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LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Eröffnung, Kapazität, Betreiber & Kritik

Gas-Versorgung

LNG-Terminal in Wilhelmshaven: Das sollten Sie zu Eröffnung, Kapazität und Betreiber wissen

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    Projekt für die Gasversorgung in Deutschland: Rohre einer Pipeline führen auf einer Baustelle hinter dem Deich zur Anbindung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven.
    Projekt für die Gasversorgung in Deutschland: Rohre einer Pipeline führen auf einer Baustelle hinter dem Deich zur Anbindung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    Russland galt als wichtigster Handelspartner Deutschlands bei diversen Rohstoffen. Etwa Gas. Durch den Ukraine-Krieg und die folgenden Sanktionen der EU gegen den Aggressor hat sich dies grundlegend geändert. Die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 wurde auf Eis gelegt.

    Zugleich steht die Bundesrepublik aber vor dem Problem, woher das Gas nun genommen werden soll. Sogar ein Notfallplan wurde ausgearbeitet. Mittlerweile wurde unter anderem ein Deal mit Katar eingefädelt. Gerade im Winter sind nicht nur viele Betriebe, sondern auch Privathaushalte auf Gas angewiesen, beispielsweise um die Gebäude zu heizen.

    Eine Lösung könnte Flüssiggas sein, sogenanntes LNG. So würde Deutschland unabhängiger von Importen werden. Ein neues Terminal soll in Wilhelmshaven entstehen. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Projekt.

    Was ist LNG?

    Bei LNG handelt es sich um die Abkürzung der englischen Bezeichnung "liquefied natural gas". Also Flüssigerdgas. Bei gas.info heißt es dazu: "LNG ist farblos, geruchlos, nicht toxisch und flüssig und wird aus Erdgas produziert." Genutzt werde Erdgas, das auf -162 Grad heruntergekühlt werde, wodurch es in den flüssigen Aggregatzustand wechsele. Auch Biogas sei eine Quelle.

    Als Vorteil von LNG wird hervorgehoben: "Das Volumen von Erdgas reduziert sich um den Faktor 600, während sich der Energiegehalt verdichtet." Auch mit Schiffen oder Tankwagen könnte LNG in großen Mengen unabhängig von Gas-Pipelines aus Ländern und Regionen mit großen Erdgasreserven transportiert werden.

    LNG-Terminal: Wer ist der Betreiber?

    Das Unternehmen Uniper betreibt das LNG-Terminal in Wilhelmshaven. Das Unternehmen aus Düsseldorf machte im Jahr 2022 vor allem Schlagzeilen, weil es infolge der Gas-Krise selbst schwer ins Schlingern geraten war und letztlich vom Staat aufgefangen wurde. Im Juli übernahm der Bund infolge eines Rettungspakets 99 Prozent der Anteile von Uniper.

    Das internationale Energieunternehmen beschäftigt rund 11.500 Mitarbeiter in mehr als 40 Ländern. Als Kernaktivitäten gibt Uniper die Stromerzeugung in Europa, den globalen Energiehandel und ein breites Gasportfolio an. Gegründet wurde Uniper 2016.

    LNG-Terminal: Warum wurde Wilhelmshaven als Standort ausgewählt?

    Wie Uniper berichtet, bietet Wilhelmshaven "sowohl aus maritimer als auch aus logistischer Sicht ideale Bedingungen". Das "tiefe Fahrwasser in Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen" ermögliche es "LNG-Tanker(n) aller Größen", die Anlage "unabhängig von den Gezeiten und im Einklang mit höchsten internationalen Sicherheitsstandards anlaufen" zu können.

    Dabei werde die Seefahrt nicht beeinträchtigt. Hervorgehoben wird auch "die ideale Infrastruktur-Anbindung an das Gasleitungs-, Autobahn- und Schienennetz". Zudem wird betont: "Auch der Einspeisepunkt ins Deutsche Ferngasleitungsnetz und zu den Speicherkavernen in Etzel machen das nautische Revier in Wilhelmshaven zum optimalen Standort für ein LNG-Terminal."

    LNG-Terminal: Welche Kapazitäten sind geplant?

    Hier spricht Uniper von bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Dies entspreche rund 8,5 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs.

    LNG-Terminal: Wann ist die Eröffnung?

    Die Inbetriebnahme ist für den 17. Dezember 2022 vorgesehen. Als schwimmender Tank wird die unter norwegischer Flagge fahrende und 294 Meter lange sowie 46 Meter breite „Höegh Esperanza“ genutzt, die 170.000 Kubikmeter LNG mitliefern soll. Erstmals soll am 22. Dezember Erdgas vom LNG-Terminal in Wilhelmshaven ins deutsche Netz eingespeist werden.

    Die ersten LNG-Tanker sollen laut der niedersächsischen Landesregierung Mitte Januar eintreffen. Dann soll der reguläre Betrieb aufgenommen werden.

