Die finanzielle Unterstützung für Familien soll in Deutschland mit einer Kindergrundsicherung merklich verbessert werden - und dazu einfacher von der Hand gehen. Die ehemalige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel stellte einen großen Mehrwert gegenüber den bisherigen Leistungen in Aussicht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was ist die Kindergrundsicherung?
Die Kindergrundsicherung sei kein "neues Label auf alten Leistungen, sondern ein Paradigmenwechsel", ließ Grünen-Politikerin Anne Spiegel Anfang 2022 wissen. Als Familienministerin beim Bund war sie federführend für eine „interministerielle Arbeitsgruppe“, in der sechs Bundesministerien den Entwurf planen. Nun soll das ihre Nachfolgerin Lisa Paus erledigen.
Es geht um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorhaben von SPD, Grünen und FDP, für alle Kinder ab der Geburt einen Grundbetrag einzuführen. Konkret sollen Familien gestärkt und Kinder besser vor Armutsrisiken geschützt werden. Die Umstrukturierung der sozialen Zuwendungen sieht vor, dass "ein Teil der 150 familienpolitischen Leistungen gebündelt wird, die in unterschiedlichen Ministerien beheimatet sind", so Spiegel. Möglichst unbürokratisch soll das Geld zudem bei den Kindern ankommen.
Kindergrundsicherung: Zusammensetzung aus zwei Bausteinen
Wie das Bundesfamilienministerium schildert, soll die Kindergrundsicherung aus zwei Komponenten bestehen:
- einem für alle Kinder und Jugendlichen gleich hohen Garantiebetrag - unabhängig vom Einkommen der Erziehungsberechtigten.
- einem gestaffelten Zusatzbetrag, der vom Einkommen der Eltern abhängig ist.
Wie hoch ist die Kindergrundsicherung? Armutsgefährdung in Deutschland
Die Frage, wie hoch die Unterstützung für Familien sein wird, ist bis dato ungeklärt. Über die genaue Höhe und Ausgestaltung der Kindergrundsicherung wurde Ende März mit den Beratungen begonnen. Wie das Bundessozialministerium auf Basis einer Untersuchung mitteilte, sei in Deutschland etwa jedes fünfte Kind bzw. Jugendliche:r von Armut bedroht: Dies würde 20,2 Prozent der unter 18-Jährigen betreffen.
Wann kommt die Kindergrundsicherung?
Der Sofortzuschlag, der ebenfalls Familien entlasten soll, wird noch im Jahr 2022 ausgezahlt. Bis die geplante Kindergrundsicherung eingeführt wird, vergeht jedoch mehr Zeit: Die Arbeitsgruppe des Bundes wird bis Ende 2023 ein Konzept erarbeiten. Hierbei sollen sich auch Länder, Verbände, Vereine sowie verschiedene Stiftungen einbringen.
Daraus ergibt sich, dass die Kindergrundsicherung nicht zeitgleich mit dem geplanten Bürgergeld eingeführt wird. Denn das soll jetzigem Stand nach ab Anfang 2023 greifen. Über die Herausforderung Kindergrundsicherung erklärte Ministerin Spiegel: „Unter anderem müssen wir Schnittstellen zu anderen Leistungen wie dem neuen Bürgergeld oder Bafög so gestalten, dass die Leistungen gut ineinandergreifen.“ Laut Familienministerium sollen für die Kindergrundsicherung künftig folgende Leistungen gebündelt werden:
- Kindergeld für alle Familien
- Hartz-IV-Leistung für Kinder
- Teile des Bildungs- und Teilhabepakets
- Kinderzuschlag für Familien mit kleinen Einkommen
Kindergrundsicherung beantragen: Mehr Durchblick im "Dschungel" erhofft
Die Einführung der Kindergrundsicherung sei laut Anne Spiegel "ein komplexes Vorhaben", soll jedoch für die Bürger mittel- bis langfristig Erleichterung bringen. Denn in Deutschland gebe es einen "Dschungel an familienpolitischen Leistungen", bei dem keiner mehr durchblicken würde. "Wir wollen, dass die Leistungen unbürokratisch, digital und ohne Behördenrennerei direkt nach der Geburt in Anspruch genommen werden können", führte die 41-Jährige aus.
Kindergrundsicherung sinnvoll? Was die Opposition kritisiert
Die stärkste Oppositionspartei Union hält von dem geplanten Modell Kindergrundsicherung naturgemäß wenig. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher warf der Ampelkoalition vor, Leistungen für Familien und Kinder anzukündigen, welche bereits die Vorgängerregierung auf den Weg gebracht habe.
"Dem widerspreche ich ganz vehement", entgegnete Spiegel. Die Bundesregierung wolle vielmehr eine echte Veränderung für Familien herbeiführen und "kein Herumdoktern an einem System, von dem wir wissen, dass es die Situation für Kinder und Familien nicht substanziell verbessert."