Eine neue Studie aus Australien zeigt, dass die Behandlung von Typ-1-Diabetes in den nächsten Jahren vor einer Wende stehen könnte. Millionen von Menschen weltweit sind von dieser Autoimmunerkrankung betroffen und verlassen sich täglich auf das Spritzen von Insulin, um ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren. Eine Untersuchung des Baker Heart and Diabetes Institute in Melbourne zeigt, dass zwei Krebsmedikamente in Zukunft dazu führen könnten, dass dies nicht mehr notwendig ist. Worum es bei der Studie ging und worauf die Forscher gestoßen sind.
Müssen Typ-1-Diabetiker bald kein Insulin mehr spritzen? Diese Krebs-Medikamente machen Hoffnung
Typ-1-Diabetes, eine Erkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden β-Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört, stellt seit jeher eine große Herausforderung für Patienten und ihre Ärzte dar. Um den eigenen Blutzuckerspiegel zu regulieren, müssen Diabetiker häufig zur Insulininjektion greifen und Menschen mit Diabetes-Typ 1 sind laut der Deutschen Diabetes-Hilfe ihr Leben lang auf Insulin angewiesen. Diese Behandlungsmethode ist zwar lebensrettend, geht laut der AOK aber häufig auch mit Nebenwirkungen einher, wie beispielsweise Gewichtszunahme, Hautreaktionen und dem Verlust von Unterhautfettgewebe an der Einstichstelle. Heilbar ist Typ-1-Diabetes nach heutigem Stand nicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht immer wieder Forschungsansätze in diese Richtung gibt und außerdem versucht wird, andere Ansätze als das Spritzen von Insulin zu finden. So auch bei der australischen Studie, die im Januar 2024 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
In dieser Studie haben Forscher des Baker Heart and Diabetes Institute in Melbourne eine überraschende Entdeckung gemacht: Krebsmedikamente, speziell EZH2-Inhibitoren, könnten eine Schlüsselrolle bei der Regeneration von insulinproduzierenden Zellen spielen. Das Hauptziel der Studie war es laut des Forscherteams, eine neue Methode zur Behandlung von Typ-1-Diabetes finden, indem man sich auf die Regeneration von insulinproduzierenden β-Zellen konzentriert. Dies steht im Gegensatz zu herkömmlichen Behandlungen, die sich darauf konzentrieren, Insulin zu ersetzen.
Zur Erklärung: EZH2-Inhibitoren werden laut der National Library of Medicine ursprünglich in der Krebstherapie eingesetzt und spielen eine zentrale Rolle in der Studie. EZH2 kann als eine Art molekularen Schalter gesehen werden, der bestimmt, welche Gene in den menschlichen Zellen aktiv sind und welche nicht. In unserem Körper gibt es Prozesse, die wie eine Art Feinabstimmung wirken und entscheiden, welche Teile unserer DNA zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiv sein sollten. EZH2 spielt in diesem Prozess eine wichtige Rolle, indem es bestimmte Gene "abschaltet". In der Krebsbehandlung hat man herausgefunden, dass manchmal zu viele dieser Schalter in der "Aus"-Position sind, was zu unkontrolliertem Zellwachstum führen kann – ein Hauptmerkmal von Krebs. Medikamente, die als EZH2-Inhibitoren bekannt sind, können diese Schalter wieder in die "An"-Position bringen, wodurch das Wachstum der Krebszellen gestoppt wird.
In der Studie wurden nun die EZH2-Inhibitoren GSK126 und Tazemetostat verwendet, um exokrine Zellen der Bauchspeicheldrüse – Zellen, die normalerweise keine Insulinproduktion haben – in insulinproduzierende Zellen umzuwandeln. Durch die Hemmung von EZH2 werden bestimmte Gene, die für die Insulinproduktion notwendig sind, reaktiviert.
Wie die Forscher in ihren Abschlussbemerkungen schreiben, seien die Ergebnisse vielversprechend gewesen. Die Behandlung mit GSK126 und Tazemetostat habe dazu geführt, dass die exokrinen Zellen des Pankreas begonnen hätten, Insulin zu produzieren und zu sezernieren – eine Funktion, die normalerweise ausschließlich den β-Zellen zukommt. Diese umprogrammierten Zellen hätten auch bereits eine Reaktion auf Glukose gezeigt, was ein Schlüsselmerkmal funktionaler β-Zellen ist. Betrachtet man die Forschungsergebnisse im Kontext der Therapie für Diabetes Typ-1, dann könnte diese Behandlungsform die Möglichkeit bieten, die verlorene Insulinproduktion direkt im Körper der Patienten wiederherzustellen.
Kein Insulin spritzen bei Diabetes Typ-1: Studienergebnisse mit Vorsicht zu genießen
So vielversprechend die Ergebnisse der Studie auch sind, ist es wichtig, mit realistischen Erwartungen an die Sache heranzugehen. Die Wissenschaft hinter der Diabetes-Forschung ist sehr komplex und was im Labor an einer Bauchspeicheldrüse funktioniert, gilt nicht unbedingt für den Menschen. Die Forschung im Bereich dieser neuen Therapie befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium und es sind noch viele weitere Studien erforderlich, um zu verstehen, wie sicher und auch effektiv diese Behandlung bei Menschen sein könnte.
Bis die Methode einer breiten Öffentlichkeit verfügbar ist, könnten deshalb noch Jahre vergehen. Wichtig ist zudem: Lediglich Tazemetostat ist laut dem Fachmagazin Science Direct bereits in klinischen Studien bei Menschen eingesetzt worden und wurde für bestimmte Krebsarten zugelassen, während GSK126 in frühen klinischen Studien nicht erfolgreich war. Auch hier werden also weitere Tests und Forschungen nötig sein, um sicherzustellen, dass die Medikamente für die Behandlung von Menschen geeignet sind.
Übrigens: Wer an Diabetes erkrankt ist, ist regelmäßig zum Check-Up bei seinem Hausarzt. Allerdings gibt es einige Untersuchungen, die von Patienten und Ärzten gerne übersehen werden. Es gibt übrigens auch Lebensmittel, die man besser meiden sollte, wenn man Diabetes-Patient ist.