Aschermittwoch hat nicht nur eine religiöse Note, sondern auch eine politische. Denn jedes Jahr bieten sich Politikerinnen und Politiker einen verbalen Schlagabtausch.
Dabei geht es vor allem um die Polemik: Statt mit dem üblichen Politiker-Sprech wird an diesem Tag auf einen eher umgangssprachlichen Ton gesetzt und dabei werden gerne andere Parteien attackiert. Währenddessen schauen Besucherinnen und Besucher dabei zu und trinken Bier. So zumindest die Tradition. Doch warum gibt es den politischen Aschermittwoch überhaupt?
Politischer Aschermittwoch: Ursprung auf dem Viehmarkt
Die Ursprünge des politischen Aschermittwochs gehen laut dem Historischen Lexikon Bayerns auf das Jahr 1988 zurück. Damals hielt der Bezirksbienenzüchterverein Vilshofen eine Generalversammlung ab, die am Rande des Viehmarktes stattfand.
Dieser war eine Art Forum für politische Kundgebungen und Versammlungen. Denn neben den Landwirten, die sich dort trafen, kamen auch viele Besucherinnen und Besucher zum Viehmarkt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Besucherzahlen jedoch geringer und die politischen Versammlungen wurden dort nicht mehr abgehalten.
Geschichte: Warum gibt es den politischen Aschermittwoch?
Am 5. März 1919 fand laut dem Historischen Lexikon Bayerns dann der erste politische Aschermittwoch statt. Damals lud der Bayerische Bauernbund zur Volksversammlung ein, nach dem es am Vormittag bereits eine "Vertrautenmännerversammlung" gab.
1927 wurde erst wieder eine politische Versammlung am Aschermittwoch einberufen. Diesmal vom Christlichen Bauernverein, der den radikalen Bayerischen Bauernbund verdrängen wollte. Ein Jahr später gab es dann die "Aufklärungsversammlung" vom Bauern- und Mittelstandsbund. Danach übernahm wieder der Christliche Bauernverein das Ruder.
Ein paar Jahre später, 1932, gab es erstmals mehr als nur eine politische Kundgebung am Aschermittwoch. Die Bayerische Volkspartei hielt neben dem Christlichen Bauernverein ebenfalls eine Versammlung ab. Im darauffolgenden Jahr kamen auch die KPD und die NSDAP mit ins Boot. Besonders letztere Partei war sehr erfolgreich, was die Besucherzahlen anging.
Nach der Gleichschaltung gab es in den darauffolgenden Jahren nur noch die Kundgebungen der NSDAP am politischen Aschermittwoch in Vilshofen. Und durch die Wochenschau-Berichterstattung wurde der politische Aschermittwoch im ganzen Reich bekannt.
Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs – also bis 1945 – fanden daraufhin keine politischen Versammlungen mehr am Aschermittwoch statt. Ein Jahr nach Kriegsende lud der Bayerische Bauernverband jedoch wieder zu einem "unpolitischen Treffen" ein. Denn für eine politische Kundgebung brauchte es damals noch die Erlaubnis der US-Militärregierung.
Im Jahr 1947 fiel die Kundgebung wieder aus. Doch ab 1948 wurden die Versammlungen wieder aufgenommen.
In den 50er- und 60er-Jahren wurde der politische Aschermittwoch dann vor allem durch den Schlagabtausch zwischen der CSU und der Bayernpartei geprägt. Denn beide Parteien wollten christlich-konservative Wählerinnen und Wähler ansprechen.
Während die Bayernpartei sich dann auf eine bayernzentrierte und föderarlistisch-separatistische Parteiausrichtung fokussierte, wählte die CSU eine förderalistisch-bundesstaatliche Politik. Lange Zeit konnte die Bayernpartei jedoch die größeren Besucherzahlen aufweisen.
Mit Franz Josef Strauß konnte die CSU 1953 dann jedoch mehr Besucherinnen gewinnen. Denn Strauß galt als sehr wortgewandter Kundgebungsredner. Das Rededuell zwischen Josef Baumgartner (Bayernpartei) und Franz Josef Strauß machte den politischen Aschermittwoch bei den Zuhörerinnen und Zuhörern erfolgreich. Mit Spionen bei den jeweiligen Kundgebungen, versuchten die Parteien einander abzuhören. Noch während den Versammlungen wurde Bericht erstattet, wodurch die Redner noch vor Ort auf die gegenseitigen Angriffe reagieren konnten.
Wirklich brisant wurde es dann bei der Spielbankenaffäre, die die Niederlage der Bayernpartei und damit den Sieg der CSU zur Folge hatte.
Politischer Aschermittwoch: Warum ist er politisch?
Die eben beschriebene Entwicklung der einstigen Volksversammlung in Vilshofen führte also zum heutigen politischen Aschermittwoch. Als die CSU dann 1975 auch noch Vilshofen für ihre Kundgebung verließ, um nach Passau in die Niebelungenhalle zu wechseln, wurde die lokale Tradition gebrochen.
Heute hat der politische Aschermittwoch vor allem die Funktion einer Art Forum. Heutzutage machen meist die großen Parteien eigene Veranstaltungen am Aschermittwoch. Diese sind dann jedoch häufig in Lokal- und Regionalverbänden und weniger auf bundespolitischer Ebene.