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Parfüms: Welcher Duft war populär und gut?

Parfüm

So rochen die Pharaonen und Napoleon Bonaparte

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    Die Osmothèque in Versailles bewahrt rund 6000 Düfte aus aller Welt.
    Die Osmothèque in Versailles bewahrt rund 6000 Düfte aus aller Welt. Foto: Osmothèque

    Der Mann, der sich einst selbst zum Kaiser der Franzosen krönte und durch kühne Schlachten weite Teile Europas unterwarf, bevor er schließlich ins Exil verbannt wurde, roch im Alltag eher banal. Napoleon Bonaparte trug, wie man heute weiß, ein wenig extravagantes Allerwelts-Parfüm. „Er benutzte ein Kölnisch Wasser mit Anleihen von Zitrusfrüchten wie ein braver Familienvater“, sagt Anne-Cécile Pouant schmunzelnd. Die Direktorin der Osmothèque in Versailles hält ein Exemplar vom „Eau de Cologne Napoléon“ in der Hand, nachempfunden auf Basis der historischen Formel. Es ist das einzige Parfüm, das hier verkauft wird.

    Zwar stehen in den mit elegantem Kirschholz ausgestatteten Räumlichkeiten Vitrinen, in denen Flakons verschiedenster Größen und Formen ausgestellt sind. Und doch handelt es sich bei der Osmothèque weder um ein Geschäft noch um ein Museum. Sie ist eine Art Archiv oder Bibliothek der Parfüms, eine weltweit einmalige Einrichtung. Fast 6000 Düfte, teils sehr alte und zwischenzeitlich verschwundene, werden hier gelagert oder mit wissenschaftlicher Präzision rekonstruiert. Finanziert wird die Einrichtung von Mäzenen, der größte ist Chanel, sowie durch die Organisation von Workshops und Konferenzen. Drei Missionen werden verfolgt, zählt Pouant auf: das Sammeln, um die Erinnerung vor allem an alte Parfüms aufrechtzuerhalten, das Übermitteln ihrer Geschichte und die Forschung, um das Wissen über sie voranzubringen.

    Das älteste Parfüm stammt aus dem 1. Jahrhundert

    Eine Gruppe französischer Parfümeuren gründete vor fast 35 Jahren die Osmothèque. „Sie wollten die Düfte an einem festen Ort lagern, um sie zu klassifizieren“, erzählt die Direktorin. Das älteste vorhandene Parfüm trug der König des Partherreichs, dem heutigen Iran, im 1. Jahrhundert nach Christus.

    Die Formeln lagern streng verschlossen in einem Banksafe und geben Aufschluss über die Düfte der ägyptischen Pharaonen, des Mittelalters, der Renaissance und des französischen Königshofs bis hin zum „goldenen Zeitalter der modernen Parfümerie“ zwischen 1889 und den 1950er Jahren, als Marken wie Guerlain, Jean Patou oder Chanel aufkamen.

    Thomas Fontaine ist Präsident der Osmothèque und selbst Parfümeur.
    Thomas Fontaine ist Präsident der Osmothèque und selbst Parfümeur. Foto: Birgit Holzer

    Geschmäcker seien kulturell geprägt, sagt Thomas Fontaine, Präsident der Osmothèque und selbst Parfümeur. „In den USA muss es sauber riechen, da werden animalische Noten viel weniger akzeptiert als in Frankreich.“ Zugleich lebte die Branche stets von der Globalisierung. „Die Verwendung exotischer Noten aus anderen Teilen der Welt macht den Reichtum unserer Arbeit mit aus“, betont Fontaine. „Ohne Entdecker von Marco Polo bis Kolumbus wäre die Parfümerie nicht, was sie heute ist.“ Diese erlaubt der Nase eine Weltreise. Und im Fall der Osmothèque auch eine Zeitreise.

    Deren Schätze werden hinter abgedunkelten Glasscheiben gelagert. Die Temperatur im Inneren der Schränke liegt konstant bei zwölf Grad, die Behälter sind fest verschlossen. „Ein Parfüm fürchtet in erster Linie die Oxidierung. Deshalb müssen Sauerstoff, Hitze und Licht, die diese stimulieren, ferngehalten werden“, erklärt Fontaine, während er eine der beschrifteten Schubladen aufzieht, ein Fläschchen ergreift und öffnet. Ein holzig-würziger Geruch strömt heraus: Moschus. Gewonnen wird er aus dem Moschusbeutel des männlichen Moschustiers, das früher dafür getötet wurde, heute aber geschützt ist. Sollte irgendwann der Vorrat aufgebraucht sein, wird auf künstlich hergestellten Moschus zurückgegriffen.

    Fontaine sieht sein Metier nicht nur vom schleichenden Verlust mancher natürlicher Zutaten bedroht. Eine echte Gefahr gehe von einer Anti-Parfüm-Bewegung aus, die etliche Inhaltsstoffe auf europäischer Ebene zu verbieten versuche, seit ein dänischer Dermatologe bei einer Patientin eine allergische Hautreaktion festgestellt hatte. „Die Liste mit Molekülen, die die EU verbieten will, wird immer länger, zuerst waren es 26, jetzt sind es 90 – geht das so weiter, können wir irgendwann unsere Arbeit nicht mehr machen“, warnt Fontaine. In der Diskussion stehe etwa ein Molekül, das im Estragon und im Basilikum auftrete. „Gegessen werden darf beides – aber Parfüms, die nur auf der Haut bleiben, müssen ohne das Molekül auskommen?“ So setzt er sich dafür ein, dass nicht nur die Geschichte und die Vergangenheit der Düfte weitergetragen wird – sie sollen auch eine Zukunft haben. Das Parfüm sei mehr als ein Verkaufsprodukt, es sei ein kulturelles Erbe, das von der Menschheit und von Menschen erzähle; von Napoleon und so vielen anderen.

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