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Nostalgie: Aber Holla! - Holunder wieder voll im Trend

Nostalgie

Aber Holla! - Holunder wieder voll im Trend

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    Aber Holla! - Holunder wieder voll im Trend
    Aber Holla! - Holunder wieder voll im Trend

    Nur die Tragetaschen sind nicht selbst gemacht. Die großen blauen Plastikbeutel, in denen Simone Miller und Tina Naumovic die wild wachsenden weißen Holunderblüten sammeln, stammen von einem großen schwedischen Einrichtungshaus. Sie sind aber ideal, um die handgepflückten Dolden zu tausenden aus den schwäbischen Wäldern und von den Wiesen nach Hause zu tragen, wo sie in Edelstahltanks mit nicht mehr als Wasser, Zucker und Zitronensäure zu Sirup verarbeitet werden.

    Restauratorinnen suchten Nebeneinnahme

    Zwei Wochen lang waren die beiden gerade mit den blauen Taschen und auf Fahrrädern im Landkreis Günzburg unterwegs, wo sie die gelb-milchige Flüssigkeit auf dem Grundstück von Simone Millers Eltern in Oberwaldbach herstellen, einem Ortsteil der Gemeinde Burtenbach. Der Winter hatte den Holunder bis in den Juni hinein klein gehalten, dann aber blühte er auf – und wie: „Extrem schön und ertragreich“, sagt Simone Miller – auch wenn die Saison dieses Jahr eben nur zwei statt sonst drei bis vier Wochen lang war.

    Das sind Streuobstwiesen

    Auf Streuobstwiesen stehen verschiedene Obstbäume wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen oder gar Walnüsse verstreut.

    Wegen ihrer Artenvielfalt tragen sie zum Erhalt der genetischen Vielfalt für Tiere und Pflanzen bei.

    Die Nährstoffknappheit durch die fehlende Düngung und seltene Mahd bewirken, dass keine Pflanzenart überhand nehmen kann.

    Mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten leben auf Streuobstwiesen.

    Sie sind Lebensraum vieler vom Aussterben bedrohter Vogel-, Käfer- und Schmetterlingsarten und bieten ihnen Nahrung, Nist- und Rastplatz.

    Baumhöhlen sind für Insektenarten sowie für Höhlenbrüter (Steinkauz, Wendehals, Grün- und Buntspecht) ein selten gewordener Lebensraum.

    Auch Baumschläfer, Siebenschläfer, Haselmaus und Fledermäuse nutzen die alten Bäume als Quartier.

    Streuobstbestände liefern als Windbremse und Schattenspender einen Beitrag zum Klimaausgleich.

    Die Wiesen gelten als Arche Noah für alte Obstsorten.

    Die Hölzer der Streuobstbäume sind für den Möbelbau und auch zum Bau von Musikinstrumenten gesucht.

    Seit 2004 gibt es die kleine Manufaktur der beiden Wahl-Münchnerinnen. Damals hatten sie gerade ihr Diplom in Restaurierung gemacht. Es war Mai und die Frage drängte, wie sie neben der freiberuflichen Arbeit als Restauratorinnen Geld verdienen könnten. Weil der Holunder blühte und Tina Naumovic ein altes Rezept besaß, probierten sie das Herstellen von Sirup aus und meldeten ein Gewerbe an.

    Münchner Gasthaus erster Kunde für "Holla!"

    Erster Kunde für ihr Produkt „Holla!“ war das japanisch-bayerische Gasthaus Nomiya in München, andere Cafés und Restaurants kamen dazu. Holunderblütensirup als Schorle oder zusammen mit Prosecco, Weißwein und Wasser war damals noch etwas Neues, handgemachte, regionale Produkte aber schon im Aufwind. Spätestens seit sich Hugo, ein Getränk aus Prosecco, Holunderblüten-Sirup, Minze, Limette und Mineralwasser, in den Bars breitgemacht hat, ist Holunder in aller Munde – und die Nachfrage nach „Holla!“ steigt.

    Mittlerweile ist die Manufaktur während der Holundersaison zwei Wochen lang ein Vollzeitjob. Vom Sammeln, über das Ansetzen des Sirups, Abfüllen und Etikettieren der braunen Bügelflaschen passiert alles im Zwei-Frau-Betrieb. 3000 Flaschen à 0,5 Liter haben Simone Miller, 36, und Tina Naumovic, 39, dieses Jahr für neun Abnehmer in der Gastronomie produziert.

    Dazu kommen 2000 Dreiviertelliter-Flaschen für Manufactum, ein Einzelhandelsunternehmen, das hochwertige, zum Teil handgemachte Produkte in Läden und übers Internet vertreibt. Seit 2012 gibt es die Zusammenarbeit mit

    Was Frau Holle mit Holunderblütensirup zu tun hat

    Für die beiden Frauen ist Holunder mehr als ein Nebenverdienst. Die Arbeit mit den Händen ist ein Ausgleich zum Bürojob in Behörden und Museen. Außerdem freuen sie sich, dass diese uralte heimische (Heil-)Pflanze vom Rande der Wälder wieder stärker ins Bewusstsein rückt.

    „Früher gehörte Holunder als Küchle, Sirup, Gelee fest zum Speiseplan der Menschen“, sagt Simone Miller. Außerdem galt Holunder einmal als heilig, die Germanen glaubten, dass die Göttin Holla, die der Pflanze und übrigens auch Frau Holle aus dem Märchen ihren Namen gab, in den Sträuchern und Bäumen wohnte. „Mein Vater erinnert sich noch daran, dass die Leute früher ihren Hut zogen, wenn sie am Holunder vorbei gingen.“

    Ingwer, eine tolle Knolle. Sie wirkt durch die vielen ätherischen Öle entzündungshemmend, vor allem bei Erkältungen und rheumatischen Beschwerden. Häufig wird Ingwer als Magenmittel eingesetzt. Zudem beseitigt er Stoffwechselstörungen und sorgt so für ein gutes Körpergefühl
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    Ingwer, Holunder, Brennnessel: Viele alltägliche Lebensmittel haben heilende Kräfte. Hätten Sie es gewusst?

    Noch etwas sagt man dem wilden Holunder nach: Dass er sich zu den Menschen gesellt, also gern in deren Nähe wächst. Wurde also höchste Zeit, dass der Mensch dem Holunder wieder ein Stückchen näher rückt.

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