabei schwanken ihre Einschätzungen zwischen einem und bis zu fünf Jahren. Einer der Gründe: Richterinnen und

    Erschwerend hinzu komme, dass Boris Becker eben aktiv Überweisungen getätigt haben soll, so Paul Vogel, Promi-Anwalt mit einem Büro in London. „Aufgrund dieser klaren Verstöße wird er wohl keine Bewährung mehr bekommen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Er weist jedoch ebenfalls darauf hin: Spekulationen über das Ende dieses Prozesses seien „ein bisschen wie Kaffeesatzleserei“.

    Richterin Deborah Taylor verurteilte auch Julian Assange

    Ein weiterer Grund für eine mögliche Haftstrafe: Richterin Taylor gilt als knallhart. Sie war es, die Wikileaks-Gründer Julian Assange im Jahr 2019 zu 50 Wochen Haft verurteilte. Sie blieb damit nur knapp unter der Höchststrafe von einem Jahr. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass Assange mit seiner Flucht in die Botschaft Ecuadors in London die Bewährungsauflagen missachtet habe. Als Assange dann abgeführt wurde, beschimpften seine Anhänger die Richterin mit den Worten „Schande über Sie“. Für seine Unterstützer stand hinter dem Urteil eine politische Entscheidung.

    Während des drei Wochen dauernden Becker-Prozesses gab sich Taylor, stets in schwarz-roter Robe und mit obligatorischer Pferdehaar-Perücke, betont nüchtern. Am letzten Verhandlungstag listete sie mit ihrer sonoren Stimme auf, was Becker, Staatsanwaltschaft und Verteidigung seit Beginn des Prozesses Ende März im Verlauf der Verhandlung alles vorgebracht hatten. Dabei erwähnte sie unter anderem dessen Anfänge als noch jugendlicher Tennisstar – eine Zeit, in der er gelernt haben soll, sich auf seine Berater zu verlassen. Sie sprach über Konten und Anwesen, von deren Existenz Becker nichts gewusst haben will. Sie sprach von der Scham, die er verspürt haben soll, als es im Jahr 2017 schließlich zur Bankrotterklärung kam. Becker wurde damals für zahlungsunfähig erklärt und musste den Insolvenzverwaltern sein Vermögen offenlegen.

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    Taylor schloss ihre Rede damit, dass die Jury auf der Grundlage des Gehörten entscheiden müsse; von seiner Prominenz hingegen solle sie sich nicht beeindrucken lassen. Becker selbst stritt die Vorwürfe ab. Sein Verteidiger stellte ihn als etwas naiv im Umgang mit Geld dar – aber eben als unschuldig.

    Doch könnte das Urteil der Richterin vielleicht dennoch von der Tatsache beeinflusst werden, dass er eine bekannte Persönlichkeit ist? In anderen Worten: Könnte an ihm unter Umständen ein Exempel statuiert werden? Jurist Paul Vogel möchte Deborah Taylor dies auf keinen Fall unterstellen.

    Er kenne allerdings Fälle, in denen er den Eindruck gewonnen habe, dass in der Öffentlichkeit stehende Menschen eher härter bestraft worden seien. „Man denke nur an den Fall Uli Hoeneß. Das war aus meiner Sicht nahe an einem Fehlurteil“, sagt er. Hoeneß, einst Präsident des FC Bayern München und Unternehmer, war 2014 wegen Steuerhinterziehung in Höhe von rund 28,5 Millionen Euro zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Im Falle Beckers hatte die Finanzbehörde nach dem Schuldspruch jedenfalls erklärt, dieser sei eine Warnung an diejenigen, „die glauben, sie könnten ihr Vermögen verbergen und damit davonkommen. Sie werden ermittelt und strafrechtlich verfolgt.“

    Falls Tennislegende Becker, der in London lebt, von Richterin Taylor tatsächlich zu einer Haftstrafe verurteilt wird, kann er sowohl gegen das Urteil als auch gegen das Strafmaß Berufung einlegen. Vermutlich problematisch für ihn: „Das könnte angesichts der Anwaltskosten in Großbritannien sehr teuer werden“, sagt Vogel.

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