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Kirche: Papst Benedikt XVI. gibt Falschaussage bei Missbrauchsgutachten zu

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Papst Benedikt XVI. gibt Falschaussage bei Missbrauchsgutachten zu

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    Wurde früher über einen Missbrauch informiert, als er zunächst angab: der emeritierte Papst Benedikt XVI.
    Wurde früher über einen Missbrauch informiert, als er zunächst angab: der emeritierte Papst Benedikt XVI. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat seine Aussage, als Münchner Erzbischof (1977-1982) an einer entscheidenden Ordinariatssitzung nicht teilgenommen zu haben, zurück genommen. Damals, am 15. Januar 1980, wurde über einen als Missbrauchstäter überführten Priester entschieden, der zur Therapie nach München kommen sollte. Benedikt hatte in einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme zu Vorwürfen gegen ihn behauptet, bei der damaligen Sitzung nicht anwesend gewesen zu sein. Die Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten anhand eines Sitzungsprotokolls, in dem von Aussagen Kardinal Ratzingers die Rede war, das Gegenteil bewiesen. 

    Benedikt XVI. möchte erneut eine Stellungnahme veröffentlichen

    Der emeritierte Papst, dem in dem Gutachten als Münchner Erzbischof in vier Fällen fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen wird, hatte also sichtbar die Unwahrheit angegeben. Sogar von Lüge war die Rede, die Glaubwürdigkeit der 82 Seiten langen Stellungnahme des 2013 zurück getretenen Papstes war durch die Aussage schwer angeschlagen. Am Montag gab sein persönlicher Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein in einer Erklärung zu, dass die Angabe „objektiv falsch“ war. Benedikt wolle aber betonen, „dass dies nicht aus böser Absicht heraus geschehen ist, sondern Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“ gewesen sei. Wie es dazu gekommen sei, werde der emeritierte Papst in einer „noch ausstehenden Stellungnahme erklären“. Der Fehler täte ihm „sehr leid und er bittet, diesen Fehler zu entschuldigen“.

    Die Aussage war von großer Bedeutung, da es 1980 um die Versetzung des Missbrauchstäters Peter H. aus Essen nach München ging. Dem Fall widmen die Gutachter einen Extraband. Benedikt beharrte nun auf der Darstellung, dass in der Sitzung am 15. Januar nicht „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters entschieden wurde“. Es sei nur der Bitte entsprochen worden, dem Priester während seiner Therapie in München Unterkunft zu ermöglichen. Peter H. war in seiner Zeit in der Erzdiözese München erneut wegen sexualisierten Missbrauchs straffällig geworden. In dem Gutachten wird die Frage erörtert, inwiefern hohe Entscheidungsträger der Kirche mit ihrer Zustimmung über die Versetzung von Priestern erneute Straftaten dieser Missbrauchstäter möglich gemacht und somit eine „Kultur des Wegsehens und Verharmlosens“ gepflegt haben.

    Andere haben den ehemaligen Papst wohl geschützt

    Die Rechtsanwälte hatten dem emeritierten Papst beschieden, seine Aussage wie eine „Verteidigungsschrift“ verfasst zu haben, „mit der nur das zugegeben werden soll, was auch anhand der Akten eindeutig belegbar ist“. Ratzinger sei nicht bereit, „das eigene Handeln und die eigene Rolle selbstkritisch zu reflektieren und zumindest Mitverantwortung für Unzulänglichkeiten zu übernehmen“, hieß es dort weiter. Rechtsanwalt Ulrich Wastl sprach bei der Vorstellung des Gutachtens auch von einem „eigenartigen Verständnis“ der Amtsführung Ratzingers, wenn er sich bei der Sitzung nicht nach der Vorgeschichte von Peter H. erkundigt hätte. 

    In dem Gutachten wird auch deutlich, dass Benedikt XVI. noch als amtierender Papst mit Falschaussagen geschützt werden sollte. Nachdem die New York Times 2010 zum Fall Peter H. recherchiert hatte und in der Folge das Medieninteresse gestiegen war, übernahm Ratzingers früherer Generalvikar Gerhard Gruber „die volle Verantwortung“ für den Fall H. Im Gutachten widerruft Gruber diese Darstellung. Er sei zu dieser Darstellung „zum Schutz des Papstes“ gedrängt worden. Nicht nur im Fall Peter H., auch in drei weiteren Fällen, wird Ratzinger im Gutachten belastet, in denen es um den Umgang mit Priestern geht, die sich wegen sexuellen Missbrauchs strafbar gemacht hatten. Benedikt beteuerte jeweils, als Erzbischof von ihren Taten „keine Kenntnis“ gehabt zu haben. Nicht er, sondern andere Kleriker seien für die Versäumnisse verantwortlich.

    Bei der Vorstellung des öffentlich zugänglichen Gutachtens hatte sich Wastl auch dahingehend geäußert, dass sich Benedikt XVI. bei seiner Einlassung höchstwahrscheinlich rechtlich hatte beraten lassen. Die Veröffentlichung des Gutachtens hatte sich verzögert, weil Benedikt XVI. noch Zeit für seine ausführliche Stellungnahme eingeräumt wurde. 

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