Frau Dellert, blicken sie ängstlich oder hoffnungsvoll in die Zukunft?
LOUISA DELLERT: Ich bin Optimistin. Aber auch Realistin. Und wenn ich auf den Klimawandel blicke, bereitet mir das schon Sorgen. Gerade sieht es nicht danach aus, dass wir als Weltgemeinschaft die Grenzen einhalten werden, die wir einhalten müssen, um zukünftigen Generationen einen Planeten mit genug Ressourcen übrigzulassen. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt den Kopf in den Sand stecken sollten. Nur wenn wir im Kleinen anfangen, können wir Großes bewirken.
Inwiefern können Sie als Influencerin dazu beitragen?
DELLERT: Ich erreiche jeden Tag über 400.000 Menschen. Ich erzähle jeden Tag, dass Menschen ihre Zigarettenstummel nicht auf den Boden werfen sollen. Und erkläre, was das für toxische Auswirkungen auf die Natur hat. Ich glaube schon, dass ich dadurch einige zum Umdenken bewegen kann.
Vor kurzem haben Sie auch eine Clean-Up-Aktion in einem Berliner Stadtteil organisiert. Ist das nicht vergebene Lebensmühe? In kurzer Zeit wird dort wieder eine Menge Müll liegen...
DELLERT: Klar wird es dort in zwei Wochen wieder so aussehen, wie vorher. Aber dort kommen Menschen zusammen, die motiviert sind, im Kleinen etwas zu verändern. Es geht nicht darum, den Plastikbecher aufzuheben und damit ist die Welt gerettet. Hier sammeln Menschen Müll im Berliner Kiez und so erreichen wir ganz viele Anwohner. Vielleicht auch solche, die bislang ihren Becher dort hingeworfen haben. Solche Aktionen helfen, anderen ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen.
Am 28. April sind Sie als Speakerin beim Rocketeer Festival in Augsburg zu Gast. Bei der Konferenz geht es um digitale Innovation und Zukunftstrends. Was wollen Sie den Teilnehmenden dort vermitteln?
DELLERT: Ich weiß, das Thema Nachhaltigkeit ist ausgelutscht. Aber wir befinden uns mitten in einer Klimakrise und da gilt es, in allen Teilen der Gesellschaft mitzudenken und zu kommunizieren. Einerseits müssen Konzerne verstehen, dass sie etwas verändern müssen und Konsumentinnen und Konsumenten müssen verstehen, dass das nicht von heute auf morgen funktioniert. Diese nachhaltigen Impulse will ich in Augsburg – ohne erhobenen Zeigefinger – vermitteln.
In der Politik und den Medien wird viel über Klimaschutz und Nachhaltigkeit diskutiert. Das Gefühl, dass wirklich etwas vorangeht, haben aber viele Menschen nicht. Wo hakt es?
DELLERT: Das Problem ist, viele Unternehmen wollen nachhaltiger werden und Prozesse anstoßen, trauen sich aber oft nicht, das nach außen zu tragen. Einige befürchten zudem, unterstellt zu bekommen, dass sie sich nur umweltbewusst darstellen. Und ich glaube, oft steht die Politik im Weg. Unternehmen sagen mir immer wieder, sie wollen gerne mehr für den Klimaschutz tun, brauchen im Gegenzug aber Sicherheit vonseiten der Politik – über eine Legislaturperiode hinweg. Die Regierung ist gefragt, sichere, langfristige Vorgaben zu machen.
Was machen Sie im Alltag, um nachhaltig zu leben?
DELLERT: Ich lebe überhaupt nicht nachhaltig, denn in einer nicht nachhaltigen Welt ist das kaum möglich. Auch ich mache Urlaub und steige mal in einem Hotel ab. Aber ich gehe reflektiert durch die Welt und weiß, welche Verantwortung ich gegenüber meiner Community habe. Ich würde beispielsweise niemals innerhalb Deutschlands fliegen. Das machen leider immer noch viel zu viele. Ich probiere einfach, so gut es geht, unnötige Dinge zu vermeiden.
Sie beschränken sich nicht nur auf das Thema Nachhaltigkeit. Sie prangern auch immer wieder Sexismus und Ungleichheiten in unserer Gesellschaft an. Warum ist Feminismus so wichtig für Sie?
DELLERT: Weil Feminismus uns alle betrifft – auch Männer. Ein weinender Mann gilt beispielsweise als schwach. Wir alle werden in Schubladen gesteckt, das ist Teil des patriarchalischen Problems. Es ist gefährlich, Feminismus als schädlich darzustellen. Vielmehr muss man darüber sprechen und erklären, wieso es so wichtig ist. Unternehmen können dabei ganz große Vorbilder sein und Gleichberechtigung vorantreiben. Es geht nicht darum, Männern etwas wegzunehmen, sondern Frauen mehr Platz zu geben. In Deutschland sind wir teilweise auf einem guten Weg, aber ich sehe auch noch viel Luft nach oben.
Beim Thema Gendern reagieren hierzulande viele Menschen sehr emotional. Sie selbst verwenden gegenderte Sprache. Warum ist es sinnvoll Doppelpunkte und Sternchen zu verwenden?
DELLERT: Ich finde Gendern gut und richtig. Mir tut es nicht weh, meine Sprache zu verändern, wenn ich dadurch Personengruppen nicht verletze oder ausgrenze. Ich verstehe aber auch, dass gerade ältere Generationen überfordert sind, bei der Geschwindigkeit dieses Themas in den letzten Jahren mitzukommen. Es braucht Akzeptanz von beiden Seiten. Es gibt Menschen, die gendern und es gibt Menschen, die das nicht tun. Niemand sollte auf einen anderen Menschen mit dem Finger zeigen, weil dieser gendert oder weil er es einmal vergessen hat. Wir müssen abwarten, wie sich das Thema in den kommenden Jahren entwickelt, spalten sollte es auf keinen Fall.
Zur Person
Louisa Dellert, 33, ist in Niedersachsen aufgewachsen, lebt in Berlin und ist erfolgreiche Influencerin (465.000 Follower bei Instagram), Moderatorin der ARD-Sendung deep und deutlich sowie Autorin und Podcasterin. Hauptberuflich berät sie Unternehmen im Bereich Social Media. Die ehemalige Fitness-Influencerin setzt sich vor allem für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Feminismus ein.