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Metropolitan Police: Sexismus und Rassismus: Londoner Polizei im Strudel der Skandale

Metropolitan Police

Sexismus und Rassismus: Londoner Polizei im Strudel der Skandale

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    Die bisherige Chefin der Metropolitan Police, Cressida Dick, hat den Rückhalt des Londoner Bürgermeisters verloren.
    Die bisherige Chefin der Metropolitan Police, Cressida Dick, hat den Rückhalt des Londoner Bürgermeisters verloren. Foto: Frank Augstein, AP/dpa

    Als sich die 61-jährige Polizeichefin Cressida Dick am Donnerstagmorgen in einer Radiosendung der BBC äußerte, klang sie noch zuversichtlich: „Ich habe absolut nicht die Absicht zu gehen und ich glaube, dass ich in den letzten fünf Jahren echte Veränderungen bei der Metropolitan Police herbeiführen konnte.“ Nur wenige Stunden später legte sie ihr Amt nieder: Londons Bürgermeister Sadiq Khan habe ihr keine andere Wahl gelassen, sagte sie am Abend.

    Dieser erklärte, er habe Cressida Dick aufgefordert, einen Plan vorzulegen, wie sie die Probleme in der Polizei bekämpfen wolle, um das Vertrauen in der Bevölkerung wiederherzustellen. Sein Urteil: „Ihre Antwort hat mir nicht gereicht.“

    Die Liste der Probleme in der Londoner Polizei sind lang: Rassismus, Sexismus, Homophobie, Mobbing

    Tatsächlich ist die Liste der Probleme in der Londoner Polizei lang: Rassismus, Sexismus, Homophobie, Mobbing, Diskriminierung und Frauenhass. Viele Beobachter sind sich einig, dass all das zum Polizeialltag gehöre. Anfang Februar sorgte unter anderem die Meldung für Aufsehen, dass Londoner Beamte Witze über Vergewaltigungen gemacht haben sollen. In Textnachrichten, so ergaben Ermittlungen, spotteten sie zudem über die Black-Lives-Matter-Bewegung, Homosexuelle und Menschen mit Behinderungen. Und das Unabhängige Büro für Polizeiverhalten erklärte: „Wir glauben, dass diese Vorfälle keine Einzelfälle oder das Verhalten einiger weniger fauler Äpfel sind.“

    Die Erkenntnis, dass bei der Polizei in Großbritannien einiges schiefläuft, ist nicht ganz neu. Schon im März des vergangenen Jahres wurden deshalb Rufe nach einem Rücktritt von Polizeichefin Cressida Dick laut – nach dem Mord an der 33-jährigen Sarah Everard.

    Diese hatte sich auf dem Nachhauseweg befunden, als sie von einem Polizisten unter falschen Vorzeichen festgenommen, vergewaltigt und umgebracht wurde. Hunderte Frauen ignorierten damals den zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verhängten Lockdown und versammelten sich in London zu Mahnwachen. Sie wollten ihre Stimme erheben: gegen alltägliche Belästigungen und Gewalt. Was dann passierte, führte jedoch erst recht zu einem Aufschrei. Denn Teilnehmerinnen wurden von der Polizei auf den Boden geworfen, weggezerrt und gewaltsam abgeführt. Das Vertrauen in die Staatsgewalt wurde dadurch schwer erschüttert.

    Wegen der Ermordung von Sarah Everard und der anhaltenden Gewalt gegen Frauen gingen in London zahlreiche Frauen auf die Straße.
    Wegen der Ermordung von Sarah Everard und der anhaltenden Gewalt gegen Frauen gingen in London zahlreiche Frauen auf die Straße. Foto: Kirsty O’connor, PA Wire/dpa

    Vorfälle wie dieser seien Ausdruck einer allgemeinen Haltung innerhalb der Polizei gegenüber Frauen und Minderheiten, sagen Fachleute. Doch wie konnte es so weit kommen? Und wieso hat Polizeichefin Cressida Dick allem Anschein nach nicht konsequent gehandelt?

    Die – eher oppositionsnahe – britische Tageszeitung The Guardian beantwortet diese Fragen damit, dass Dick niemals anerkannt habe, dass derartige Probleme innerhalb der eigenen Reihen existieren. Sie habe nie verstanden, dass Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Homophobie und Machtmissbrauch nicht nur gelegentliche Ausbrüche des Bösen seien, wie sie selbst es einmal ausdrückte, sondern strukturelle Vergehen, die bis zuletzt ungestraft geblieben seien.

    Wie geht es nun weiter mit den Ermittlungen zu Partys in der Downing Street während der Ausgangssperren?

    Der Rücktritt Cressida Dicks wirft jedoch noch weitere Fragen auf. Wie geht es weiter mit den Ermittlungen unter ihrer Leitung zu Partys in der Downing Street und anderen Ministerien im Jahr 2020, als in Großbritannien strenge Ausgangssperren herrschten?

    Laut der regierungsfreundlichen britischen Tageszeitung The Telegraph habe der Wechsel an der Spitze der Londoner Polizei wohl keine Auswirkungen auf den Verlauf des Verfahrens. Dazu sei dieses schon zu weit fortgeschritten, und überdies seien zu viele Beamte daran beteiligt, hieß es. Medienberichten zufolge wollte die Polizei am Donnerstag Briefe an mindestens 50 Personen senden, einschließlich Premierminister Boris Johnson. Darin sollen diese dazu aufgefordert werden, zu möglichen Verstößen Stellung zu nehmen.

    Die Suche nach einem Nachfolger für Dick hat bereits begonnen, wie Innenministerin Priti Patel bestätigte. Die Konservative, die sich als Hardlinerin bei den Themen Migration und Verbrechensbekämpfung gibt, hatte Dick ins Amt verholfen. Einfach werde die Neubesetzung nicht, sagte sie. „Die Herausforderungen, mit denen sich der neue Kommissar konfrontiert sieht, sind derzeit enorm.“ Dennoch sei ein Wechsel nötig, um das Vertrauen in die „Integrität und Professionalität der Polizisten in London und im ganzen Land“ wiederherzustellen.

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