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Foto: dpa / Monika Skolimowska
Foto: dpa / Monika Skolimowska

Darf eine junge Frau aus reichem Hause Rap-Musik machen? Elisabeth Furtwängler sagt: „Ich glaube, es ist Platz für unterschiedliche Ansätze und für viele Geschichten. Und meine ist nun einmal definitiv nicht die aus dem Getto.“

Musik
09.08.2022

Wie Rapmusik zur Milliardärin Elisabeth Furtwängler passt

Von Josef Karg

Elisabeth Furtwängler will als Musikerin durchstarten. Ist das cool oder unglaubwürdig, wenn die reiche Tochter eines Verlegers und einer Schauspielerin Rapperin wird?

Ihre Mutter Maria Furtwängler, die „Tatort“-Kommissarin, ist schon mit Udo Lindenberg auf der Bühne gestanden. Deren Stief-Großvater und Großonkel Wilhelm Furtwängler wiederum war einer der größten deutschen Dirigenten. Die Musik scheint der Familie also im Blut zu liegen.

Allerdings würde man ohne Vorkenntnisse nicht vermuten, dass es Elisabeth Furtwängler zu einer Musikrichtung hinzieht, in der Frauen bevorzugt als „bitches“ bezeichnet werden und das Wort „fuck“ inflationär oft in Texten vorkommt: dem Rap. Zumal die Burda-Erbin – ihr Vater ist der Verleger Hubert Burda – aus einer der reichsten Familien des Landes stammt. Sie ist wohlbehütet aufgewachsen und hält dem Spiegel zufolge knapp 38 Prozent der Anteile am Milliarden-Konzern. Das Magazin Forbes schätzt ihr Vermögen auf mehr als eine Milliarde Euro.

Doch die 30-Jährige, die unter dem Künstlernamen „Kerfor“ auftritt, lässt sich von der Familientradition nicht beirren und will ihre eigenen Wege gehen. Folgerichtig ist ihre erste Single „Never Ready Go!“ ein Rap – allerdings ist der Text weitaus weniger vulgär als die Anderer in ihrem Metier.

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Foto: Christoph Soeder/dpa
Foto: Christoph Soeder/dpa

Maria Furtwängler (r) und ihre Tochter Elisabeth 2021 in Berlin. Kann die Tochter aus gutem Hause Rapperin sein?

Im Grunde hat das Stück einen passablen Flow und es klingt ganz cool. Wie das aber zusammenpasst?, fragen sich im Kurznachrichtendienst Twitter trotzdem so manche. Denn Rap wurzelt bekanntlich in den Liedern der Sklaven Amerikas. Und der moderne Rap entstand als Element der Hip-Hop-Kultur in der Bronx. Dieser New Yorker Stadtteil ist geprägt von Armut, Drogen-Kriminalität und Perspektivlosigkeit, also so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was Elisabeth Furtwängler in ihrem materiell von Geburt an üppig ausgestatteten Leben so mitbekam von der Welt.

Auf Twitter wird heftig über Furtwängler als Rapperin diskutiert

Dass die Verbindung ihrer Herkunft mit diesem Musikstil gerade in sozialen Netzwerken angefeindet wird, lässt sich unschwer erraten. „Aus dem Blickwinkel von Frau Furtwängler ist die Welt lower class“, heißt es etwa unter einem Foto aus ihrem Video. Oder: „Milliarden-Erben sollten ihre ,Gated Communities’ (geschlossene Gesellschaften) nicht verlassen dürfen.“ Ein anderer fordert sogar eine Haftstrafe, weil Reiche kein Recht hätten, Rap zu singen.

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Nun, die Frage ist nicht neu; das Thema „kulturelle Aneignung“ treibt in diesen Tagen bisweilen bizarre Blüten. Und es wird viel gehetzt, gerade in sozialen Netzwerken. Elisabeth Furtwängler weiß, dass sie nicht unumstritten ist. Amy Winehouse, Eminem, Whitney Houston – nicht wenige Musikstars kämen aus schwierigen Verhältnissen, sagte die gebürtige Münchnerin jüngst der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe sich selbst auch gefragt, ob man diesen Hintergrund braucht, um Rap zu machen. Aber es gebe ja auch Rapperinnen und Rapper, die aus bürgerlichen Verhältnissen kommen, argumentiert die Musikerin. „Ich glaube, es ist Platz für unterschiedliche Ansätze und für viele Geschichten. Und meine ist nun einmal definitiv nicht die aus dem Getto.“ „Revolution von oben“ überschrieb darum die taz wohlwollend eine Geschichte über sie.

Furtwängler: Auch die gesellschaftliche Upperclass kann Musik machen

Furtwängler, die nun in Berlin wohnt, weiß, dass sie in ihrem Leben bisher „extrem viel Privileg, sehr viel Freiheit“ hatte. Deshalb wolle sie etwas machen, das „Menschen unterstützt, die nicht das Glück haben, mit so vielen Privilegien aufgewachsen zu sein“. Zusammen mit ihrer Mutter hat sie beispielsweise die Stiftung „Malisa“ gegründet. Diese setzt sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft ein und bekämpft Gewalt gegen Frauen. Auch künstlerisch will sich Elisabeth Furtwängler, die in Los Angeles studierte, nicht beirren lassen und stellt klar: „Es ist mein Ziel, dass ich weiter Musik machen werde. Mein Wunsch ist, dass die Menschen es sich anhören, dass es sie anspricht, und ich sie berühren kann.“

Welche Rolle sie im Burda-Konzern künftig einmal spielen wird, das scheint noch nicht endgültig geklärt. Derzeit sitzt sie wie ihr Bruder im Verwaltungsrat. Beide verstehen sich dem Vernehmen nach als sogenannte „aktive Gesellschafter“, die ihrer Verantwortung gerecht werden wollen. „In diese Rolle hineinzuwachsen ist ein Prozess, und es wird sich in den nächsten paar Jahren zeigen, wie sich unser Engagement im Unternehmen gestalten lässt“, sagt sie. Vielleicht folgen auf das gerappte Unbehagen Furtwänglers über ihre Privilegien am Ende auch weitere gesellschaftliche Taten.

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