    Flüssigerdgas kann auf Schiffen umgewandelt werden: Die "Neptune" fährt in den Hafen von Mukran vor der Küste der Ostseeinsel Rügen.
    Flüssigerdgas kann auf Schiffen umgewandelt werden: Die "Neptune" fährt in den Hafen von Mukran vor der Küste der Ostseeinsel Rügen. Foto: Stefan Sauer, dpa

    LNG-Terminal: Was genau wird in Wilhelmshaven passieren?

    Bis zum Winter 2022/2023 ist laut Uniper in Phase 1 des Projekts "die Regasifizierung von LNG über ein FSRU" vorgesehen. FSRU steht dabei für "Floating Storage and Regasification Unit", worunter ein Spezialschiff zu verstehen ist, dass „das LNG von anlandenden Schiffen entgegennimmt und wieder in seinen gasförmigen Zustand umwandelt“. Diese Rolle übernimmt in Wilhelmshaven die "Höegh Esperanza".

    Das Schiff soll an die bestehende "Umschlagsanlage Voslapper Groden" (UVG) angeschlossen werden. Dafür wird die UVG von der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG (NPorts) "in enger Zusammenarbeit mit Uniper" angepasst und eine Verbindung – ein sogenanntes Ship-to-Shore-Interface – hergestellt.

    Derweil realisiert die Open Grid Europa GmbH (OGE) eine Anbindung des LNG-Terminals "an das 28 Kilometer entfernte Erdgasleitungsnetz und damit auch an den Erdgasspeicher Etzel".

    Der zweite Projektschritt soll bis ins Jahr 2025 andauern. Er sieht "parallel zur bestehenden UVG eine dauerhaft und erweiterte Hafenlösung für die FSRU" vor. Geplant sind zusätzliche Entlade- und Umschlagsmöglichkeiten für grüne Gase, als Beispiel wird Ammoniak genannt. Dieses werde "entweder über die Schiene direkt abtransportiert oder über sogenannte Cracker vor Ort in Wasserstoff zurückverwandelt".

    Das LNG- und das Ammoniak-Terminal könnten gemeinsam errichtet und betrieben werden. So solle "das gesamte Potenzial dieses neuen Infrastrukturprojekts in Wilhelmshaven ("Green Wilhelmshaven")" genutzt werden können. Uniper nennt die Energieversorgung in Deutschland mit LNG eine "Brückentechnologie hin zu einer grünen Zukunft". Langfristig gehe es um eine grüne Energieversorgung, etwa durch Wasserstoff als Energiequelle.

    LNG-Terminal: Wer ist beteiligt und wie sieht die Aufgabenverteilung aus?

    Hier werden vier Partner genannt. Uniper zeichnet für die Schiff-/Land-Verbindung für das FSRU und das Genehmigungsverfahren verantwortlich. NPorts kümmert sich um die Übernahme der Anlegestelle und Erweiterung für grüne Energie. OGE ist mit der kurzfristigen Realisierung der Anschlussleitung betraut. Vynova stellt die Anlegestelle und den Hafen zur Verfügung.

    LNG-Terminal: Wie lautet die Kritik von Umweltschützern?

    Kritik setzt es von Umweltverbänden wie der Deutschen Umwelthilfe (DUH), NABU Wilhelmshaven und BUND Niedersachsen. Sie kritisieren das durch das LNG-Beschleunigungsgesetz stark verkürzte Genehmigungsverfahren. Auf Einwände der Umweltverbände sowie der Bürger sei nicht reagiert worden, monieren sie. Dabei gehe es um verfahrensrechtliche Bedenken, den energiewirtschaftlichen Bedarf, die klimapolitischen Folgen, die Folgen für Fischerei, Schutzgebiete und besonders den Nationalpark Wattenmeer. Zudem drohe ein Biozid-Eintrag durch das Terminalschiff "Höegh Esperanza".

    Befürchtet wird, dass vor allem Chlor in der Nordsee landen wird. Dieses wird bei der Umwandlung des LNG eingesetzt, denn das verflüssigte und heruntergekühlte Gas muss erwärmt werden, um es weitertransportieren zu können. Dafür wird Meerwasser genutzt, das mit Chlor angereichert wird, damit die Anlagen nicht von Algen und Muscheln verstopft werden. Da das Wasser anschließend zurück in die Tagesschau berichtet.

    Zudem verweisen sie darauf, dass die "Höegh Esperanza" an ihrem vorigen geplanten Einsatzort in Australien wegen der Einleitung dieses "Prozesswassers" keine Betriebserlaubnis erhalten habe. Es seien "inakzeptable Folgen für die Umwelt" befürchtet worden.

    Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, wird so zitiert: "In Wilhelmshaven und an den übrigen LNG-Standorten droht ein schleichender Chemieunfall." Demnach wolle Uniper laut den Antragsunterlagen mit dem Terminalschiff zehnmal so viel Biozid in die Nordsee einleiten, wie die australischen Behörden in ihrem Fall für vertretbar gehalten hätten.

    Daher fordert die Umwelthilfe, die bisher unterlassenen Prüfungen für die Inbetriebnahme der LNG-Projekte nachzuholen. Der Betrieb dürfe nur möglich sein, wenn der Biozid-Eintrag auf das absolut notwendige Minimum reduziert werde.

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