Kaum ein Lied läuft gerade in deutschen Festzelten und auf Mallorca-Partys öfter, als "Layla" von DJ Robin und Schürze. Der Ballermann-Hit liegt derzeit auf Platz 1 der deutschen Musik-Charts. Doch deutschlandweit ist über das Lied eine Sexismus-Debatte entbrannt. So geht es in dem Song um eine "Puffmutter" mit "geiler Figur und blondem Haar". Die Stadt Würzburg reagierte nun und sprach ein Verbot für das Lied auf städtischen Veranstaltungen aus. Das betrifft derzeit vor allem das Kiliani-Volksfest auf der Würzburger Talavera. Stefan Lutz-Simon ist Sprecher des Würzburger Bündnisses für Demokratie und Zivilcourage zu dem auch der Ombudsrat gehört. Im Gespräch erklärt der 53-Jährige, warum es sich – im Gegensatz zu vielen Aussagen in den sozialen Medien – sehr wohl um Sexismus bei "Layla" handelt.
Ist der Song "Layla" Ihrer Meinung nach sexistisch?
Stefan Lutz-Simon: Auf jeden Fall, doch leider gibt es viele sexistische Lieder. Warum ausgerechnet dieser Song gerade in den Medien gepusht wird, verstehe ich nicht so ganz. Die ganzen Ballermann-Lieder haben im Prinzip ähnliche Texte. Wir leben in einer Gesellschaft, in der sexistische Lieder gespielt werden. Das sagt meiner Meinung nach viel über die Menschen aus, die diese Songs singen oder reproduzieren. Das Lied ist ja sehr populär, befindet sich auch in den Charts, das sagt viel darüber aus, wie in unserer Gesellschaft mit dem Frauenbild umgegangen wird.
Was macht dieses Lied sexistisch?
Lutz-Simon: In dem Lied wird ziemlich schnell klar, dass es eine Frau gibt, die als Ware für den Mann zur Verfügung steht. Es soll zeigen, dass sich das männliche Geschlecht an der weiblichen Person bedienen kann, ohne die Frage zu stellen, ob es für die Frau gewollt ist. Nicht nur der Text verdeutlicht das, es gibt auch ein Musikvideo dazu, das das eindeutig zeigt. Die Frau wird auf zwei Aspekte reduziert: Aussehen und Geschlecht – das ist Sexismus. Ähnlich sieht es bei Rassismus aus, dort ist es die Reduzierung der Menschen auf ihre Hautfarbe. Wenn so etwas passiert, ist es wichtig, das gesellschaftlich zu thematisieren. Ich finde es skandalös, dass eine Männerwelt es immer wieder schafft, solche Lieder groß zu machen. Bereits Kinder hören diese Songs, dadurch entstehen für sie völlig falsche Frauenbilder.
Wie charakterisiert man sexistische Lieder?
Lutz-Simon: Zunächst einmal geht es darum, zu schauen, wer die Lieder produziert und worüber sie geschrieben werden. Man wird sehr schnell feststellen, dass es eine männlich dominierte Musikwelt gibt. Wenn Männer über Frauen schreiben, ist es immer spannend, hinzuschauen. Oft spiegelt sich hier der Sexismus in der Perspektive auf die Frau. Natürlich gibt es auch eine andere Möglichkeit, Lieder zu produzieren. Nämlich indem man Frauen wertschätzt und sie mit Liebesliedern besingt. Doch in "Layla" gibt es keine Rose, die man der Frau bringt, sondern es geht um Besitz und Macht. Man muss sich bewusst sein, dass es Frauen gibt, die Gewalterfahrung mit Männern gemacht haben, die auf ihren Körper reduziert wurden und mit solchen Liedern verletzt werden. Mit sexistischen Songs wird ihnen immer wieder reproduziert, welchen Schmerz sie erlebt haben. Wenn man diese Lieder hört, muss man sich dessen bewusst sein, dass man einen Teil dazu beiträgt.
Wie sollte man Ihrer Meinung nach mit solchen Liedern umgehen?
Lutz-Simon: Solche Lieder haben aus meiner Sicht vor allem nichts in der Musikanlage von Familien zu tun. Kinder und Jugendliche sollten nicht damit in Berührung kommen. Bei Jugendlichen wird es jedoch schon schwierig, denn das ist ein Alter, in dem sich gerade Jungs mit dem Thema Frau auseinandersetzen. Hierbei ist es wichtig, diese Lieder kritisch zu kommentieren und nicht einfach nur zu verbieten. Im Grunde habe ich nichts gegen ein Verbot, doch hier stellt sich immer die Frage, wo fängt man an und wo hört man auf? Man könnte so vieles verbieten. Deshalb begrüße ich jede Diskussion. Vielleicht war das ja auch das Ziel der Stadt, bei ihrer Entscheidung "Layla" zu verbieten? Einen Diskurs zu führen. Genau das halte ich für richtig.
Also halten Sie die Entscheidung der Stadt für gerechtfertigt?
Lutz-Simon: Ich respektiere sie. Aber ich fordere, wie gesagt, keine Verbote.
Wie sollten Bands und DJs mit sexistischen Songs umgehen – auch wenn sie vom Publikum gewünscht werden?
Lutz-Simon: Ich würde mir wünschen, dass Lieder nicht nur nach Melodien bemessen werden, sondern auch nach Inhalten. Natürlich gibt es auch künstlerische und musikalische Freiheit. Doch ich würde mir wünschen, dass beispielsweise DJs in Clubs Lieder spielen, die Sexismus und Rassismus als Negatives thematisieren und so aus einer gewissen Perspektive dagegen aufstehen.
Zur Person: Stefan Lutz-Simon (53) ist Leiter der Jugendbildungsstätte Unterfranken und Sprecher des 2006 gegründeten Würzburger Bündnisses für Demokratie und Zivilcourage, zu dem auch der Ombudsrat gehört. Das Bündnis hat es sich zum Ziel gesetzt, auf Diskriminierungsmomente in der Stadtgesellschaft zu achten. Der Ombudsrat wurde 2012 gegründet. Er ist eine Anti-Diskriminierungsstelle, an die sich betroffene Menschen wenden können.