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Porträt: Der Aufdecker Günter Wallraff wird 80

Porträt

Der Aufdecker Günter Wallraff wird 80

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    Der Autor und Journalist Günter Wallraff ist 80 geworden.
    Der Autor und Journalist Günter Wallraff ist 80 geworden. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Das Urteil, das ein Oberstabsarzt 1964 über ihn fällte, hat Günter Wallraff dem militärhistorischen Museum überlassen. Als Soldat, heißt es darin, sei Schütze Wallraff wegen seiner pazifistischen Überzeugung verwendungsunfähig, selbst im Verteidigungsfall würde eine „abnorme Persönlichkeit“ wie er „nur als Versager auftreten.“

    Bekannt wird Wallraff, nachdem er sich bei der Bild einschleuste

    Es ist der erste größere Konflikt des gelernten Buchhändlers mit der Obrigkeit und durchaus stilbildend für vieles, was noch folgen soll. Weil er seinen Antrag als Kriegsdienstverweigerer damals zu spät gestellt hat, wird er eingezogen, wehrt sich dagegen und macht seinen Fall in einer Jugendzeitschrift öffentlich. Später drucken Gewerkschaftszeitungen erste Reportagen von ihm über die Zustände in deutschen Fabriken ab. Bundesweit bekannt aber wird Wallraff erst, als er 1977 unter falschem Namen in der Redaktion der Bild-Zeitung in Hannover zu arbeiten beginnt. „Der Mann, der bei Bild Hans Esser war“, heißt sein Bestseller über diese dreieinhalb Monate, in denen er unlautere Recherchen und üble Kampagnen bis hin zum Rufmord bei Deutschlands größter Zeitung aufdeckt.

    Er fühle sich Menschen nahe, die geächtet seien, sagt Wallraff über sich selbst. Als der Sänger Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert wird und nicht weiß, wo er hinsoll, nimmt er ihn bei sich in Köln auf. Und als der Schriftsteller Salman Rushdie von den Mullahs im Iran mit der Fatwa belegt wird, einem Todesurteil, schlüpft auch er vorübergehend bei Wallraff unter, der sogar eine Privatmaschine chartert, weil die Lufthansa Rushdie nicht transportieren will.

    Wallraff: Journalist und Aktivist

    Die Grenzen zwischen Journalismus und politischem Aktivismus verschwimmen dabei häufig. Mal recherchiert Wallraff wie ein Reporter für ein Buch, indem er sich als türkischer Gastarbeiter Ali Levent ausgibt und bei McDonalds und Thyssen verdingt. Mal kettet er sich als Aktivist aus Protest gegen die griechische Militärjunta an einen Lichtmasten in Athen und landet dafür sogar im Gefängnis. In Portugal schlüpft er für eine Enthüllungsgeschichte gar in die Rolle eines Waffenhändlers, der dem Ex-General Spinola helfen will, sich an die Macht zu putschen.

    Selbst gute Freunde wie sein Tischtennispartner Karl Lauterbach sind vor Wallraff, in dritter Ehe verheiratet und Vater von fünf Töchtern, nicht sicher. Neuerdings deckt er Missstände in Pflegeheimen auf – für die ist, unter anderem, der Gesundheitsminister verantwortlich.

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