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Nachruf: Karlheinz Böhm - Kaiser und Kümmerer

Nachruf

Karlheinz Böhm - Kaiser und Kümmerer

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    Der Gründer der Stiftung "Menschen für Menschen" Karl-Heinz Böhm ist tot.
    Der Gründer der Stiftung "Menschen für Menschen" Karl-Heinz Böhm ist tot. Foto: Tobias , dpa

    Eine solche Rolle ist mehr Fluch als Segen. Als liebender Ehemann der „Sissi“ zur Seite zu stehen, sie aufzurichten, wenn sie wieder mal von der kaiserlichen Schwiegermutter geschurigelt wurde. Und dann noch als Habsburger Nummer eins auf Platz zwei in der Rangliste des Kinopublikums! Wie sollte auch Romy Schneider, die Königin der Herzen, getoppt werden?

    Aber Karlheinz Böhm verkörperte den Kaiser Franz Joseph gefühlvoll in einer Mischung aus pflichtschuldiger Hingabe an sein Volk und ernsthaftem Einsatz für Gerechtigkeit. Und das so glaubhaft, dass sein Jahrzehnte später in Afrika geschaffenes Lebenswerk nicht den Widerspruch rechtfertigt, da sei einer vom Kino-Saulus zum Humanitäts-Paulus gereift.

    Mit seiner Äthiopien-Stiftung hatte er sich seit den 80er Jahren für die Menschen in dem afrikanischen Land eingesetzt. Am Donnerstagabend ist Böhm, der Gründer der Aktion „Menschen für Menschen“, im Alter von 86 Jahren im Kreis seiner Familie an seinem Wohnort in Grödig bei Salzburg gestorben.

    Karlheinz Böhm: Unerbittlicher Kämpfer für Gerechtigkeit

    „Mit Karlheinz Böhm verliert die Welt einen mutigen Visionär und unerbittlichen Kämpfer für Gerechtigkeit“, erklärte „Menschen für Menschen“. Entwicklungsminister Gerd Müller (Kempten) von der CSU sagte, Böhm habe gezeigt, dass jeder Einzelne etwas gegen das Elend in der Welt tun könne.

    Die Stiftung führte seit 2011 Böhms äthiopische Frau Almaz. Im vergangenen Dezember gab sie den hauptamtlichen Vorstandsvorsitz ab, um sich um ihren schwer kranken Mann zu kümmern. Almaz Böhm war Böhms vierte Frau. Insgesamt hat Karlheinz Böhm sieben Kinder aus verschiedenen Ehen. Am bekanntesten ist die Tochter Katharina Böhm, die in Fernsehserien („Die Chefin“) zu sehen ist.

    Böhms Eltern kamen aus der Musik

    1928 als Sohn berühmter Eltern geboren, lernte Karlheinz Böhm schon früh die Licht- und Schattenseiten der Prominenz kennen: Sein Vater Karl arbeitete als Dirigent an der Wiener Staatsoper, seine Mutter war Sopranistin. Die Kinder mussten dem erfolgreichen Papa hinterher reisen. Unter dessen Stabführung ging es häufig von einem Konzertsaal zum nächsten.

    Dem Dirigat des Vaters entkam Karlheinz, indem er sich in die Unterhaltung rettete. Dass er später als Entwicklungshelfer nicht mit auf den Sissi-Glamour einprügelte, enttäuschte die Kritiker, entsprach aber seinem Sinn für Fairness. Auch wenn Böhm die Hauptrolle in dem düsteren britischen Psycho-Thriller „Peeping Tom“ 1959 übernahm, um „wegzukommen von meinem rosaroten Marzipanschweinchen-Image der 50er Jahre“.

    Dabei war Böhm als junger Mann anders gestrickt als der Schwiegersohn-Typ Claus Biederstaedt oder der leichte Hallodri Peter Weck. In „Der Gauner und der liebe Gott“ etwa führt er als Pfarrer einen von Gert Fröbe gespielten Ausbrecher ins korrekte Leben zurück. Nach dem Motto: Es gibt was zu tun, also mach dich ran, Böhm!

