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Nordrhein-Westfalen: Haftbefehl erlassen: Mutter soll fünf Kinder erstickt haben

Nordrhein-Westfalen

Haftbefehl erlassen: Mutter soll fünf Kinder erstickt haben

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    Siegel der Polizei hängen an einer Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus, davor stehen ein Kinderwagen, ein Kinderrad und ein Schuhregal. Eine 27 Jahre alte Mutter soll hier fünf Kinder umgebracht haben.
    Siegel der Polizei hängen an einer Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus, davor stehen ein Kinderwagen, ein Kinderrad und ein Schuhregal. Eine 27 Jahre alte Mutter soll hier fünf Kinder umgebracht haben. Foto: Marcel Kusch/dpa

    Eine Mutter aus Solingen soll fünf ihrer sechs Kinder getötet haben. Die Kinder wurden am Donnerstag in ihren Kinderbetten liegend in einer Wohnung in der Stadt im Bergischen Land gefunden, wie die Polizei in Wuppertal der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Die tatverdächtige 27-jährige Mutter hatte sich später laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Düsseldorfer Hauptbahnhof vor einen Zug geworfen und schwer verletzt überlebt. Die Mutter begleitet hatte zunächst ein weiteres Kind (11), das wohlauf sei. Die toten Kinder seien acht, sechs, drei und zwei Jahre beziehungsweise ein Jahr alt gewesen. Keiner der drei Väter der insgesamt sechs Kinder sei tatverdächtig.

    Mutter tötete wohl fünf Kinder - nur ein Elfjähriger überlebt

    Nach dem Verbrechen von Solingen rückt die Aufklärung in den Mittelpunkt. Die Ermittler wollen nach dem Fund der Opfer Nachbarn befragen. Derweil ermittelt auch eine Mordkommission. Die Todesursache der Kinder werde im Rahmen der Ermittlungen und einer Obduktion geklärt, teilte die Polizei mit. Die getöteten Kinder sind drei Mädchen im Alter von 18 Monaten, zwei und drei Jahren sowie zwei Jungen im Alter von sechs und acht Jahren. Sie seien zwischen Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag getötet worden, sagte Maierhofer.

    Ein elfjähriger Junge, der als einziger der sechs Geschwister überlebte, sei womöglich nur verschont worden, weil er zum Zeitpunkt der Tat in der Schule war, sagte der Leiter der Mordkommission. Die Vermutung sei aber noch nicht gesichert. Der Junge habe noch nicht befragt werden können.

    Der Tatort liegt im Solinger Stadtteil Hasseldelle. Die Leichen wurden in einem Mehrfamilienhaus entdeckt. Die Großmutter, die im 60 Kilometer entfernten Mönchengladbach lebt, habe die Polizei kurz vor 14 Uhr informiert, teilten die Einsatzkräfte mit. Kurz zuvor habe sie noch Kontakt mit ihrer Tochter gehabt. Die Frau habe die Tat ihrer Mutter in einem Whatsapp-Chat gestanden. Der überlebende Elfjährige teilte laut Polizei in einem schulischen Gruppenchat kurz nach der Tötung der Kinder mit, dass alle seine Geschwister tot seien. Zu dem Zeitpunkt sei er von den Einsatzkräften noch nicht ausfindig gemacht worden.

    Die Ermittler haben "keine Anzeichen auf scharfe oder stumpfe Gewalt am Tatort entdeckt". Das berichtete der Leiter der Mordkommission, Marcel Maierhofer, am Freitag in Solingen. Als Grund für die Tat werde die zerrüttete Beziehung vermutet. Es sei davon auszugehen, dass die 27-jährige Mutter "die Tat in einem Zustand emotionaler Überforderung begangen" habe.

    Am Donnerstagabend hatten sich viele Menschen vor dem Mehrfamilienhaus versammelt, in dem immer noch Ermittler waren. Nachbarn hatten Kerzen aufgestellt, Blumen und ein Kuscheltier als Zeichen der Trauer abgelegt. Gegen Mitternacht waren die Leichen der Kinder abtransportiert worden. In der Nacht war vor dem Wohnhaus Stille eingekehrt. Am frühen Freitagmorgen waren kaum noch Menschen vor Ort. Die Polizei baute die Absperrungen um das Haus in Solingen-Hasseldelle zurück.

