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Nachruf: "Lachen, Glück, Dummheiten": Zum Tod von Philippe Pozzo di Borgo

Nachruf

"Lachen, Glück, Dummheiten": Zum Tod von Philippe Pozzo di Borgo

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    Pfleger Abdel Sellou (hinten) und Philippe Pozzo di Borgo im Jahr 2013 in Köln.
    Pfleger Abdel Sellou (hinten) und Philippe Pozzo di Borgo im Jahr 2013 in Köln. Foto: Henning Kaiser, dpa (Archivbild)

    Adelig, erfolgreich, wohlhabend: Das war der Franzose Philippe Pozzo di Borgo, einstiger Geschäftsführer des Champagnerherstellers Pommery. Ab 1993 kam ein weiteres Adjektiv hinzu: "querschnittgelähmt". Das war er infolge eines Unfalls beim Gleitschirmfliegen. Und er war weltweit bekannt – wegen des französischen Films "Ziemlich beste Freunde".

    Dessen Inhalt: Ein Pfleger mit krimineller Vergangenheit, der einst im Gefängnis saß. Ein reicher Ex-Manager im Rollstuhl, dessen goldenes Gefängnis sein Pariser Stadthaus ist. Und eine tiefe Freundschaft, die sich trotz aller Gegensätze zwischen den beiden entwickelt. Das ist die Geschichte der erfolgreichen Tragikomödie aus dem Jahr 2011. Sie beruht auf einer wahren Geschichte, eben auf der von Pozzo di Borgo. Wie nun bekannt wurde, ist er im Alter von 72 Jahren in Marokko gestorben. Doch wie nah liegen seine Geschichte und die Fiktion im Film eigentlich beieinander?

    Philippe Pozzo di Borgo war Vorbild für "Ziemlich beste Freunde"

    In "Ziemlich beste Freunde" übernahm François Cluzet die Rolle des Tetraplegikers Philippe, dessen vier Gliedmaßen gelähmt sind. Er ist auf der Suche nach einem Pfleger für sich. Vorbild und Filmcharakter tragen denselben Vornamen. Für den Job bewirbt sich im Film der Senegalese Driss (Omar Sy), dessen Vorbild wiederum aus dem wahren Leben aus Algerien stammt und Abdel Sellou heißt. So manche Szene – in der sich die Protagonisten eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei liefern oder der Pfleger dem Patienten Marihuana verabreicht – mag man für ausgedacht halten. Doch Abdel Sellou sagte einst in einem Interview, der Film sei "zu 98 Prozent wahr".

    "Ziemlich beste Freunde" stützt sich, wenn auch verkürzt, tatsächlich auf einen anfangs unerfahrenen Pfleger, der ehrlich ist mit seinem gelähmten Patienten und kein Mitleid zeigt. Der Philippe nach dem Krebstod seiner ersten Frau Béatrice 1996 aus einem depressiven Loch zieht. Und ihm trotz der Trauer und angesichts seiner Lähmungen Lebensfreude zurückgibt. Eine Verbindung, in der Respekt von Anfang an eine große Rolle spielt. Obwohl "wir nichts gemeinsam hatten, nicht die Religion, nicht die Erziehung, nicht das Milieu, nicht die finanzielle Situation, nichts, nichts, nichts", sagte Abdel Sellou einmal dem Tagesspiegel.

    Der querschnittgelähmte Philippe Pozzo di Borgo ist tot

    Die Geschichte des reichen querschnittgelähmten Philippe wird im Film dabei nicht ausschließlich auf traurig-tragische Art und Weise erzählt, sondern auch auf fröhliche. Und das war sie auch im echten Leben. Laut Abdel Sellou nahmen "die schweren Dinge, die Körperhygiene, das Pflegen, eine Stunde am Tag in Anspruch. Der Rest war Lachen, Glück, Dummheiten." Ein Zitat, das die Eindrücke aus "Ziemlich beste Freunde" trefflich beschreibt. 

    Bevor Philippe Pozzo di Borgos Schicksal zum Drehbuch wurde, hatte er bereits eine Autobiografie mit dem Titel "Le second souffle", zu deutsch "Der zweite Atem", herausgebracht. In der machte er seine Geschichte öffentlich, in der Hoffnung, der Gesellschaft die Unsicherheit im Umgang mit Menschen im Rollstuhl zu nehmen.

    Auf Instagram verabschiedeten sich die Schauspieler Omar Sy und François Cluzet nun gemeinsam mit den Regisseuren Olivier Nakache und Éric Toledano. "Indem er erlaubt hat, seine Geschichte in 'Ziemlich beste Freunde' zu erzählen, änderte er unsere Leben und das Leben zahlreicher verletzlicher und zerbrechlicher Menschen", schreiben sie über ihren "Freund Philippe". In Gedanken sei man bei seiner zweiten Frau Khadija und seinen Kindern.

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