    Böhm schrieb Fernsehgeschichte bei Wetten, dass...?

    Während Stars der Wirtschaftswunderjahre oft in der Versenkung verschwanden, bediente sich in den 70ern der Regisseur Rainer Werner Fassbinder gern der Schauspieler von „Papas Kino“. Mehrfach verpflichtete er Karlheinz Böhm, der vor allem in dem brillanten Melodram „Martha“ als sadistischer Ehemann überzeugt.

    „Martha“ ist eine Art Gegenstück zu der ebenfalls von Fassbinder inszenierten Literaturverfilmung „Fontane – Effi Briest“, in der Böhm den Geheimrat Wüllersdorf spielt. Aber gerade die Arbeit mit Fassbinder verstärkte noch die Sensibilität Böhms für sozialpolitische Fragen und globale Probleme.

    Dass Böhm auch Fernsehgeschichte schreiben sollte, war indes nicht zu erwarten. Und doch geschah es am 16. Mai 1981. Nachdem er während einer Kur mit der Not in Afrika konfrontiert worden war, kam Böhm als Gast zu „Wetten, dass . .?“.

    Er wettete, nicht einmal jeder dritte Zuschauer würde eine Mark für notleidende Menschen in der Sahelzone spenden. Als Wetteinsatz versprach er, selbst in Afrika zu helfen, wenn er verliere. Die Zuschauer spendeten 1,7 Millionen D-Mark – Böhm hatte so betrachtet die Wette gewonnen. Nach Äthiopien ging er trotzdem.

    Böhm erkannte die Macht des Mediums Fernsehen

    Sein ausdrucksstarker Vortrag kam ihm in der Sendung dabei ebenso zugute wie die ungeheure Bedeutung des Fernsehens zu jener Zeit. So war Böhm der wohl erste Spendensammler, der die Macht des Mediums für das Leben der Menschen weltweit erkannte.

    Der damalige Moderator Frank Elstner sagte am Freitag, er erinnere sich, „als wenn es gestern gewesen wäre“. Dabei habe ihn Böhms Auftritt zunächst irritiert. „Als er es aber mit unglaublich großer Leidenschaft machte, habe ich den Mund gehalten. Die Wette, aus der die Aktion ,Menschen für Menschen‘ entstand, ist die wichtigste Wette, die jemals in meiner Show stattfand.“

    Seitdem hat die Organisation gemeinsam mit der Bevölkerung rund 360 Schulen, mehr als 80 Gesundheitsstationen, drei Krankenhäuser und 14 kleinere Kliniken sowie hunderte Brunnen gebaut. Millionen Menschen hat Böhms Stiftung unterstützt. Ein integriertes Programm von landwirtschaftlichen Schulungen bis zur Familienplanung setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe.

    Etablierte Organisationen hatten die Arbeit des „Amateurs“ zunächst mit Argwohn beäugt. „Aber wenn ich sehe, dass Menschen zugrunde gehen, greife ich doch ein“, erklärte Böhm einmal seine Motivation.

    Vorwürfe wegen Verschwendung weitgehend entkräftet

    Zuletzt hatten Vorwürfe eines Großspenders wegen Bilanzfälschung und Verschwendung Schlagzeilen gemacht. Sie wurden aber weitgehend entkräftet; die Stiftung erhielt Rückendeckung vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen und behielt dessen Spendensiegel, mit der Empfehlung, einige Verbesserungen vorzunehmen.

    Immer wieder hat sich Böhm, der 2001 das Bundesverdienstkreuz erhielt, kritisch geäußert – etwa zur „skrupellosen Gier“ der Finanzmärkte. Der Ex-Filmstar sah sich selbst als spätberufenen Rebellen: „insofern, als ich nicht bereit bin, persönlich gewisse Gesellschaftsformen zu akzeptieren, die Ungerechtigkeit unterstützen“. mit dpa

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