Während die bundesweiten Zahlen weiter sinken, haben es Geldautomaten-Sprenger zunehmend auf Banken und Sparkassen in Baden-Württemberg abgesehen. Bis Ende des Jahres dürften sie absehbar etwas häufiger zugeschlagen haben als im Jahr zuvor. Bereits Ende November lag die Zahl der Fälle bei 42, das ist die gesamte Summe des Vorjahres, wie das Innenministerium mitteilte. Demnach flogen seit Januar 30 Automaten in die Luft, bei mindestens 23 Fällen wurde auch Bargeld erbeutet.
Nicht immer waren die Sprengungen von Erfolg gekrönt. Ab und zu zogen die Räuber ohne Beute ab, mehrere Male löste die Sprengung nicht aus.
Baden-Württemberg scheint für Geldautomaten-Sprenger vergleichsweise attraktiv zu werden. Denn bundesweit hat sich der Trend einer sinkenden Zahl von Explosionen oder versuchten Sprengungen in den Vorräumen der Banken und Sparkassen fortgesetzt. Wurden im Jahr 2022 noch 496 Fälle registriert - der Höchststand seit Beginn der Erhebungen 2005 -, so waren es im vergangenen Jahr 461 und in diesem bundesweit sogar nur 216 Angriffe mit Sprengstoff (Stand: 12.11.2024). Den Rückgang führt das Bundeskriminalamt auf eine bessere Zusammenarbeit der Polizei im In- und Ausland zurück.
Sachschaden deutlich höher als die Beute
Mit insgesamt 1,8 Millionen Euro konnten sich die Räuber in Baden-Württemberg seit Januar aus dem Staub machen (Stand 28.11.2024), das ist bislang etwas weniger als im gesamten Vorjahr (1,9 Millionen Euro). Fast immer aber liegen die angerichteten Sachschäden an Gebäuden und Automaten um ein Vielfaches über dem Wert des gestohlenen Bargeldes. Der Grund: Kriminelle benutzen inzwischen fast ausschließlich die noch verheerenderen Festsprengstoffe statt Gas für ihre Explosionen.
So lag die Höhe des Sachschadens durch Geldautomaten-Sprengungen im vergangenen Jahr landesweit bei 4,3 Millionen Euro. In ganz Deutschland entstand Banken im Jahr 2023 sogar 95 Millionen Euro Schaden. Diese Summe ersetzten die Versicherungen den Geldinstituten, wie der Gesamtverband der Versicherer mitteilte. 75 Millionen Euro kosteten die Reparaturen der zerstörten Automaten und Bankgebäude, 20 Millionen das Ersetzen des gestohlenen Geldes.
Täter werden immer wieder in den Niederlanden vermutet
Die Spuren der Täter führten bislang immer wieder in die Niederlande. Dort gibt es nach früheren Angaben des Landeskriminalamts feste Strukturen. Da im Nachbarland zunehmend elektronisch mit Karte bezahlt werde und die Zahl der Geldautomaten dort zurückgehe, lagerten die vorhandenen und immer besser gesicherten Geräte nur noch kleinere Summen.
Auch die baden-württembergischen Ermittler vermuten die Geldautomaten-Sprenger vor allem im Ausland: Vor allem im südbadischen Raum seien die Räuber aktiv gewesen, teilte das Innenministerium mit. «Daher geht die Polizei davon aus, dass die Tätergruppierungen die Grenznähe zum Beispiel zu Frankreich nutzen, um sich nach der Tatausführung ins benachbarte Ausland abzusetzen.»
Gespräche der Polizei mit den Betreibern der Automaten
Damit der Beutezug nicht die Regel wird und sich die Tat nicht mehr lohnt, sind auch die Geldinstitute gefragt. Experten raten Banken zum Beispiel zu speziellen Einfärbe- oder Klebesystemen. Dabei wird im Falle einer Explosion Bargeld verklebt oder mit Farbe unbrauchbar gemacht. Weil bei solchen Taten auch Menschenleben in Gefahr sind, wurden zum Teil Geldautomaten aus Gebäuden in separate Container verlagert.
«Wir haben das Problem erkannt und eine kluge Strategie im Kampf gegen Geldautomaten-Sprengungen entwickelt», sagte auch Innenminister Thomas Strobl (CDU). «Die setzen wir nun ganz konsequent um.» Dabei arbeite die Polizei eng mit den Banken und Sparkassen zusammen.
Risikoanalyse des LKA
Nach Angaben des Innenministeriums analysiert das Landeskriminalamt zudem bei nahezu allen Geldautomaten, wie gefährdet oder riskant die Standorte sind. Auf Basis der Analyse gibt es laut Ministerium Sicherheitsgespräche. In mehreren Bundesländern gibt es zudem Forderungen nach härteren Strafen. Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom Oktober sollen die Ermittlungsbehörden mehr Befugnisse bekommen. So ist vorgesehen, dass bei gewerbs- oder bandenmäßigen Taten künftig auch die Telekommunikation überwacht werden kann.
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