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Kommentar: Die Posse um eine geplante Wendler-Doku ist selbst für RTL II ein Tiefpunkt

Kommentar

Die Posse um eine geplante Wendler-Doku ist selbst für RTL II ein Tiefpunkt

Jonathan Lindenmaier
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    Die Posse um eine geplante Wendler-Doku ist selbst für RTL II ein Tiefpunkt
    Die Posse um eine geplante Wendler-Doku ist selbst für RTL II ein Tiefpunkt Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Er verglich Corona-Lockdowns mit dem Leben in Konzentrationslagern, vermutete hinter den Fluten im Ahrtal einen Anschlag der Regierung und verbreitete die Ansicht, Corona-Impfungen verursachten Aids. Seit über zwei Jahren hetzt und schwurbelt der ehemalige Reality-TV-Liebling Michael Wendler in den sozialen Medien. Da sollte man meinen, dass Fernsehsender auf Distanz gehen. Taten die meisten auch. Doch die Posse um eine verworfene Reality-Show bei RTL II zeigt: Offenbar haben nicht alle Medienhäuser ein Problem mit den teils antisemitischen Verschwörungserzählungen des Schlagersängers. Im Gegenteil. RTL II schien darin sogar ein Geschäftsmodell erkannt zu haben.

    Aber von vorn. Michael Wendler war einst ein gern gesehener Gast in Reality-Shows. Er ließ sich für "Goodbye Deutschland!" von einem Kamerateam begleiten, zog ins "Sommerhaus der Stars" und absolvierte die Königsdisziplin des Trash-TV – das Dschungelcamp. Seinen letzten großen Auftritt im deutschen Fernsehen hatte er als Juror an der Seite von Dieter Bohlen bei "Deutschland sucht den Superstar". Doch nach seinem kruden KZ-Vergleich schmiss RTL Michael Wendler raus, schnitt ihn aufwendig aus den bereits produzierten Folgen und löschte sämtliche Wendler-Formate aus der Online-Videothek RTL+. Michael Wendler verlor Werbedeals, selbst Instagram sperrte sein Profil.

    Michael Wendler ist schon lange nicht mehr wegen seiner Party-Songs bekannt - und das weiß auch RTL II

    Umso überraschender kam die Ankündigung des Senders RTL II – der zu 36 Prozent RTL gehört –, man wolle eine Doku mit Michael Wendler und seiner 28 Jahre jüngeren Frau Laura Müller produzieren. Die Empörung im Netz war groß. Selbst hauseigene Stars wie die Familie Geiss und der Schwestersender RTL gingen auf Distanz. Am Mittwoch dann verwarf der Sender, der sonst nicht gerade für hochwertiges Programm bekannt ist, die geplante Show. "Wir haben die Vehemenz der Reaktionen wahrgenommen und nehmen die Stimmen unseres Publikums ernst", heißt es in der Pressemitteilung. RTL und die Geissens als moralische Instanz, allein das zeigt die Peinlichkeit dieser Debatte.

    Aber dass es diese Reaktionen überhaupt erst braucht, um den Sender von seinen Plänen abzubringen, ist noch viel beschämender. Michael Wendler ist schon lange nicht mehr wegen seiner Party-Songs bekannt. Sondern wegen seiner Entgleisungen im Netz. Und das weiß auch RTL II. Die Show kündigte der Sender an mit den Worten: "In den vergangenen Jahren war es nicht die Musik, mit der Schlagersänger Michael Wendler in den Schlagzeilen landete." Oder anders formuliert: RTL II wollte keine Show produzieren über einen prominenten Schlagersänger. RTL II wollte eine Show über einen abgedrifteten Verschwörungsideologen – auch, wenn seine Entgleisungen nicht Gegenstand der Sendung gewesen wären. Einschaltquoten hätte das gebracht, keine Frage. Aber Kasse machen zu wollen im Windschatten von Wendlers kruder Ideologie, das ist selbst für RTL II ein Tiefpunkt.

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