In Deutschland haben sich seit Beginn der Corona-Pandemie über 38 Millionen Menschen mit Sars-CoV-2 angesteckt. Die Dunkelziffer könnte weitaus höher liegen, während die Infektionszahlen im Sommer 2022 wieder anstiegen. Zwar ist eine derartige Viruserkrankung in den meisten Fällen nach etwa zwei Wochen wieder vorüber, doch gibt es Ausnahmen: Betroffene, die auch längere Zeit nach der Infektion über Symptome klagen. Über die Definition von Long Covid und wann man einen Arzt aufsuchen sollte.
Long Covid nach Corona: Erschöpfung kann andere Gründe haben
Wenig verwunderlich fällt es vielen Menschen schwer, Symptome einer Long-Covid-Erkrankung richtig einzuordnen, denn auch individuelle Empfindlichkeiten eines jeden Menschen spielen bei der Beurteilung eine große Rolle. In einem Interview gegenüber RTL nimmt der Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht Stellung.
Viele Betroffene ordnen ihm zufolge Gefühle wie Müdigkeit und Erschöpfung aufgrund von Covid-19 einer Langzeiterkrankung zu, obwohl beispielsweise das Fatigue-Syndrom als Auslöser für anhaltende Antriebslosigkeit verantwortlich sein könne. Specht wolle nicht infrage stellen, dass es Long Covid gibt – jedoch warnt er vor Panikmache: „Ja, es gibt die verlängerten Verläufe, es wäre ein Wunder, wenn es die nicht gäbe. Aber der Nocebo-Effekt spielt ganz sicher auch eine Rolle“, führt der Medizinjournalist aus.
Long Covid und Post Covid: Langzeitfolgen bei Viruserkrankungen normal
Es gibt einige anhaltende Symptome nach einer Corona-Infektion. Experten unterscheiden sie in zwei Kategorien: Long Covid und Post Covid. Long Covid bezeichne einen Zeitraum von mindestens vier Wochen nach Infektion. Post Covid bedeutet, dass die Beschwerden mehr als zwölf Wochen anhalten. Jedoch seien Langzeitfolgen bei Viruserkrankungen völlig normal, erklärt Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht: „Sehr bekannt ist das von der Grippe. So wäre es verwunderlich, wenn ausgerechnet Corona keine Langzeitverläufe hervorbringen könnte.“
Long-Covid-Erkrankung? Psyche spielt eine wesentliche Rolle
Mitte Juli sorgt eine Studie des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (ZI) für Aufsehen: Der Auswertung zufolge waren 96 Prozent der Long-Covid-Erkrankten bereits vorher in ärztlicher Behandlung. Das betrifft beispielsweise auf Vorerkrankungen der Atemwege, Bluthochdruck, Gliederschmerzen, Übergewicht sowie psychische Erkrankungen. „Viele Menschen neigen dazu, über Long-Covid-Symptome zu berichten, dabei ist nicht bewiesen, dass die Corona-Infektion tatsächlich der Auslöser der Beschwerden ist“, führt Dr. Specht gegenüber RTL aus. Die Symptome können demzufolge auch anderweitige körperliche und psychische Ursachen haben. Nichtsdestotrotz ist der menschliche Körper nach einer schwerwiegenden Virusinfektion oftmals strapaziert und braucht unterschiedlich lang, bis er wieder einigermaßen fit ist.
So können verschiedene Symptome wie anhaltende Müdigkeit, Kopfschmerzen, Aufmerksamkeitsdefizite, Luftnot oder auch der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns mögliche Anzeichen einer Long- und Post-Covid-Erkrankung sein. Jedoch erklären Allgemeinmediziner, dass derartige Auswirkungen nicht nur auf das Coronavirus zurückzuführen seien.
Wann sollten Patienten also einen Arzt aufsuchen?
Dr. Specht erklärt zudem, wann verunsicherte Patienten bei einem Long-Covid-Verdacht einen Experten aufsuchen sollten: „Dauern Symptome, die während einer akuten Infektion aufgetreten sind, länger als vier Wochen an, sollte man mal zum Arzt gehen.“ Long oder Post Covid bereits während der Infektionszeit entgegenzuwirken, sei allerdings nicht möglich. Die beste Vorbeugung ist laut Specht, „das Leben nicht zu vergessen.“ Deswegen rät er Betroffenen, schnellstmöglich ihren normalen Alltag fortzuführen und sich nicht zu sehr auf die Symptome zu fixieren. „Beim Anhalten von Symptomen darf man zuversichtlich sein, dass sich viele Symptome doch noch legen, z. B. auch der Geschmacksverlust, beziehungsweise die Störung.“ Diese käme bei der Omikron-Variante ohnehin nur noch selten vor.
Long-Covid-Symptome: Was man selbst zuhause machen kann
Um den Körper bei der Heilung zu unterstützen, raten viele Ärzte übrigens, Vitamin-Präparate einzunehmen. Diese helfen nachweislich zumindest gegen anhaltende Müdigkeit nach einer Corona-Infektion. C- und B-Vitamine, Zink und auch Folsäure können die Beschwerden dem Vernehmen nach lindern. Vorher sollte jedoch individuell ein Hausarzt zurate gezogen werden. Und was für eine Behandlung rät der Physiotherapeut?
Im gleichen Bericht setzt Jesko Streeck je nach Schweregrad der Corona-Langzeitfolgen auf Konditions- oder Aufbautraining. Sein Tipp: Beim Sport den Blutdruck und Sauerstoffgehalt checken. Das gehe ihm zufolge mit Fitnesstrackern relativ einfach. „In den Aktivitäten, die Sie machen, lassen Sie das Gerät an und können sehen, wie weit Sie abfallen. Fallen Sie ab, wäre als Folge im Prinzip eine Atemtherapie, hätten Sie Schwierigkeiten mit der Herzgeschichte – in den meisten Fällen bei Bluthochdruck – Ausdauertraining.“