Dieser „Tatort“ hat mal wieder alles, was einen „Tatort“-Kritiker zur Verzweiflung bringt: keine Spannung, keine schlüssig erzählte Geschichte, keine Figuren, die einen wirklich mitfühlen ließen. Dafür gibt es am Ende einen erhobenen Zeigefinger, und was für einen! Es ist ein Jammer – und jammerschade für Axel Milberg, der in „Borowski und das ewige Meer“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) einen seiner letzten „Tatort“-Auftritte hat. 2025 ist für ihn Schluss, nach mehr als 20 Jahren.
Dabei beginnt die Folge geheimnisvoll, rätselhaft, wie ein Märchen. Mit poetischen Bildern des Meeres und poetischen Zeilen, die über sie gelegt werden, eingesprochen von einer weiblichen Stimme: „Eines Nachts starb das Meer“. Bereits hier aber, Sekunde 46, schwant dem „Tatort“-Kritiker Böses. Dieser Borowski-„Tatort“ würde doch nicht etwa eine pädagogisch besonders wertvolle Fridays-for-Future-Letzte-Generation-Moralpredigt werden? Doch, würde er. Zu hellblaugrau-stichigen Bildern von einer Küste und Küstengräsern im Wind sagt die Stimme: „Der Fischer ging hinunter zur geschändeten Küste.“ Das also ist das eine Problem-Mega-Thema, das in diesem „Tatort“ verhandelt wird. Das zweite kommt alsbald hinzu: die Gefahren der digitalen Welt, von künstlicher Intelligenz (KI).
Und am Ende dieser „Tatort“-Folge kommt auch noch der erhobene pädagogische Zeigefinger
Ganz schön ambitioniert und, wie sich zeigt, ganz schön platt. So platt wie die Ostsee bei Windstille. An deren Küste finden gleich mehrere junge Umweltaktivistinnen und -aktivisten den Tod. Alle hatten sie K.-o.-Tropfen im Blut, alle standen sie in Kontakt mit der mysteriösen Influencerin Zenaida (Milena Tscharntke). Auch Leonie Mewes (Johanna Götting), die – natürlich – an Greta Thunberg erinnert. Irgendwann erklärt sie: „Bin ich weg, gibt‘s eine CO₂-Schleuder weniger.“ Das mit „letzter Generation“ ist wörtlich gemeint.
Daraus ließe sich im Grunde einiges machen. Stattdessen recyceln Katharina Adler und Rudi Gaul (Drehbuch) für ihr Öko-Rührstück zum x-ten Mal und dieses Mal besonders unoriginell Motive aus „2001: Odyssee im Weltraum“. In dem Kultfilm von 1968 hatte Stanley Kubrick ja anhand des künstlich hochintelligenten Supercomputersystems HAL 9000 vorgeführt, wie tödlich Technologie sein kann. In der Kieler Version von 2024 nimmt es Klaus Borowski mit ihr auf. Menschen und Maschinen: Fast todesmutig traute er sich zuvor schon, mit dem Aufzug zu fahren.
Es ist immer ein Zeichen für eine schwache Geschichte (und davon gab es bei den Borowski-Krimis einige), wenn ihre Macherinnen und Macher das Gefühl haben, sie kommentieren zu müssen. Wenn sie offenkundig meinen, dem Publikum noch etwas an die Hand geben zu müssen. So endet dieser „Tatort“ tatsächlich mit einer Moralpredigt, die die Programmiererin Sofia Hoffmann (Pauline Fusban) in ein Video an ihre Follower packt – das sehr lange zwei Minuten Sendezeit beansprucht: „Ihr alle da draußen, bitte erstarrt nicht vor Wut und Angst“, plattitüdet sie. Eingeblendet wird dazu ein am Strand Müll sammelnder Borowski. Der gute Mensch von Kiel. „Die Möglichkeit, die Welt zu gestalten – sie liegt bei mir und sie liegt bei dir“, sagt Sofia. Und endlich kommt der Abspann.
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