Kerzen, bunte Frühlingsblumen, ein kleines Windrad: Nachdem die Polizei ihre Absperrungen entfernt hat, haben viele Menschen kleine Zeichen ihrer Anteilnahme an die Stelle gebracht, an der die 12-jährige Luise aus Freudenberg erstochen wurde. Spaziergänger hielten inne, einige hatten Tränen in den Augen.
Knapp eine Woche Tage nach dem gewaltsamen Tod des 12-jährigen Mädchens aus Freudenberg bei Siegen (Nordrhein-Westfalen) versuchen die Menschen, einen Umgang mit der Tat zu finden. Die Behörden sagen weiterhin nichts zu den zahlreichen Spekulationen über die Motive der beiden 12 und 13 Jahre alten Mädchen, die die Tat gestanden haben. Mit zahlreichen Messerstichen sollen sie Luise am Samstag in einem abgelegenen Wald an der Grenze von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen getötet haben.
An der Schule von Luise sind die Klassen nach drei Tagen der Trauer am Donnerstag vorsichtig zum regulären Unterricht zurückgekehrt. Die Polizei beschäftigt sich unterdessen zunehmend mit Hass-Postings zu dem Fall im Internet.
In sozialen Netzwerken wurden von teils anonymen Nutzern zahlreiche Spekulationen und auch Drohungen und Hass gegen die 12- und 13-jährigen mutmaßlichen Täterinnen veröffentlicht. "Wenn man nach den Hashtags sucht, findet man schon einiges", sagte ein Sprecher der Polizei Siegen-Wittgenstein. "Wir haben ein Monitoring dazu und prüfen laufend, ob strafrechtlich Relevantes gepostet wird."
Problem Falschmeldungen im Netz
Die Polizei appellierte an die Nutzer, keine Mutmaßungen und Drohungen zu verbreiten. "Es gehen sehr, sehr zügig auch Falschinformationen durchs Internet - und vieles deckt sich einfach nicht mit unseren Ermittlungen", sagte der Sprecher.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) warnte davor, Namen oder angebliche Social-Media-Profile der mutmaßlichen Täterinnen im Internet zu teilen. "Die Verbreitung von persönlichen Daten oder Bildern mutmaßlicher Beschuldigter durch private Personen in sozialen Medien stellt eine moderne Form der Hexenjagd dar", sagte BDK-Chef Dirk Peglow dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
An Luises Schule gab es am Donnerstag erstmals seit der Tat wieder regulären Unterricht. Es gebe aber keinen Zwang für die Klassen, jetzt den Unterrichtsstoff nach Lehrplan durchzuziehen, sagte ein Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Wo Schülerinnen und Schüler noch den Wunsch nach Gesprächen hätten, stehe der reguläre Unterricht hinten an. Auch Schulpsychologen seien weiterhin vor Ort.
Drei Tage lang hatten sich Schüler und Lehrer nach der Tat am Wochenende Zeit für Gespräche und die Trauerarbeit genommen. Nun sei es Fachleuten zufolge sinnvoll, den Weg zurück zum normalen Schulbetrieb einzuschlagen, sagte der Sprecher.
Keine konkrete Spur zur Tatwaffe
Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich mit Informationen zum Hintergrund des Falls und vor allem zu den Motiven der Mädchen komplett bedeckt und verweisen auf den Persönlichkeitsschutz der mutmaßlichen Täterinnen, die ja selbst noch Kinder seien. Bekannt ist lediglich, dass es weiterhin keine konkrete Spur zur Tatwaffe gibt. "Derzeit ist keine weitere Suchmaßnahme beabsichtigt", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen.
Dabei wäre die Tatwaffe trotz des Geständnisses der beiden 12- und 13-jährigen mutmaßlichen Täterinnen für die Ermittler wichtig. "Alles, was eine geständige Einlassung objektiv untermauert, ist von Relevanz", sagte der Sprecher. Nach früheren Angaben der Ermittlungsbehörden wird nach einem haushaltsüblichen Messer gesucht.
Die beiden 12 und 13 Jahre alten mutmaßlichen Täterinnen sind wegen ihres Alters noch nicht schuldfähig und können nicht vor Gericht angeklagt werden. Der Deutsche Kinderschutzbund sprach sich auch deutlich gegen eine Herabsetzung des Alters für die Strafmündigkeit aus. "Ab 14 gehen wir davon aus, dass eben Jugendliche sehr viel besser übersehen und begreifen können, was das für Taten sind und was das für Folgen hat", sagte Vize-Geschäftsführerin Martina Huxoll-von Ahn dem Radiosender RPR1. Unter 14 müsse man da ein Fragezeichen machen. Die Angst vor früheren Strafen halte nicht von Taten ab. Zudem gebe es andere Möglichkeiten der Konsequenzen, das Jugendamt habe eine Palette von Möglichkeiten.
(Von Marc Herwig, dpa)