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Prozess in London: Ihm droht jahrelange Haft: Das hat Boris Becker vor Gericht gesagt

Prozess in London

Ihm droht jahrelange Haft: Das hat Boris Becker vor Gericht gesagt

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    Boris Becker beim Verlassen des Southwark Crown Court. Der 52-jährige ehemalige Tennisstar muss sich derzeit vor dem Londoner Gericht gegen Vorwürfe einer Insolvenzbehörde wehren.
    Boris Becker beim Verlassen des Southwark Crown Court. Der 52-jährige ehemalige Tennisstar muss sich derzeit vor dem Londoner Gericht gegen Vorwürfe einer Insolvenzbehörde wehren. Foto: Frank Augstein, dpa

    Boris Becker wirkt angespannt, fast angegriffen, als er das Gericht verlässt und in Richtung Taxi drängt. Rund zwei Dutzend Fotografen und Kameraleute stürzen sich auf den ehemaligen Tennis-Profi, rufen „Boris“ und schleudern ihm Fragen entgegen. Becker im grauen Anzug, blauen Mantel und blau-rosa gestreifter Krawatte sagt kein Wort. Trotz des dunklen Mund-Nasen-Schutzes und der tief ins Gesicht gezogenen schwarzen Schirmmütze ist erkennbar, dass die Sportikone müde ist.

    Immerhin handelt es sich keineswegs um eine Kleinigkeit, weshalb Becker am Donnerstagmorgen vor dem Southwark Crown Court, dem Londoner Strafgericht, zu der Vorabanhörung erschienen war. Der Tennislegende drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis.

    Becker soll nicht mit dem Gericht kooperiert haben

    Die britische Insolvenzbehörde wirft dem 52-Jährigen zum wiederholten Male vor, in seinem Insolvenzverfahren nicht kooperiert und einen Teil seines Vermögens verschwiegen zu haben. Dabei soll es um diverse Konten, Trophäen, eine Wohnung im Londoner Stadtteil Chelsea, zwei Grundstücke in Deutschland und Anteile an einer belgischen Firma gehen.

    Es handelt sich um eine unübersichtliche Aufzählung an hohen Summen und Besitztümern. Sollten die Vorwürfe stimmen, hätte Becker gegen Auflagen verstoßen. Die zuständige Behörde führt nun strafrechtliche Ermittlungen gegen Becker. „Dieser Fall handelt davon, dass große Mengen an Geld versteckt wurden“, sagte die zuständige Anwältin.

     „Not guilty“ – 28 Mal sagt Becker diese beiden Wörter vor Gericht zu den insgesamt 28 Anklagepunkten – „nicht schuldig“. Er klingt höflich, Beobachter werden ihn im Anschluss „charmant wie immer“ nennen, auch wenn er aufgrund der Coronavirus-Situation hinter Glasscheiben steht. Den Vorwürfen hört er aufmerksam und mit starrem Blick zu. Die gläserne Kammer mitten im Raum soll ihn vor dem Virus schützen, doch sie hebt ihn auch wie auf einen Präsentierteller, auf dem er sich seiner Ansicht nach ungerechtfertigterweise befindet.

    „Er ist völlig unschuldig und beabsichtigt, sich zu gegebener Zeit vor Gericht zu verteidigen“, sagte Beckers Sprecher Aaron Stephans nach der Anhörung. Seine Seite der Geschichte sei noch nicht erzählt. Erst am 13. September nächsten Jahres soll in der britischen Hauptstadt der eigentliche Prozess beginnen.

    Beckers Reisepass haben die Anwälte

    Bis dahin muss Becker, wenn er verreisen will, das weiterhin zwei Tage vorher bei der Insolvenzbehörde anmelden. Zudem ist sein Reisepass bei Anwälten hinterlegt. Einen Antrag, diese Auflagen zu lockern, lehnte das Gericht ab. 2017 war der Deutsche von einem britischen Gericht für zahlungsunfähig erklärt worden. Eigentlich können Insolvenzverfahren in England bereits nach einem Jahr abgeschlossen werden. So viel zur Theorie.

    Aber die Behörden beschweren sich seit langem über zu viele Widersprüche in Beckers Fall. Deshalb wurden seine Auflagen bereits 2019 um zwölf Jahre verlängert – auch da wegen unvollständiger Angaben. Eine plausible Erklärung für all die Ungereimtheiten und Kartons voller Bankbelege und Beweisakten, die von der Behörde derzeit akribisch zusammengetragen werden, gab es auch am Donnerstag nicht.

    Vor dem Prozess machte Boris Becker ein Selfie

    Bereits am Morgen hatten sich knapp 30 Fotografen, Journalisten und Kameraleute vor dem an der Themse liegenden Gerichtsgebäude versammelt. Becker kam um halb zehn mit seinem Team im Taxi und ging beinahe stoisch an der Presse vorbei. Während er wartete, um durch die Sicherheitskontrolle zu gehen, machte er sogar ein Selfie.

    Auf Instagram veröffentlichte er kurz vor der Anhörung den Spruch: „What defines us is how well we rise after falling“ (etwa: Was uns definiert: Wie gut wir nach dem Stürzen wieder aufstehen). Fans erschienen keine vor Gericht, auch wenn Becker in Großbritannien ebenfalls nach wie vor zahlreiche Anhänger hat.

    Auf der Insel wird der dreimalige Wimbledonsieger nicht nur wegen seiner sportlichen Erfolge gefeiert, sondern dieser Tage vor allem aufgrund seiner Expertise als TV-Experte für die BBC geschätzt. Höflich, charmant, witzig und selbstironisch präsentiert sich Becker regelmäßig vor der Kamera.

    Lesen Sie dazu auch: Als Boris Becker die Tennis-Welt in Staunen versetzte 

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