Die Situation an den deutschen Flughäfen war am 27. Juli unübersichtlich bis chaotisch. Am Mittwoch hatte das allgegenwärtige Chaos basierend auf dem Lufthansa-Streik einen Höhepunkt erreicht. Die Gewerkschaft Verdi hat das Bodenpersonal der Lufthansa zu einem Warnstreik aufgerufen. Dieser galt für sämtliche Standorte der größten deutschen Airline in Deutschland.
Bayerns zweitgrößter Flughafen in Nürnberg blieb von den Auswirkungen jedoch verschont, da die Lufthansa ihre eigene Station dort schon vor Jahren aufgegeben hat. Anders verhält es sich mit dem Flughafen München sowie dem Flughafen Frankfurt, die beiden bedeutenden Drehkreuze der Lufthansa. Mittlerweile ist der Warnstreik beendet – doch wie ist die Lage an den Flughäfen?
Die Lage an deutschen Flughäfen nach dem Lufthansa-Streik am Mittwoch
Am Mittwoch, den 27. Juli waren, insgesamt rund 20.000 Beschäftigte des Bodenpersonals an den inländischen Flughäfen zu Warnstreiks aufgerufen. Zum Bodenpersonal gehören unter anderem Logistikerinnen und Logistiker sowie Technikerinnen und Techniker. Sie führen Dienstleistungen aus, ohne die Flugzeuge der Lufthansa nicht abheben können – was die Tragweite des Streiks schnell beschreibt.
Die Streiks hatten bereits Mittwochmorgen um 3.45 Uhr begonnen, am Donnerstag endeten sie dann planmäßig um 6.00 Uhr. "Die Beschäftigten haben ihre Arbeit wieder aufgenommen und der Flugbetrieb kann regulär stattfinden", sagte Verdi-Sprecher Marvin Reschinsky der afp. Eine Sprecherin der Lufthansa verkündete am Donnerstagmorgen, dass keine weiteren Flugabsagen geplant sind.
Streik-Chaos am Mittwoch: Fast alle Flüge in München und Frankfurt gestrichen
Am Mittwoch fand um 11.00 Uhr eine Kundgebung der Streikenden statt. In München war ein Großteil des Bodenpersonals der Lufthansa betroffen. Daher hatte die Lufthansa fast das komplette Mittwochs-Flugprogramm für das Drehkreuz in München gestrichen.
Am Mittwochmorgen wurde schnell das Ausmaß deutlich: In München waren rund 350 Flüge ausgefallen. In Frankfurt waren sogar 680 Flüge betroffen, macht zusammen über 1.000 gestrichene Flüge der Kranich-Airline wegen des Streiks. Insgesamt sind rund 134.000 Flugreisende den Konsequenzen ausgesetzt, die Maßnahmen betreffen auch viele Umsteiger, die Ziele in aller Welt ansteuern und festsaßen, oder noch immer festsitzen. Die Lufthansa empfahl allen Betroffenen, auf alternative Verbindungen umzubuchen. Allerdings waren die Kapazitäten dafür "sehr begrenzt".
Streik der Lufthansa: Diese Flughäfen sind betroffen
Neben München und Frankfurt waren auch weitere Städte von dem Streik der Lufthansa betroffen. Auch in Hamburg, Berlin, Bremen, Düsseldorf, Stuttgart, Köln und Hannover droht Chaos an den Flughäfen. An diesen unterhält die Lufthansa jeweils kleinere Einheiten von Beschäftigten, welche ihre Dienstleistungen gleichzeitig anderen Airlines anbieten.
Das Unternehmen warnte alle Passagiere, nicht zu den Flughäfen zu kommen, wenn keine Umbuchungen vorhanden sein. Es würden ohnehin "nur wenige oder gar keine" Serviceschalter geöffnet.
Warnstreik: Verdi im Tarifstreit mit der Lufthansa
Mit dem Streik erhöht Verdi den Druck auf die größte deutsche Airline. Da an den deutschen Flughäfen Hauptreisezeit ist, sollte dieser auch enorm hoch sein. Die Gewerkschaft begründet den Warnstreik zu diesem prekären Zeitpunkt mit einer äußerst problematischen Situation für die Beschäftigten. Mit der Ankündigung des Warnstreiks warnte Verdi Reisende vor, dass diese sich auf Flugausfälle und Verzögerungen einstellen können.
Verdi fordert für das Bodenpersonal eine Gehaltserhöhung von 9,5 Prozent. Die Organisation will sich offenbar mindestens mit einer monatlichen Erhöhung von 350 Euro zufriedengeben. Dann würde der Stundenlohn mindestens 13 Euro betragen und es wäre ein Abstand zum Mindestlohn in Deutschland geschaffen, der im Oktober auf 12 Euro steigt. Eine zweite Tarifrunde war im Mai ergebnislos verlaufen.
Streik: Lufthansa warnt vor enormen Schäden
Bei den Verhandlungen rund um die 20.000 Beschäftigten hatte die Lufthansa am 13. Juli ein Angebot vorgelegt. Dieses wurde von Verdi allerdings abgelehnt, nachdem die Arbeitnehmer es als unzureichend kritisiert hatten. "Nach über zwei Jahren Pandemie und einem chaotischen Wiederanlauf des Luftverkehrs werden die (...) Beschäftigten mit ihrem Warnstreik deutlich machen, dass der Erfolg der Lufthansa maßgeblich von der Belegschaft abhängt", kommentierte Dennis Dacke von der Gewerkschaft die Situation: "Lufthansa will für ihre Kunden eine Premium-Airline sein, bei den Gehältern aber ein Billigflieger werden. Das ist ungerecht. Das lassen sich die Beschäftigten nicht gefallen."
Michael Niggemann, Lufthansa-Personalvorstand, sieht das anders. "Die frühe Eskalation nach nur zwei Verhandlungstagen in einer bislang konstruktiv verlaufenden Tarifrunde richtet enorme Schäden an. Das betrifft vor allem unsere Fluggäste in der Hauptreisezeit. Und es belastet unsere Mitarbeitenden in einer ohnehin schwierigen Phase des Luftverkehrs zusätzlich stark", kritisierte er nun das Vorgehen der Gewerkschaft. Er stellte klar, dass die Folgen auch am Donnerstag und Freitag noch zu spüren sein würden. Auch dann könne es noch zu Flugausfällen und Verspätungen von Maschinen kommen. Diese Befürchtung scheint sich allerdings nicht zu bestätigen.
Die Lufthansa hatte in den letzten Wochen immer wieder zahlreiche Flüge streichen müssen, da beim Bodenpersonal erheblicher Personalmangel herrscht. Nach der schweren Zeit in der Corona-Pandemie sind viele ehemalige Beschäftigte der Airline nicht mehr zurückgekehrt. Die Flugstreichungen hatten auch immer wieder den Flughafen München betroffen. So wurden jüngst rund 2000 Lufthansa-Flüge von München und Frankfurt aus dem System genommen. In Bayern findet am Freitag der letzte Schultag statt. Ab dann könnte es am Münchner Flughafen zu noch größeren Verzögerungen kommen.