    Ein Teddybär und eine Kerze vor dem Wohnhaus in Solingen.
    Ein Teddybär und eine Kerze vor dem Wohnhaus in Solingen. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Solingen: Tatverdächtige Mutter stürzte sich vor eine S-Bahn

    Die tatverdächtige Mutter sei am Donnerstagmittag mit ihrem elfjährigen Sohn zum Düsseldorfer Hauptbahnhof gefahren, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Von dort aus sei der Junge allein mit einem anderen Zug Richtung Mönchengladbach zur Großmutter weitergefahren. Die 27-Jährige warf sich den Angaben der Ermittler zufolge um 13.47 Uhr vor eine S-Bahn der Linie 1. Laut einem Feuerwehrsprecher wurde die Frau zwischen zwei Gleisbetten geborgen und in ein Krankenhaus gebracht. Sie erlitt schwere, aber nicht lebensgefährliche innere Verletzungen. Die Frau ist laut Polizei Deutsche. Gegen 14 Uhr fanden die Einsatzkräfte die Leichen der fünf Kinder.

    Der elfjährige Sohn, der überlebt hat, befinde sich inzwischen "im sicheren Familienumfeld". Die Polizei hat inzwischen Kontakt zum Vater. Weitere Informationen, auch zum Gesundheitszustand der Mutter, gab die Polizei am Freitag bis zum Mittag nicht bekannt.

    In Solingen sind in einem Haus mehrere tote Kinder gefunden worden.
    In Solingen sind in einem Haus mehrere tote Kinder gefunden worden. Foto: Gianni Gattus, dpa

    "Wir nehmen eine Straftat an und werden die Mutter dazu befragen müssen, im Moment ist sie aber noch nicht vernehmungsfähig", sagte Polizeisprecher Stefan Weiand in Solingen. Die Ermittler haben Haftbefehl gegen die Mutter beantragt. Der Vorwurf laute auf Mord in fünf Fällen, sagte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Freitag in Solingen. Die fünf tot gefundenen Kinder sind den Ermittlern zufolge vermutlich erstickt. Es gebe auch Hinweise, dass sie sediert worden seien, sagte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt am Freitag in Solingen, ohne Details zu nennen. Das habe die Obduktion der Leichen ergeben.

    Politiker versammeln sich zu Trauerminute für die fünf toten Kinder

    Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) war nach einem Besuch am Tatort sichtlich schockiert. "Heute ist ein Tag, an dem wir in Solingen sehr traurig sind, weil eine Tat geschehen ist, die uns tief ins Herz getroffen hat", sagte Kurzbach gegenüber Journalisten vor Ort. Am Abend fanden sich Kurzbach und weitere Politiker verschiedener Parteien schweigend zu einer Trauerminute ein.

    Solingen liegt im Bergischen Land, rund 25 Kilometer von Düsseldorf entfernt. Der für Solingen zuständige Wuppertaler Polizeipräsident Markus Röhrl sagte vor Ort der dpa: "Das ist eine erschütternde Dimension." Seines Wissens sei "bei uns im Bergischen noch nie zuvor je so etwas vorgekommen".

    Experte vermutet Hilf- und Perspektivlosigkeit der Mutter

    Auch Landesinnenminister Reul zeigte sich erschüttert: "Das Familiendrama von Solingen erfüllt mich mit großer Trauer und im Moment bin ich mit meinen Gedanken und mit meinem Gebet bei fünf kleinen Kindern, die so furchtbar früh aus dem Leben gerissen wurden."

    Der Fall deutet nach Ansicht des Kriminalexperten Axel Petermann auf Hilf- und Perspektivlosigkeit der Mutter hin. Mögliche Warnzeichen für die Tat seien zudem womöglich wegen der Coronavirus-Pandemie nicht rechtzeitig erkannt worden, sagte Petermann der Deutschen Presse-Agentur. So sei beispielsweise denkbar, dass durch das Ausfallen von Schulunterricht und Kindergartenbetreuung Mechanismen nicht greifen konnten, die sonst Hilfe oder Unterstützung ermöglicht hätten.

    Die Familie der fünf getöteten Kinder aus Solingen war dem städtischen Jugendamt vor der Tat bereits bekannt. "Der Familie wurden von der Stadt Solingen erforderliche Unterstützungen gewährt. Das Jugendamt hat zusätzlich mögliche Hilfsangebote unterbreitet", teilte die Stadt am Freitag mit, ohne Details zu nennen. "Erkenntnisse zu Auffälligkeiten oder einer potentiellen Gefährdung der Kinder gab es zu keinem Zeitpunkt." Weitere Angaben könnten mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Familienmitglieder nicht gemacht werden, schrieb die Stadtverwaltung.

    Immer wieder lösen Fälle, bei denen Elternteile ihre Kinder töten, Entsetzen aus. In Nordrhein-Westfalen hatte im vergangenen April ein 41-Jähriger seine Frau sowie drei Kinder getötet und sich von einer Brücke in den Tod gestürzt. (dpa)

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