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Medien: Personalpolitik bei "Bild": Wie "Dallas" an der Spree

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Personalpolitik bei "Bild": Wie "Dallas" an der Spree

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    Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE. Der Medienkonzern soll "der führende digitale Verleger in den Demokratien rund um den Globus" werden.
    Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE. Der Medienkonzern soll "der führende digitale Verleger in den Demokratien rund um den Globus" werden. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Wenn Medien "in eigener Sache" für Schlagzeilen sorgen, ist das bisweilen ein Zeichen dafür, dass etwas schiefläuft. Das wusste Johannes Boie, als er im Herbst 2021 Nachfolger des geschassten Julian Reichelt an der Spitze der Bild wurde, einer der größten Boulevard-Titel Europas. "Mir ist wichtig, dass wir wieder mehr Schlagzeilen machen, als Schlagzeile zu sein", sagte er der Belegschaft zum Antritt, an seiner Seite Axel Springer-CEO Mathias Döpfner.

    Tatsächlich vermochte es Boie, einige Scherben, die Reichelt hinterlassen hatte, zusammenzukehren. Der stand im Zentrum eines Skandals, der – hätte er nicht das eigene Haus betroffen – bester Bild-Stoff gewesen wäre: mächtiger Mann mit mächtigem Ego; Vorwürfe von Frauen, er habe Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt. Dazu: angeblicher Drogenkonsum. Reichelt bestritt dies stets vehement.

    Springer-Boss Mathias Döpfner macht mehr Schlagzeilen "in eigener Sache", als ihm lieb sein dürfte

    Während Reichelt inzwischen durchaus erfolgreich und immer krawalliger im Internet den rechten Rand bedient, ist die Zukunft seines Nachfolgers unklar. Aus Beobachtersicht wurde Boie rüde rausgeschmissen, ausgerechnet von seinem langjährigen Förderer Döpfner.

    Der wiederum macht "in eigener Sache" deutlich mehr Schlagzeilen, als ihm lieb sein dürfte: mit der angeblich ironischen Beschreibung Reichelts als letzten aufrechten Kämpfer "gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat"; mit seinem vorzeitigen Rückzug vom Amt des Präsidenten des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger nach reichlich Kritik an ihm; mit seiner Dissertation, bei der ihm wissenschaftliches Fehlverhalten attestiert wurde. Undundund.

    Döpfner jedenfalls ersetzte jüngst die komplette Bild-Chefredaktion durch ein Duo, das Bild "mit starkem Boulevard-Profil positionieren und den digitalen Wandel aktiv vorantreiben" soll. Er setzt auf die frühere Chefredakteurin der Bild am Sonntag, Marion Horn, die Springer auch nach Querelen mit Reichelt 2019 verlassen hatte.

    Und auf Focus-Chefredakteur Robert Schneider, der einst nach dem Abitur bei Bild begonnen hatte. Am 17. April fängt er – nach einem seit Kurzem obligatorischen und bestandenen Drogentest – als deren neuer Chefredakteur an, unter Horn als Vorsitzende der Chefredaktionen der Bild-Gruppe. Was genau gegen "Anti-Reichelt" Boie sprach, außer, dass er kein Boulevard-Profi war? Unbekannt.

    Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik: Döpfner fährt Schlingerkurs

    Gewiss ist: Bei diesem "Dallas" an der Spree kann einem schwindelig werden. Reiner Stoff für Brancheninsider ist es längst nicht mehr – angesichts der Meinungsmacht und der wirtschaftlichen Bedeutung des Medienkonzerns Springer, der mit der US-Beteiligungsgesellschaft KKR als Großaktionär in mehr als 40 Ländern aktiv ist und besonders auf dem US-Markt massiv expandieren will.

    Das sagte durchaus etwas über ihr Verhältnis aus: Der damalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt putzte 2019 bei einer Veranstaltung seine Brille mit dem Schal von Marion Horn, damals Chefredakteurin der "Bild am Sonntag".
    Das sagte durchaus etwas über ihr Verhältnis aus: Der damalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt putzte 2019 bei einer Veranstaltung seine Brille mit dem Schal von Marion Horn, damals Chefredakteurin der "Bild am Sonntag". Foto: Michael Kappeler, dpa

    Aus Sicht von Leonard Novy, Direktor des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik – ein Think-Tank mit Sitz in Berlin und Köln –, fährt Döpfner einen Schlingerkurs. Es sei rätselhaft, welche Strategie er verfolge, auch aufgrund seiner "teils impulsgetrieben daherkommenden Kommunikation" und einer verunsicherten Belegschaft als Folge. So habe Döpfner, ohne ein konkretes Datum zu nennen, ein Verlagsgeschäft ohne gedruckte Zeitungen ausgerufen. Eine darüber hinausgehende strategische Vision für die Bild- und Welt-Gruppe sei nach dem Scheitern von Bild TV jedoch nicht erkennbar. Einsparungen oder Stellenabbau seien ja noch keine Strategie.

    Moritz Tschermak vom BILDBlog: Politisch handzahm wird Bild unter Marion Horn nicht

    Wohin das wirtschaftlich führen soll? Für Novy stellt die Fokussierung aufs US-Geschäft eine Wette dar – gleichwohl eine, die Springer "als eines der wenigen deutschen Medienunternehmen eine gewisse Sichtbarkeit und auch eine reelle Perspektive im internationalen Markt verschafft". Zentral ist dabei die 2021 erworbene US-Mediengruppe Politico, die Döpfner in den USA sowie in Europa aus- und zur internationalen Marke aufbauen möchte. Döpfner sei "in anderen Sphären unterwegs", meint Novy unter Verweis auf dessen Ziel für Springer, "der führende digitale Verleger in den Demokratien rund um den Globus" zu werden.

    Der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre war mal ein Freund Döpfners. Der könnte (literarisch mehr oder minder verfremdet) in seinem neuen Roman nicht gut wegkommen - wie Julian Reichelt.
    Der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre war mal ein Freund Döpfners. Der könnte (literarisch mehr oder minder verfremdet) in seinem neuen Roman nicht gut wegkommen - wie Julian Reichelt. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Und Bild? Moritz Tschermak vom medienkritischen BILDblog erwartet eine Stärkung des "klassischen Klatsch- und Promiboulevards", was nicht heiße, dass Bild politisch handzahm werde. "Beim Blick in unser BILDblog-Archiv kann man sehen, dass die Bild am Sonntag unter Marion Horn beispielsweise heftig gegen den Islam gehetzt und nachweislich falsche Geschichten über Flüchtlinge veröffentlicht hat", sagte er unserer Redaktion. Einen Termin für die nächste Episode der Bild-Story gibt es übrigens schon: Am 19. April erscheint "Noch wach?", der neue Roman von Benjamin von Stuckrad-Barre, ehemals ein Freund Döpfners und Kritiker Reichelts. Es dürfte ein Schlüsselroman sein, angekündigt als "Sittengemälde unserer Zeit". Er erzähle von "Machtstrukturen und Machtmissbrauch, Mut und menschlichen Abgründen".

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