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Kugeliges Statussymbol: Die Vermarktung des Babybauches

Kugeliges Statussymbol

Die Vermarktung des Babybauches

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    Schwangere Promi-Frauen.
    Schwangere Promi-Frauen.

    Heidi Klum, Lilly Becker oder Sandy Meyer-Wölden: Prominente Schwangere schieben heute keine ruhige Kugel mehr, sondern sehr aktiv ihren Kugelbauch vor die Kameras. "So viel Schwangerschaft" wie in jüngster Zeit war selten zuvor in den Medien.

    Die Liste der Promi-Frauen, die auch hochschwanger das Rampenlicht suchten, ist lang: Katie Holmes, Gwen Stefani, Gisele Bündchen, Nicole Kidman, Britney Spears, Gwyneth Paltrow, Kate Hudson, Cate Blanchett oder Catherine Zeta-Jones.

    Ganz aktuell heißt die Vorreiterin Heidi Klum, bekannt als Profi in der Selbstvermarktung. Nicht nur bei der Emmy-Verleihung im September erschien das Topmodel im engen Kleid ganz deutlich sichtbar mit "Klümchen" im Leib. In diversen Interviews machte sie auch ihre Schwangerschaft zum Thema. Dabei sagte sie nicht nur Erwartbares wie zum Beispiel, dass sie jetzt viel mehr esse, sondern auch "Man kann auch in der Schwangerschaft ein bisschen Haut zeigen" und "Je mehr Bäuchlein man bekommt, desto enger kann man sich kleiden".

    Nun könnte man es dabei belassen - aber Promi-Verhalten hat ja immer Strahlkraft und sagt oft viel über allgemeine Trends aus.

    Der Berliner Kulturwissenschaftler Steffen Damm erklärt das Verhältnis von Voyeurismus und Exhibitionismus in diesen Fällen wie folgt: "Das medial vermittelte Privatleben von Prominenten ist eine Variante ihres öffentlichen Bildes; es gibt keine Privatheit in den Massenmedien, sondern immer nur Facetten des Öffentlichen." Insofern handele es sich bei Darstellungen prominenter Schwangerer immer um Formen der Inszenierung oder Selbstinszenierung.

    "Wir haben es mit Beispielen für eine zunehmend instrumentelle Auffassung und Benutzung des eigenen Körpers zu tun." Es gehe um sogenanntes Body Engineering. "War früher der Zweck des Kinderzeugens erreicht, wenn die Kleinen auf der Welt waren, ist er heute an die Frage geknüpft, wie ich mich selber dabei fühle."

    Noch 1991 war ein Foto der nackten schwangeren Schauspielerin Demi Moore auf dem Cover des US-Magazins "Vanity Fair" ein Skandal, an dem öffentlich Anstoß genommen wurde. Trotzdem oder gerade deshalb war die Ausgabe der Zeitschrift damals in Windeseile ausverkauft. Das Annie-Leibovitz-Foto von Moore gilt noch heute als Auslöser für den Trend zu körperbetonter Schwangerschaftsmode.

    Die Journalistin Ursula März fühlte sich kürzlich im "Zeit- Magazin" zu einer "Gesellschaftskritik" herausgefordert. Ihr Einwurf angesichts zeigefreudiger Frauen wie Lilly Becker oder der TV- Moderatorinnen Anna Heesch und Caroline Beil: Babybauchzeigen ist "obszön". "Streckte Lilly Becker dem Fotografen ihren nackten Po oder ihren nackten Busen entgegen, wäre das höchstens ein bisschen kokett. So aber, legitimiert vom Schein des sexuell Unverdächtigen, ist das Schwangerschaftsbild eine Obszönität." Als Alibi diene diesem Verhalten die scheinbare Befreiung von veralteten Normen. Das Schamlose liege aber darin, dass das Ungeborene sich nicht wehren könne: "Unser Bildbewusstsein ist schließlich nicht mittelalterlich, sondern mediengeschult. Wir nehmen nicht nur das Sichtbare wahr, sondern auch das unsichtbar Mittransportierte. In diesem Fall das schwarz-weiße Ultraschallbild des Wesens mit den winzigen Fingern..."

    Den Gedanken muss man nicht teilen. Interessant ist aber bei der "Fruchtbarkeitsshow" vor allem auch das "Danach". Denn auch wenn die sehr strengen "Spielregeln des Showgeschäfts" ("Je schlanker, desto besser") für Schwangere ausgesetzt werden, so schlagen sie nach der Geburt umso brutaler zu. Wehe, wenn dann nicht gleich alles wieder in Form ist. Für manchen Journalisten und Blogger scheint es nichts Wichtigeres zu geben, als die Körperentwicklung zu beurteilen: Wird sie wieder so schlank wie vor der Schwangerschaft? Auch da herrscht ein Wettbewerb um Aufmerksamkeit: Je schneller dünn, desto "wow".

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