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Polizeiruf-Kolumne: Der neue "Polizeiruf" mit Claudia Michelsen birgt Hexenschuss-Gefahr

Polizeiruf-Kolumne

Der neue "Polizeiruf" mit Claudia Michelsen birgt Hexenschuss-Gefahr

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    Der neue "Polizeiruf" mit Claudia Michelsen birgt Hexenschuss-Gefahr
    Der neue "Polizeiruf" mit Claudia Michelsen birgt Hexenschuss-Gefahr

    Jetzt fehlt nur noch, dass in der Adventszeit die Münchner "Tatort"-Ermittler Batic und Leitmayr mordenden Krampussen und Perchten im Berchtesgadener Land hinterherstiefeln, dann hätten wir die Sonntagabend-Mystery-Reihe im Ersten bald komplett. Vor vier Wochen Exorzismus im Wiener "Tatort", vor zwei Wochen Wahnvorstellungen in der Frankfurter Ausgabe, jetzt Hexenjagd im Magdeburger "Polizeiruf" – nun ist aber auch mal gut mit dem Stochern in dunklen Parallelwelten. Wer plant eigentlich im Ersten die Reihenfolge der Sonntagskrimis?

    Der Überbau von "Hexen brennen" (20.15 Uhr, ARD) hat ja seinen Reiz und ist gesellschaftspolitisch relevant. Die Geschichte handelt von den verbohrten Männern einer Kleinstadt im Harz, die das Weltbild der fünfziger Jahre vor sich hertragen, und ihren Frauen, die sich das nicht mehr bieten lassen wollen und ein Ventil für ihren Kummer suchen. Das finden sie eben in Hexenritualen und lassen damit ihre schlechteren Hälften am Stammtisch noch älter aussehen, als diese eh schon sind.

    Dieser "Polizeiruf" ist voller nerviger Brachialmystik

    Kernproblem ist die grausam klischeehafte Umsetzung der Story. Allerorten wabert Nebel, flattern schwarze Vögel, heulen Katzen, murmeln Stimmen, und natürlich ist es gefühlt immer Nacht. Eine nervige Brachialmystik, in deren Schatten die Figuren entsprechend überzeichnet, ja schrullig daherkommen. Wo, um Himmels Willen, ist die wie immer großartige Claudia Michelsen in der Rolle der Hauptkommissarin Doreen Brasch da hineingeraten?

    Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) in der neuen "Polizeiruf"-Folge.
    Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) in der neuen "Polizeiruf"-Folge. Foto: Conny Klein, dpa

    In dem ebenso hübschen wie biederen Örtchen wird nach einem Halloween-Fest eine Frau tot aufgefunden. Vielmehr das, was von ihr übrig geblieben ist. Das Opfer wurde erst nach dem Vorbild der mittelalterlichen Inquisition gefoltert und dann verbrannt – quasi auf dem Scheiterhaufen. Wie immer die Frage: Wer war's? Bruder Reiko (Pit Bukowski), weil sie das familieneigene Hotel übernehmen sollte, er dagegen unter der Knute der Mutter steht und in der Küche ausgerechnet "Hexensuppe" kochen muss? Paul Kopp (Helgi Schmid), der einen Laden für Hexen-Zubehör führt und einst ein Verhältnis mit der Toten hatte? Dessen Vater? Der Dorfdoktor?

    Die Kommissarin erinnert an Lena Odenthal im letzten Ludwigshafen-"Tatort"

    Brasch ist innerlich zerrissen zwischen der Notwendigkeit, professionell ihren Job zu machen, und der persönlichen Betroffenheit als Frau (siehe Lena Odenthal im letzten Ludwigshafen-"Tatort") – erst recht, als eine zweite "Hexe" auf ähnliche Weise stirbt. Mutterseelenallein ermittelt sich die Kommissarin durch die Fachwerkhaus-Reihen, während Kollege Uwe Lemp (Felix Vörtler) erst durch Abwesenheit glänzt und dann mit der verbohrten Männerbande einen heben geht. Und dann tauchen auch noch ständig zwei engelsgleiche Mädchen auf, als wären sie Braschs brave Helferlein.

    Nun ist aber wirklich gut.

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