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Leipzig: Gil Ofarim erlebt Antisemitismus: „Packen Sie Ihren Stern ein“

Leipzig

Gil Ofarim erlebt Antisemitismus: „Packen Sie Ihren Stern ein“

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    Musiker und Schauspieler Gil Ofarim trägt jüdische Symbole wie den Davidstern schon immer, sagt er. Nun wurde er Opfer von Antisemitismus.
    Musiker und Schauspieler Gil Ofarim trägt jüdische Symbole wie den Davidstern schon immer, sagt er. Nun wurde er Opfer von Antisemitismus. Foto: Tobias Hase, dpa

    „Packen Sie Ihren Stern ein“, soll der Rezeptionist des „The Westin“ in Leipzig zu Gil Ofarim gesagt haben. Der jüdische Sänger der Bands Zoo Army und Acht– 2017 Gewinner der Tanzshow „Let’s Dance“ – wollte am Montagabend zuvor in das Leipziger Hotel einchecken. Laut eigener Aussage wurde er benachteiligt, weil er eine Davidstern-Kette trug.

    Ofarim berichtet davon am Dienstag in einem fast zweiminütigen Video auf dem sozialen Netzwerk Instagram. Aufgrund eines technischen Defekts eines Computers habe sich am Empfang eine Schlange gebildet, erzählt Ofarim darin. Anschließend seien ihm andere Wartende vorgezogen worden und er habe warten müssen.

    Auf seine Nachfrage, warum es so lange dauere, habe der Mitarbeiter am Empfangstresen gesagt, er wolle die Schlange entzerren. Aus einer Ecke des Raumes rief laut Ofarim dann jemand: „Pack deinen Stern ein.“ „Packen Sie Ihren Stern ein“, habe ihn auch der Hotelmitarbeiter aufgefordert, so Ofarim. Der Davidstern ist eines der bekanntesten Symbole, die mit dem Judentum verbunden werden. Seit 1948 ist er Teil der Flagge des Staates Israel.

    Gil Ofarim erlebte immer wieder Antisemitismus

    Als der 39-jährige Ofarim von dem Vorfall in dem Video berichtet, ist er den Tränen nahe, beißt sich kurz auf einen Finger. „Und dann sagt er, wenn ich den jetzt einpacke, darf ich einchecken“, erzählt er. Ofarim fährt sich währenddessen immer wieder mit den Händen durchs Gesicht, ist offensichtlich mitgenommen. Das Video beendet er mit den Worten „Wirklich? Deutschland 2021“ – und hält seine Davidstern-Kette in die Kamera.

    Es ist nicht die erste Erfahrung mit Antisemitismus, die Gil Ofarim, Sohn des israelischen Sängers Abi Ofarim, machen musste. 2018 erzählte er in der ARD-Talkshow „hart aber fair“ von Hakenkreuzen auf der Schulbank und Hundekot im Briefkasten. Ein Mitschüler habe ihn, den gebürtigen Münchner, auch einmal gefragt, ob er wisse, dass Dachau nicht weit weg sei – eine Anspielung auf das einstige Konzentrationslager dort.

    Der Zentralrat der Juden fordert Konsequenzen

    Welche Folgen der Vorfall für den Hotelmitarbeiter, den Ofarim in seinem Video „Herr W.“ nennt, haben könnte, ist noch ungewiss. Ein Polizeisprecher wertete die mutmaßliche Aussage als „klar antisemitisch“ und sagte, man leite Inhalte des Videos an die Staatsanwaltschaft weiter. Ein Hotelsprecher erklärte, man sei sehr besorgt und nehme die Angelegenheit extrem ernst. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu kontaktieren.

    Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hoffte darauf, dass der Musiker Anzeige erstattet, und sagte, Sachsen sei ein weltoffenes Land. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, meldete sich am Dienstag auf Twitter zu Wort: „Die antisemitische Anfeindung gegen Gil Ofarim ist erschreckend. So wie zu hoffen ist, dass das Westin personelle Konsequenzen zieht, hoffe ich ebenso, dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden.“

    Für Solidarität bedankte Ofarim sich bei Kolleginnen und Kollegen aus der Musikbranche wie Jeannette Biedermann und Gregor Meyle, die ihm am Montagabend offenbar vor Ort geholfen hatten. (mit dpa)

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