Es ist ein Temperaturrekord, der das Ausmaß des Klimawandels besonders greifbar macht: Die Menschheit hat im Juli den weltweit wärmsten Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt, wie der neueste Monatsbericht des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus zeigt. Insgesamt war der Juli 2024 der zweitheißeste je gemessene Monat.
Die globale Durchschnittstemperatur lag im Juli bei 16,91 Grad Celsius und damit 1,48 Grad über dem sogenannten vorindustriellen Zeitalter, als sich der Einfluss des Menschen aufs Klima noch in engen Grenzen hielt. Der global heißeste Tag war der 22. Juli mit einer weltweiten Tagesdurchschnittstemperatur von 17,16 Grad. Nahezu gleichauf lag der 23. Juli mit 17,15 Grad.
EU will bis 2050 klimaneutral werden
Um die Temperatur zu ermitteln, analysiert Copernicus Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen rund um den Globus. „Insgesamt war der Juli 2024 fast so warm wie Juli 2023, der heißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen“, erklärte am Donnerstag Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin des Copernicus-Programms. Vieles deutet darauf hin, dass das laufende Jahr am Ende das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein wird. Burgess warnt: „Die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels werden anhalten, bis die globalen Treibhausgasemissionen Netto-Null erreichen.“
Netto-Null, dieses Klimaziel hat sich die Europäische Union für das Jahr 2050 gesetzt. Bis dahin soll die EU komplett klimaneutral sein. Ein Zwischenziel hat die EU für das Jahr 2040 angekündigt: Bis dahin sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 90 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 sinken.
Die Messdaten des EU-eigenen Erdbeobachtungsprogramms gehen bis aufs Jahr 1940 zurück. Wetteraufzeichnungen und Berechnungen, die bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückreichen, bestätigen den Trend zur Erwärmung. Die Daten zeigen auch, dass zwischen Juni 2023 und Juni 2024 jeder einzelne Monat weltweit der deutlich wärmste seiner Art gewesen ist. Immerhin: Diese Serie hat der Juli beendet. „Aber nur um Haaresbreite“, betonte Copernicus-Vizechefin Burgess.
Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif hat angesichts der neuesten Messungen wachsende Zweifel daran, dass die EU ihre Klimaziele erreicht: „Theoretisch wären die Ziele noch zu schaffen, aber ich bin sehr skeptisch, dass das klappt. In einigen Ländern wurden Klimaschutzmaßnahmen zuletzt aufgeweicht, in England etwa. Und denken Sie an die Debatte um das Heizungsgesetz und die Verbrenner-Motoren in Deutschland.“
Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf global 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, hat Latif sogar schon komplett abgehakt. „Das können wir vergessen.“ Realistischer wäre es aus seiner Sicht, die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen zu wollen. „Selbst das wäre eine Herkulesaufgabe“, sagt der Meteorologe und Ozeanograf. „Aber es wäre zu schaffen.“ Dafür müsste man ihm zufolge „unverzüglich“ im Energiesektor ansetzen und die Nutzung fossiler Brennstoffe weiter reduzieren. „Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen. Im Strombereich sind wir schon ganz gut aufgestellt. Erhebliche Defizite gibt es noch bei der Wärme und vor allem beim Verkehr.“
Für die Hitzerekorde am 22. und 23. Juli machen die Wetterexperten der Europäischen Union vor allem weit überdurchschnittliche Temperaturen über großen Teilen der Antarktis verantwortlich. Das erklärt auch, weshalb in Bayern keine außergewöhnlich starke Hitze zu spüren war.
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