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Medien: "Tagesschau"-Sprecher Constantin Schreiber: "Mir setzten die schlechten Nachrichten zu"

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"Tagesschau"-Sprecher Constantin Schreiber: "Mir setzten die schlechten Nachrichten zu"

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    „Tagesschau“-Sprecher Constantin Schreiber erzählt: „Ich sah mich auf einmal wie ein Außenstehender – und dachte: Das ist ja wirklich alles fürchterlich!“
    „Tagesschau“-Sprecher Constantin Schreiber erzählt: „Ich sah mich auf einmal wie ein Außenstehender – und dachte: Das ist ja wirklich alles fürchterlich!“ Foto: Uwe Zucchi, dpa

    Ein „Tagesschau“-Sprecher, dem schlechte Nachrichten zu schaffen machen – und der deshalb nach Wegen zum Glück sucht? Klingt nach einem Vorabendfilm im Ersten, ist aber die wahre Geschichte von Constantin Schreiber. Er hat sie aufgeschrieben, auf 160 Seiten. „Glück im Unglück“ erscheint an diesem Montag. Gleich zu Beginn erzählt er von der 20-Uhr-Ausgabe der ARD-„Tagesschau“ am 26. Februar 2022, zwei Tage zuvor hatte der Überfall auf die Ukraine begonnen. Schreiber verkündet nichts Gutes. Vormarsch russischer Truppen auf Kiew, Hunderttausende auf der Flucht … Dann sei passiert, was ihm noch nie passiert sei, seit er vor der Kamera stehe: Er sei „fix und fertig“ gewesen.

    Schreiber findet, dass es einen „panischen Zeitgeist“ gebe und eine „Durchpolitisierung des Alltags“

    Am Telefon, an einem Vormittag nach einer Nachtschicht, erzählt Schreiber: „Ich sah mich auf einmal wie ein Außenstehender – und dachte: Das ist ja wirklich alles fürchterlich!“ Eine Erkenntnis reift damals in ihm: „Die Hülle reißt, mir setzen die schlechten Nachrichten zu.“ Es ist nicht allein der Krieg mitten in Europa. Schreiber hatte viel gearbeitet, ihm stecken die Pandemie-Jahre in den Knochen. Die fortwährenden „Hiobsbotschaften“. Corona-Krise. Klimakrise. Energiekrise. Er findet, dass es einen „panischen Zeitgeist“ gebe und eine „Durchpolitisierung des Alltags“. Um Inhalte gehe es kaum, dafür umso mehr um Frontenbildung.

    Ihm zufolge gibt es Menschen, „die sich dem Dauerkonsum der Horrornachrichten aussetzen“ – und welche, die sich dem nicht mehr aussetzen wollten. Das Phänomen hat einen Namen: „News-Fatigue“. „Nachrichtenerschöpfung“. Das habe auch ihm gedroht, sagt Schreiber und lässt eine Medienkritik folgen. „Ich kritisiere, wenn Medien stark mit apokalyptischen Schlagzeilen und mit Weltuntergangsszenarien arbeiten, wobei das auch für aktivistische politische Akteure gilt.“ Der 43-Jährige ergänzt: „Ich möchte nicht von jedem seine politische Haltung kennen, auch nicht von Kollegen. Da gibt es einige, die sich auf Social Media sehr einmischen, auch in tagesaktuelle politische Debatten. Ich halte das für schwierig. Denn es gibt hier eine Tendenz, die Rolle des beobachtenden und reportierenden Journalisten zu verlassen.“

    Schreiber: „Ein einfacher Trick, um im Alltag glücklich zu sein? Ich habe festgestellt: weniger schlafen!“

    Schreiber selbst nutzt soziale Medien kaum noch. Es tut ihm gut. Wie anderes, das er bei seiner Suche nach Glück und Zufriedenheit entdeckt hat. Manches zufällig, wie das Klavierspielen (eine Wiederentdeckung). Anderes bei kleinen „Experimenten“. So versucht er es mit einem „Freundlichkeitstag“. Wer freundlich sei und dafür Dankbarkeit ernte, schöpfe daraus schließlich neue Kraft, oder? Schreiber wäre kein Journalist, würde er nicht recherchieren: Also befasst er sich mit Studien, spricht mit Experten, analysiert sich. Und verfasst eine Art „Glücksratgeber“. Naheliegend die Frage, ob er einen Tipp habe? „Ein einfacher Trick, um im Alltag glücklich zu sein? Ich habe festgestellt: weniger schlafen! Und das sage ich als jemand, der sehr gerne schläft“, antwortet er. Wissenschaftlich belegt sei, dass wir Glücksbotenstoffe ausschütten, wenn wir wenig oder gar nicht schliefen. „Ich kann das etwa nach Nachtschichten bestätigen: Das hat auf mich eine euphorisierende Wirkung.“

    „Glück im Unglück. Wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe“, heißt Schreibers neues Buch.
    „Glück im Unglück. Wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe“, heißt Schreibers neues Buch. Foto: Hoffmann und Campe, dpa

    Die schlechten Nachrichten, die „Tagesschau“? Er selbst kommt damit klar. Sagt: „Vielleicht müssen wir einfach akzeptieren, dass Menschen nicht permanent mit schlechten Nachrichten konfrontiert werden wollen – weil ihr Alltag ohnehin voller Probleme und die Welt in Unordnung ist.“ Das werde aber sicher auch wieder anders, glaubt er: „Die Welt wird besser, die Nachrichten werden positiver.“ 

    Das Buch: Constantin Schreiber: Glück im Unglück. Wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe. Hoffmann und Campe Verlag, 160 Seiten, 22 Euro

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