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Beirut: Reaktion auf Proteste: Libanons Premier schlägt Neuwahlen vor

Beirut

Reaktion auf Proteste: Libanons Premier schlägt Neuwahlen vor

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    Nach der verheerenden Expolsion mit mehr als 150 Toten wächst in Beirut einmal mehr die Wut auf die Regierung und die Eliten des Landes. Es kommt zu Protesten Ausschreitungen.
    Nach der verheerenden Expolsion mit mehr als 150 Toten wächst in Beirut einmal mehr die Wut auf die Regierung und die Eliten des Landes. Es kommt zu Protesten Ausschreitungen. Foto: Hassan Ammar, dpa

    Als Reaktion auf die verheerende Explosion im Hafen von Beirut will der libanesische Regierungschef Hassan Diab seinem Kabinett vorgezogenen Neuwahlen vorschlagen. Ein entsprechendes Gesetz wolle er in einer Sitzung am Montag vorlegen, sagte Diab am Samstag in einer Fernsehansprache. Damit reagierte er auf den massiven Druck auf die Regierung, die von vielen Libanesen für die Detonation verantwortlich gemacht wird. Einen möglichen Termin nannte er nicht.

    Demonstranten laufen auf dem Märtyrer-Platz durch Tränengas.
    Demonstranten laufen auf dem Märtyrer-Platz durch Tränengas. Foto: Hassan Ammar, dpa

    Proteste im Libanon: Demonstranten drangen in das Außenministerium ein

    Im Zentrum Beiruts wurden bei heftigen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften mehr als 170 Menschen verletzt. 55 von ihnen seien in umliegende Krankenhäuser gebracht, 117 vor Ort behandelt worden, teilte das libanesische Rote Kreuz am Samstag über Twitter mit. 

    Einige Demonstranten versuchten Absperrungen zum Parlament zu durchbrechen. Sie warfen Steine, wie auf Bildern des libanesischen Senders MTV zu sehen war. Die Sicherheitskräfte wiederum setzen massiv Tränengas ein, um die Demonstranten zu vertreiben. Auf TV-Bildern waren Feuer im Zentrum Beiruts zu sehen. Demonstranten drangen auch in das Außenministerium und das Wirtschaftsministerium ein, wie libanesische Medien meldeten. 

    Menschen im Libanon versammeln sich zu Trauerkundgebung nach Explosion

    Vier Tage nach der verheerenden Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt demonstrierten aber auch Tausende Libanesen friedlich gegen die Regierung. Die Menschen versammelten sich zu einer Trauer- und Protestkundgebung auf dem Märtyrer-Platz im Zentrum Beiruts.

    Viele Libanesen machen die politische Führung des kleinen Landes am Mittelmeer für die schwere Explosion verantwortlich. Die Zahl der Toten stieg auf 158, wie das Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Die Zahl der Verletzten kletterte demnach auf rund 6000.

    Das Motto der Protestkundgebung lautete "Gerechtigkeit für die Opfer, Rache an der Regierung". Die Demonstranten riefen unter anderem "Revolution, Revolution" und "Das Volk will den Sturz des Regimes". "Der Aufstand und die Revolution gehen weiter", sagte einer der Demonstranten dem Sender MTV. Präsident Michael Aoun, Regierungschef Diab und die gesamte politische Führungsspitze seien verantwortlich.

    Bereits im vergangenen Oktober hatten Massenproteste gegen die Regierung begonnen. Die Demonstranten fordern weitgehende politische Reformen. Sie werfen der politischen Elite Korruption vor und beschuldigen sie, das Land rücksichtslos auszuplündern. 

    Die Wut ist auch deswegen so groß, weil offenbar über Jahre große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen lagerten. Dies soll die gewaltige Explosion verursacht haben. Warnungen wurden Berichten zufolge in den Wind geschlagen. Am Freitagabend ordnete ein Richter die Festnahme von drei leitenden Hafen-Mitarbeitern an, darunter der Direktor und der Chef des Zolls. 

    Seit Monaten leidet das Land unter der vielleicht schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte

    Bei den Aufräumarbeiten nach der Explosionskatastrophe fühlen sich viele Libanesen von der Regierung im Stich gelassen. Gleichzeitig zeigen sie untereinander große Solidarität. In den stark zerstörten Vierteln rund um den Hafen waren auch am Samstag Dutzende freiwillige Helfer im Einsatz. 

    Im Hafen gingen die Bergungsarbeiten weiter. Rettungshelfer bargen 25 Leichen aus den Trümmern. Einem Sprecher des Gesundheitsministeriums zufolge werden noch immer rund 45 Menschen vermisst, überwiegend Hafenarbeiter.

    Seit Monaten leidet das Land unter der vielleicht schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Die Corona-Pandemie verschärfte die Lage weiter. Die Inflation ist explodiert. Viele Libanesen wissen kaum noch, wie sie ihre Familien ernähren sollen. Die Explosion treibt das Land endgültig an den Rand des Abgrunds.

    Einsatzkräfte stehen hinter einem brennenden Auto.
    Einsatzkräfte stehen hinter einem brennenden Auto. Foto: Hassan Ammar, dpa

    Nach Explosion: Heiko Maas kündigt Soforthilfe für Libanon an

    Die internationale Gemeinschaft will den Libanon unterstützen. EU-Ratspräsident Charles Michel besuchte bei einem Besuch in Beirut den Ort der Katastrophe. Er traf zudem mit Staatschef Aoun und anderen Spitzenpolitikern zusammen. Der Libanon könne sich auf die Solidarität der EU verlassen, twitterte Michel, der auch den Hafen besucht hatte. "Nicht nur in Worten, sondern auch in konkreten Handlungen für das libanesische Volk."

    Am Sonntag soll die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigte internationale Konferenz zur Hilfe für den krisenerschütterten Libanon stattfinden - per Videoschalte. Bei seinem Besuch am Donnerstag in Beirut hatte Macron jedoch deutlich gemacht, dass er von der Regierung grundlegende Reformen fordert.

    Angesichts der schweren Explosion in Beirut hat auch Außenminister Heiko Maas (SPD) ein deutsches Soforthilfepaket im Umfang von zehn Millionen Euro für den Libanon angekündigt. "Die Menschen in Beirut brauchen unsere Hilfe, und sie brauchen Anlass zur Hoffnung", sagte Maas der "Bild am Sonntag". Die Zahl der Toten aufgrund der Explosion stieg auf 158, wie das libanesische Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte.

     (dpa)

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