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Krimi-Kolumne: "Polizeiruf 110": Sauereien im finsteren Forst

Krimi-Kolumne

"Polizeiruf 110": Sauereien im finsteren Forst

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    Ronald Hinzpeter ist einer von vier Krimi-Kritikern und Kritikerinnen unserer Redaktion.
    Ronald Hinzpeter ist einer von vier Krimi-Kritikern und Kritikerinnen unserer Redaktion. Foto: Montage: AZ

    Die Grenze nach Polen ist wieder dicht, dafür sorgen 450 Kilometer Zaun entlang der Oder. Der soll zwar nicht mehr Menschen davon abhalten, nach Westen zu gehen, sondern Wildsäue, die mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert sind. Das klappt so leidlich. Knapp 50 kranke Wildschweine wurden bis zu dieser Woche in Deutschland registriert, in Polen waren es fast zehnmal so viele. Daraus lässt sich sogar ein Krimi stricken, die jüngste Folge von "Polizeiruf 110" mit dem vieldeutigen Titel "Schweine" (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr). Die ist aber – Pardon für das Wortspiel – nicht wirklich saugut ausgefallen. 

    Der Polizeiruf dreht sich um höchst unterschiedliche Schweine

    Der Titel enthält sowohl tierische wie menschliche Sauereien. Einerseits geht es um infizierte Schweine, die eine grenznahe Schweinezucht gefährden und die betroffene Bauernfamilie zu echt armen Schweinen machen. Andererseits dreht sich die Handlung um Kapitalistenschweine, die zum günstigen Ballern über die Grenze fahren. Aus solchen Kreisen rekrutiert sich die obligatorische Leiche. Drei wohlsituierte, schnöselige Junganwälte gehen auf die Jagd, einer von ihnen bleibt mit einer Schusswunde auf der Strecke. Waren es die beiden anderen, die aus unterschiedlichen Gründen ein Motiv gehabt hätten? Oder war's der angeheuerte Jagdbegleiter, demgegenüber sich die drei jagenden Juristen eher saumäßig aufgeführt hatten? 

    Das müssen diesmal Alexandra Luschke (Gisa Flake) und Karl Rogov (Frank Leo Schröder) vom deutsch-polnischen Kommissariat alleine herausfinden, denn der Platzhirsch im Revier, der paradiesvogelige Kajal-Kommissar Vincent Ross (André Kaczmarczyk) weilt auf Fortbildung. Das ist natürlich schade, denn man hätte gerne gesehen, wie der mit seinem schönen Ledermäntelchen durchs Gehölz stapft, von dem es in dieser Folge reichlich zu sehen gibt: Der finstere Forst im Grenzland spielt schwarz und schweigend die heimliche Hauptrolle. Doch ohne den schrillen Vincent Ross, der nach Darstellung des Senders rbb mal eben pausiert, fehlt der Folge das gewisse Etwas. 

    Mit der Spannung ist es nicht weit her

    Und auch die Story lahmt. Ständig muss die Musik Spannung vortäuschen, die es nicht gibt. Und die Figurenkonstellation der Juristen stammt aus der Grabbelkiste der Krimi-Versatzstücke: Patriarchalischer Alphatier-Vater (Bernhard Schütz) triezt seinen Sohn (Nicolas Handwerker), der es dem Alten nicht recht machen kann, und dem ein karrieregeiler Kollege zur Seite steht, der den besseren Sohn des Patriarchen abgegeben hätte. Der rbb hält sich zugute, dass diese "Polizeiruf"-Folge die erste ist, deren Drehbuch aus einem "Writers Room" stammt, also von einem Schreiberteam. Das gilt als kreativer letzter Schrei, weil aus solch einer Konstellation innovative Serien wie "Breaking Bad", "Game Of Thrones" oder "Dexter" entstanden sind. Hier blieb das Team eher im kreativen Unterholz stecken. 

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