Pflegebedürftige Menschen sind in der Regel auf die Unterstützung von Angehörigen, Pflegekräften oder anderen Pflegepersonen angewiesen. In diesem Zusammenhang werden laut dem Forum Fachverlag immer wieder auch freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Pflege eingesetzt. Diese widersprechen meist dem Willen der pflegebedürftigen Person und sind daher rechtlich streng geregelt.
Den Qualitätsberichten des Medizinischen Dienstes zufolge kommen freiheitsentziehende Maßnahmen immer weniger zum Einsatz. Zwischen 2008 und 2010 waren etwa 20 Prozent der Pflegebedürftigen betroffen. Im Jahr 2019 waren es nur noch 5,6 Prozent. Besonders häufig von solchen Maßnahmen betroffen sind laut dem Forum Verlag Menschen mit Demenz, da diese oftmals einen erhöhten Bewegungsdran hätten, aggressiv seien oder Gefahren nicht mehr realistisch einordnen könnten. Doch was sind freiheitsentziehende Maßnahmen eigentlich genau? Wann dürfen sie eingesetzt werden und welche Alternativen gibt es?
Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege?
Von freiheitsentziehenden Maßnahmen wird laut dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (STMGP) gesprochen, wenn ein pflegebedürftiger Mensch gegen seinen Willen in seiner Bewegung eingeschränkt wird. Das kann ganz einfach das Feststellen der Rollstuhlbremsen bedeuten, aber auch extremere Maßnahmen wie etwa die körpernahe Fixierung fallen unter den Begriff. So werden dem Ministerium zufolge "bis zu zehn Prozent der Bewohner in deutschen Pflegeheimen täglich körpernah fixiert". Das geschehe allerdings nicht in böser Absicht, sondern beispielsweise um Stürze zu vermeiden oder "aus schierer Überforderung".
Dem Gesetz nach handelt es sich um eine freiheitsentziehende Maßnahme, wenn "die Bewegungsfreiheit einer Person ohne ihre Zustimmung eingeschränkt wird". Zum Beispiel kann das dem STMGP zufolge auf folgende Maßnahmen zutreffen:
- Bettgitter hochziehen
- Fixierung durch Bauchgurte oder Beckengurte
- Fixierung durch Hand- und Fußgurte
- Feststellen der Rollstuhlbremse
- Wegstellen der Hausschuhe
- Verschließen von Türen
- Gabe ruhigstellender Medikamente
Laut dem Forum Verlag gilt: Kann die pflegebedürftige Person ihrem natürlichen Bewegungsdrang aufgrund der Maßnahme nicht mehr nachkommen, handelt es sich um eine freiheitsentziehende Maßnahme.
Bei regelmäßigem und dauerhaftem Einsatz solcher Maßnahmen kann es laut dem STMGP sowie dem Forum Verlag zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei betroffenen pflegebedürftigen Personen kommen. So würden Hautabschürfungen, Hämatome, Druckgeschwüre und Knochenbrüche, Stress, Angst, Panik und geistiger Abbau durch Immobilisation sowie im schlimmsten Fall der Tod zu den Folgen und Gefahren von freiheitsentziehenden Maßnahmen zählen. Zudem können sie Gewalt in der Pflege fördern.
Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege: Wann dürfen sie eingesetzt werden?
Freiheitsentziehende Maßnahmen dürfen laut dem Forum Verlag nur zum Einsatz kommen, wenn Gefahren für die pflegebedürftige Person oder Dritte bestehen, die sich nicht anders abwenden lassen. Zudem dürfen solche Maßnahmen dem STMGP zufolge nur durchgeführt werden, wenn die Betroffenen diesen selbst schriftlich zugestimmt haben. Sind pflegebedürftige Personen selbst nicht einwilligungsfähig, muss eine richterliche Genehmigung durch Betreuer oder Bevollmächtigte beim Betreuungsgericht eingeholt werden. Wird eine freiheitsentziehende Maßnahme durchgeführt, darf diese zudem laut dem Forum Verlag "nicht länger als absolut notwendig angewendet werden".
Laut dem STMGP gibt es nur wenige Situationen, in denen freiheitsentziehende Maßnahmen durchgeführt werden sollten, nämlich:
- hohes Verletzungsrisiko durch einen Sturz
- Gesundheitsgefahr - beispielsweise durch die Entfernung von Infusionen
- aggressives Verhalten, das die pflegebedürftige Person selbst oder andere gefährdet
- starke Unruhe, die die Gesundheit gefährdet
Welche Alternativen gibt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege?
In Bezug auf freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die Kampagne "Eure Sorge fesselt mich" gestartet und will damit Angehörige pflegebedürftiger Personen sowie Pflegepersonal sensibilisieren und stellt Alternativen vor:
- bauliche oder technische Maßnahmen, die Sturzfallen oder andere Gefahren beseitigen
- feste Strukturen im Tagesablauf für Orientierung und Sicherheit
- Biografiearbeit um Ursachen von Auffälligkeiten wie Unruhe aufzudecken
- Nachtcafés und persönliche Betreuung bei Unruhe
Dem STMGP zufolge steht in der modernen Pflege nicht mehr die Prävention beispielsweise von Stürzen im Vordergrund, sondern Fragen wie diese: "Wie stärke ich den Menschen, damit er nicht hinfällt oder sich im Falle eines Sturzes nicht schwer verletzt?" und "Wie gestalte ich seine Umgebung möglichst sicher?" sowie "Wie kann ich ihm helfen, seinen Bewegungsdrang mit positivem Effekt auszuleben?".