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Porträt: Tobias Schlegl - vom Fernsehstar zum Flüchtlingsretter

Porträt

Tobias Schlegl - vom Fernsehstar zum Flüchtlingsretter

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    Tobias Schlegl, Musiker, Moderator, Autor sowie Notfallsanitäter, trägt bei einem Fototermin im Schanzenviertel anlässlich der Vorstellung seines  Buches «Schockraum» eine Rettungsdienstjacke.
    Tobias Schlegl, Musiker, Moderator, Autor sowie Notfallsanitäter, trägt bei einem Fototermin im Schanzenviertel anlässlich der Vorstellung seines Buches «Schockraum» eine Rettungsdienstjacke. Foto: Georg Wendt

    Wer die Karriere von Tobias Schlegl länger nicht verfolgt hat, war wohl von seinem jüngsten dramatischen Appell an Außenminister Heiko Maas überrascht: Das Schiff Sea-Eye 4 habe 400 Geflüchtete vor dem Ertrinken gerettet, darunter ein sechs Monate altes Baby.

    „Die Menschen sind erschöpft und seekrank. Wir brauchen einen sicheren Hafen. Handeln Sie.“, schrieb Schlegl auf Twitter. Wir? Ist der 44-Jährige nicht eigentlich Fernsehmoderator? Warum rettet er mit der Organisation Seawatch Menschen vor dem Ertrinken?

    Nach zwanzig Jahren will Tobias Schlegl nicht mehr moderieren

    Tatsächlich moderierte er bis 2016 mehrere Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, allen voran die Satiresendung Extra3 und das Kulturmagazin Aspekte. Damals war der gebürtige Kölner schon über zwei Jahrzehnte in dem Beruf, nachdem er mit 17 beim frischgegründeten Jugendsender Viva Sendungen präsentiert hatte. Doch ganz glücklich war er nicht. Er spürte "so ein Brummen im Kopf“, wie er vom Redaktionsnetzwerk Deutschlandzitiert wird. "Wenn man sein ganzes Leben lang interessante Leute vorstellt, fragt man sich schon, was man eigentlich selbst Wichtiges tut", erzählt er weiter.

    "Ich habe mir nicht vorstellen können, dass das das Einzige ist, was ich mache, bis ich umfalle.“, sagte er der TAZzum gleichen Thema. Auch sein politisches Engagement unter anderem beim kapitalismuskritischen Netzwerk Attac, habe ihm nicht mehr gereicht. Er habe etwas "gesellschaftlich relevanteres" machen wollen. Schlegl zog die Konsequenz und gab seine Jobs beim Fernsehen auf. Mit der neu gewonnenen Freizeit begann er eine Lehre zum Notfallsanitäter.

    Bühnenmensch Tobias Schlegl bereut den Berufswechsel zum Rettungssanitäter nicht

    Schlegl hat seine Ausbildung mittlerweile bestanden und geht weiterhin hauptberuflich auf Rettungstour. Der 44-Jährige hat es scheinbar bisher nicht bereut, den Job im Fernsehstudio gegen die anstrengende und schlechter bezahlte Arbeit im Krankenwagen getauscht zu haben. 

    Und das obwohl er ein Bühnenmensch ist: Schon mit 13 war er als Zauberkünstler auf Bühnen zu sehen. Mit 16 gründete er die Punkband „Eis am Stiel“. Später kam noch die Rockband "Audiosmog" hinzu, deren Cover des No-Angels-Songs "Daylight in your Eyes" neun Wochen lang in den deutschen Singlecharts war und bis auf Platz 36 klettern konnte. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

    Schlegls Plan B war ein Medizin-Studium - Jetzt ist er Notfallsanitäter

    Schon in seiner Jugend wollte er ins Gesundheitswesen. Eigentlich sei nach seinem Abitur ein Medizinstudium  vorgesehen gewesen um sich abzusichern falls die Karriere als Unterhalter nicht klappen würde. „Doch dann kam der Job bei Vivadazwischen und Notfallsanitäter ist die höchste nicht-ärztliche Qualifikation im medizinischen Bereich“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

    Auch im neuen Beruf konnte er das Schreiben und Moderieren nicht ganz bleiben lassen. 2020 erschien sein autobiographisch-geprägter Roman „Schockraum“. Seit Ende Januar interviewt er Kollegen für seinen persönlichen Podcast 2 Retter 1 Mikrofon. Auch in den sozialen Netzwerken setzt er sich für seine Kollegen und Kolleginnen ein und kritisiert häufig die herausfordernden Arbeitsbedingungen und die schlechte Bezahlung mit denen Rettungs- und Pflegekräfte seiner Meinung nach zu tun haben.

    Wie Tobias Schlegl auf Rettungsmission im Mittelmeer ging

    Anfang Mai verkündete Schlegl dann auf Twitter, dass er sich mit der Organisation Seawatch auf Rettungsmission für im Mittelmeer ertrinkende Geflüchtete begeben hatte.„Manchmal braucht es mehr als Worte. Es ist unerträglich, dass Menschen in Not im Mittelmeer ertrinken“, schrieb er.

    Ob sein Appell an Heiko Maas etwas gebracht hat, ist nicht verbürgt. Dennoch konnte die Sea-Eye 4 am Freitag in den sizialianischen Hafen Pozzallo einfahren und alle 400 Passagiere in Sicherheit bringen.

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